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Kaulquappen und Hotels für Ohrkneifer im Naturschutzzentrum Bergstraße

Von 
Felix Wolf
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Bergstraße. Strahlend blauer Himmel und Sonnenschein lagen am Wochenende über der Erlache in Bensheim. Am Sonntag hatte das Naturschutzzentrum Bergstraße zum Tag der offenen Tür eingeladen. Unter dem Motto „Vielfalt braucht Vorbilder“ konnten sich die Besucher an über 30 Ständen einen Überblick über die Flora und Fauna der Bergstraße verschaffen und erfahren, welche Arbeiten und Aktionen im Kreis durchgeführt werden, um der Natur unter die Arme zu greifen.

Veronika Lindmayer, die pädagogische Leiterin des Naturschutzzentrums, zeigt sich sichtlich zufrieden mit der Aktion. „Durch unsere Stände wollen wir Anregungen für den eigenen Alltag. Viele Dinge passieren nicht, weil bei vielen Menschen das Bewusstsein dafür fehlt.“ So könne man beispielsweise Kindern zeigen, dass Frösche ein Herz haben, damit sie dann sorgsamer mit ihrer Umwelt umgehen. Oder man könne Erwachsenen erklären, wie sie ihren Garten einladender für Tiere und Insekten gestalten können.

Wenn Wespen umziehen

An den verschiedenen Ständen ließ sich am Sonntag Einiges über die Umwelt im Kreis Bergstraße lernen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Darmstadt informierte über die Umsiedlung von Wespen und Hornissen. Als Anschauungsmaterial lagen leere Nester bereit, an denen sich die Größenunterschiede von Wespen und Hornissen gut nachvollziehen ließen. Im letzten Jahr sei man zu 90 Einsätzen gerufen worden, bei denen eine Umsiedlung vorgenommen wurde. Im Jahr davor seien es 190 gewesen. „Ist der Frühling warm, gibt es mehr Einsätze, ist er kühler, sind es weniger“, wurde erläutert. Die Wespen- oder Hornissennester werden dann an mit dem Forstamt abgesprochene Stellplätze im Wald gebracht. Wespen sind nämlich keinesfalls nur lästige Grillabend-Besucher, erfuhren die Besucher. Sie fressen Aas, bestäuben Blumen und vertilgen Stechmücken und Blattläuse. „Ohne Wespen gäbe es eine Insektenplage.“ Auch Tipps zum Fernhalten von Wespen im Sommer, gab es am BUND-Stand. „Die Wespen erhalten von ihren Larven eine süße Flüssigkeit, die sie verzehren. Irgendwann im Sommer gibt es aber mehr ausgewachsene Wespen als Larven. Dann machen sie sich auf den Weg und suchen Süßes.“ Der Tipp: Einfach Zitronensaft, aufgeschnittene Zitronen oder Nelken auslegen und die Wespen bleiben fern.

Ein weiterer Stand informierte über Wildbienen, die zur Bestäubung von Kirschbäumen oder Erdbeerpflanzen beitragen. Die Mauerbiene ist dafür sehr wichtig. Wenn sie den Nektar der Blüten zu sich nimmt, muss sie an den Staubbeuteln der Pflanze vorbei. Diese übersäen sie mit Pollen, die die Biene dann zur nächsten Pflanze trägt. Wer Mauerbienen helfen will, kann das mit dem Aufstellen eines sogenannten „Insektenhotels“ tun. Dafür benötigt man etwa 15 Zentimeter lange Holzstangen. In deren Mitte bohrt man ein Loch und feilt es aus. Dann die Stäbe aufeinander stapeln und die Bienen kommen von alleine. Mit Lehm verschließen die Tiere dann den Ausgang. In dem Stab liegen letztlich an die zwölf Larven. Da die Bienen den Lehm mit Speichel mischen, kann man an der Farbe des Lehms erkennen, welche Bienenart dort ihren Nachwuchs brütet. Wer ein fertiges Insektenhotel im Baumarkt kauft, sollte darauf achten, dass die Tiefe mindestens 15 Zentimeter beträgt. Die Stäbe sollte man innen noch feilen. Häufig seien die Innenseiten nämlich noch rau. Bienen können sich dort ihre Flügel verletzen.

