Bergstraße. Wir erleben sie im Alltag – zum Beispiel in Form von Smartphones – oder kennen sie aus Filmen, wie Ex Machina, Alien oder Blade Runner. Die Rede ist von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI): Technische Entwicklungen und relevante Zukunftsthemen, die im Alltag spürbar werden. Peter Buxmann, Professor an der TU Darmstadt und Inhaber des Lehrstuhls Wirtschaftsinformatik (BILD: privat), kennt sich mit diesen Themen, die zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören, gut aus. Im Gespräch mit dieser Zeitung spricht er über Herausforderungen und Möglichkeiten von KI und Digitalisierung.
„Durch die große Rolle der Digitalisierung in unserem Alltag sind unsere Daten natürlich sehr wertvoll geworden“, so Buxmann. Gerade sprachbasierte Systeme seien aktuell im Kommen. So könne man in den Bereichen Smartphone, Notebooks, in Autos und auch Zuhause – im Smart Home – viele Dinge in unserem Alltag vereinfachen, benutzerfreundlicher gestalten.
China als abschreckendes Beispiel
„Das größte Risiko in diesem Bereich sehe ich im gläsernen Menschen“, hierfür sei China ein abschreckendes Beispiel. Datenschutz spiele daher auch eine immer größere Rolle, damit beispielsweise Vorfälle, wie jüngst beim Unternehmen Clearview, nicht passieren können: Laut Recherchen der New York Times bietet das US-Start-up Behörden Gesichtserkennung, Mithilfe von Milliarden Fotos, die es im Netz eingesammelt hat.
„Digitalisierung hat schon jetzt einen wahnsinnig großen Einfluss auf unseren Alltag. Mit KI geht es dann noch weiter“, berichtet Buxmann. Bei machen Menschen schüre das auch Ängste davor, dass Maschinen irgendwann die Macht übernehmen, bei anderen – beispielsweise Unternehmern – zu übertriebener Hoffnung. „Allerdings ist beides unbegründet. Denn aktuell gibt es noch nichts, das in diese Richtung geht. Die Superintelligenz gibt es nicht“, versichert de Professor. Dennoch zeige sich ein großes Potenzial besonders in der Verbindung von Mensch und Maschine: „In der Personalarbeit zum Beispiel. Die Maschine kann eine Vorauswahl treffen, um aus vielen Bewerbern einige wenige herauszufiltern, die in Frage kommen.“
Im zweiten Schritt könne dann ein Mitarbeiter die ausgewählten Personen zu einem Gespräch einladen, um letztlich die geeignete für den Posten zu finden. „Wichtig ist dabei allerdings, dass man die Maschine mit den entsprechenden Trainingsdaten füttert.“ Das passende Mischverhältnis innerhalb der Beispiele im Datensatz könne unter anderem dazu beitragen, dass Bewerber im Personal-Beispiel nicht diskriminiert werden.
Daher spiele in seiner Forschung auch das Thema Ethik eine große Rolle. „Allerdings ist es falsch, dass – wie von manchen Menschen angenommen – die KI diskriminieren kann.“ Denn ein Algorithmus selbst könne nicht diskriminieren.
Ein weiteres Anwendungsgebiet, in dem KI zum Einsatz kommt, ist die Medizin, wenn es beispielsweise um Therapievorschläge von Krankheiten geht. Auch hier könnten Mensch und Maschine sich ergänzen. „Man sollte daher weder die KI noch die Digitalisierung verteufeln – sie können Dienste stark vereinfachen.“
Wichtig sei jedoch – gerade im Bereich der Digitalisierung – der bewusste Umgang mit den Medien und den Daten, die man von sich preisgibt.
Meist geht es langsam voran
Beide Bereiche werden sich in den kommenden Jahren weiter entwickeln. Allerdings eher langsam, als Knall auf Fall. „Gerade im Bereich des autonomen Fahrens hat man es gesehen. Auch wenn es erst so schien, als würden innerhalb kürzester Zeit viele Autos autonom fahren, ist das noch nicht der Fall“, so Buxmann. Denn oft werde erst nach und nach deutlich, wie komplex die Vorhaben tatsächlich sind.
Smart Home: Sicherheit und Nachhaltigkeit
Saugroboter, die selbstständig die Wohnung reinigen, Waschmaschinen, die ihre Reinigungsprogramme smart anpassen können, oder Lampen, Rollläden und Heizungsthermostate, die mithilfe einer App auf dem Smartphone gesteuert werden können: Knapp ein Drittel aller Deutschen hat bereits mindestens ein „smartes“ Gerät im Haushalt.
Viele Neuheiten aus diesem Bereich stellten internationale Unternehmen vom 7. bis zum 10. Januar während der jährlich stattfindenden Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas vor. Die intelligenten Geräte sollen vor allem eines: Das Leben der Verbraucher vereinfachen. Darüber hinaus sollen sie dabei helfen, für mehr Sicherheit sowie Nachhaltigkeit zu sorgen, indem sie zum Beispiel Energie sparen und Ressourcen schonen.
So gibt es heutzutage Waschmaschinen, die Wassermenge und Waschmuster aufgrund der Wäschemenge und Gewebestruktur automatisch optimieren, oder einen Wasserhahn, der durch Sprachsteuerung genaue Wassermengen – von einem Esslöffel bis hin zu mehreren Litern – exakt ausgeben kann. Auch die Wassertemperatur lässt sich per Sprachbefehl beliebig steuern.
Noch gestaltet sich die Kommunikation einzelner Smart-Home-Geräte untereinander oft schwierig –besonders, wenn es sich um Geräte unterschiedlicher Hersteller handelt –, da die Entwickler unterschiedliche Programmiersprachen und Protokolle nutzen. Ein Ende für dieses Problem scheint jedoch in Sicht, denn große im Bereich Smart Home tätige Firmen, wie Amazon, Apple, Google und Co, haben sich darauf geeinigt, einen neuen gemeinsamen Standard zu entwickeln. Zudem steht bei diesem neuen Standard vor allem die Netzwerksicherheit im Fokus. klö
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-keine-angst-vor-kuenstlicher-intelligenz-_arid,1591601.html