Der Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) machte auf die Wichtigkeit von Mülltrennung beim Biomüll aufmerksam. Fremdstoffe, wie Plastiktüten, gehören da nicht rein. Der Biomüll wird nach der Sammlung nämlich kompostiert und als Düngemittel für Lebensmittel genutzt, die später wieder teilweise im Biomüll landen. Das Aussortieren von Plastikmüll sei dabei ein mühseliger Zwischenschritt. Der Verband gab Tipps für die einfache Mülltrennung zuhause. Gezeigt wurde außerdem, welche Gefäße, wie PET- oder Glas-Flaschen, sich gut recyceln lassen. Bei Käseverpackungen aus Plastik, die aus einem Verbund verschiedener Kunststoffe bestehen, ist das hingegen nicht möglich. Das Motto laute: Unverpackt ist Trumpf. Am umweltfreundlichsten sei also der Einkauf in Unverpackt-Läden, auf Wochenmärkten oder das Nutzen wiederverwendbarer Behälter, wie zum Beispiel Mehrweg-Kaffee-Becher.

Erlache in besserem Zustand

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) war mit seinem Stand zum Thema Amphibien vor allem bei den Kindern der Renner. Frösche und Kaulquappen konnten in einem Aquarium aus nächster Nähe bestaunt und sogar angefasst werden. Die Exemplare kamen direkt aus der Erlache, vor welcher der Stand aufgebaut war, und wurden zum Veranstaltungsende dorthin wieder zurückgeführt.

Die Naturschutztaucher des NABU waren vor dem Beginn der Veranstaltung abgetaucht, um sich einen Überblick über den Zustand der Erlache zu verschaffen. Dabei machten sie die erfreuliche Entdeckung, dass sich die Unterwasser-Natur des Sees in den letzten Jahren enorm verbessert hat. So fanden sie mehrere Wiesen voller Armleuchter-Algen und weitere Pflanzenarten, die sich dort vor einigen Jahren noch nicht angesiedelt hatten.

Die Stadt Bensheim war bei dem Tag der offenen Tür ebenfalls vertreten. Im Rahmen der Aktion „Bensheim blüht“ hatten Kinder und Erwachsene die Möglichkeit, ein buntes Hotel für Ohrenkneifer zu basteln. Dabei handelt es sich um einen umgedrehten Blumentopf, der mit Holzwolle und Heu gefüllt und dann an einem schattigen und feuchten Ort aufgehängt wird. Nach ein bis zwei Tagen sollte man dann mal nachschauen. Haben sich die Tiere darin eingenistet, kann die Behausung an eine Pflanze gehängt werden, die beispielsweise von Blattläusen befallen ist. Die Ohrenkneifer rücken den unliebsamen Schädlingen dann zu Leibe. Eine sehr umweltfreundliche Alternative zu Pestiziden also. Die meiste Zeit des Bastelns ging bei den Kindern für das Bemalen der Töpfe drauf. Die Ohrenkneifer der Bergstraße können sich also auf neue kunterbunte Häuser freuen.

Das Informationsangebot des Tages der offenen Tür war riesig. Man konnte sich über Bio-Ernährung informieren, über Wasserbüffel oder über die richtige Handhabung einer Sense. Angeblich lässt sich mit einer solchen auch ein Englischer Rasen verwirklichen. Besucher erfuhren, wie vielfältig Tomatensorten sein können, was man alles aus Quitten herstellen kann und wie man am besten Sonnenblumen einpflanzt. Gezeigt wurde, wo an der Bergstraße welche Pflanzen wachsen und wo sich welche Vogelarten finden lassen. Vor Ort angefertigt wurden Comics, die sich mit dem Thema Umwelt auseinandersetzen. Fachleute zeigten, wie man seinen eigenen Käse herstellen kann. Und während man der Livemusik lauschte, konnten die Besucher selbstgemachte Kräuterlimo oder auch ein Stück Kuchen genießen. Hinter dem Haus des Naturschutzzentrums grasten derweil Schafe und Ziegen und betrieben damit aktiven Naturschutz, wie zu erfahren war. „Einen besseren Rasenmäher gibt es nicht“, sagte Veronika Lindmayer lachend.

„Es geht beim Tag der offenen Tür darum, das Thema mit allen Sinnen wahrzunehmen und sich Informationen in seinem eigenen Tempo zu sammeln“, erläuterte die pädagogische Leiterin.

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