Rinderzucht - Familie aus Nordheim besitzt 16 Tiere / Das ursprünglich aus Schottland stammende Vieh lebt ganzjährig im Freien

In Nordheim: Freundliche Galloway-Rinder mit einem zotteligen Fell

Von 
Stephen Wolf
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Streicheleinheiten nach Sonnenaufgang: Die Familie Wunderlich bei ihrem morgendlichen Besuch ihrer Rinder auf einer Weide. © Stephen Wolf/sm

Bergstraße. Nach dem Pfiff von Dominik Wunderle dauert es nur einen Augenblick, bis die kleine Herde muhend aus dem Nebel auftaucht. Bei den stampfenden Tieren handelt es sich um Galloway-Rinder, die ursprünglich aus dem schottischen Südwesten stammen und schon in der Zeit der alten Römer bekannt gewesen sein sollen.

Doch an diesem Wintermorgen wirkt es, als könnten sich die archaisch wirkenden Tiere nirgendwo besser in Szene setzen als hier, auf dieser Weide in Nordheim.

Dominik und Tatjana Wunderle züchten die hornlosen Rinder mit dem langen Fell bereits seit drei Jahren. Wegen ihres „Gürtels“ aus weißem Fell, wird diese Sorte als „Belted Galloway“ bezeichnet. „Die Tiere eignen sich für die ganzjährige Freilandhaltung und sind sehr unkompliziert“, sagt Wunderle.

Bisher ist die Tierhaltung ein Nebenerwerb, wie er hinzufügt. Im Laufe der Jahre haben sie die Galloways von anderen Züchtern in Deutschland abgekauft. Nun kommt die nächste Aufgabe auf die Eheleute zu: In diesem Jahr wollen sie erstmals Rinder schlachten und selbst vermarkten.

Unter dem Label „Steinerhof“ gilt der Zuchtbetrieb nach zwei Jahren Umstellungsphase von nun an als biozertifiziert. Mit einem entsprechenden Güte- und Prüfsiegel kann das Fleisch der Hausrinder dann schließlich als Bio-Produkt verkauft werden.

Begehrtes Weideland

Geplant ist eine Weideschlachtung, da dies den Rindern mit dem zotteligen Fell den Weg zum Schlachthof erspart und daher als stressfrei gelte. Tatjana und Dominik Wunderle arbeiten mit einem Metzger zusammen, einige Details müssen noch mit den Ämtern abgesprochen werden, ergänzt Dominik Wunderle, der ausgebildeter Werkzeugmacher-Meister ist.

Doch an diesem Morgen wirkt ein Gespräch über die Schlachtung der friedlichen Tiere unpassend. „Wenn es so weit ist, werde ich weinen“, räumt Tatjana Wunderle ohne zu zögern ein.

Noch aber ist es nicht soweit. Sonnenstrahlen durchbrechen die Wolkendecke über der Region und das Ehepaar Wunderle steht mit der vier Jahre alten Tochter Viona wie selbstverständlich zwischen den Tieren.

Obwohl sie ihre mittlerweile 16 Rinder beinahe täglich auf ähnliche Weise erleben, wirken die Eheleute noch immer fasziniert. „Sie strahlen Ruhe und Freundlichkeit aus“, sagt Tatjana Wunderle, die bei einem südhessischen Chemie- und Pharmaunternehmen arbeitet.

Gerne würde sie in Zukunft mehr Kühe und Bullen in Nordheim weiden lassen. „Aber die Flächen hier sind bei Landwirten sehr begehrt und daher rar“, gibt die Züchterin zu bedenken. Aktuell stehen der Familie drei gepachtete Flächen für fünf Bullen und elf Galloway-Kühe zur Verfügung.

Dabei sind die Tiere nicht nur mit Blick auf den Speisezettel eine lohnenswerte Anschaffung. Dort, wo die Rinder grasen, halten sie die Natur intakt.

Nicht nur sorgten die Hinterlassenschaften der Galloways für eine stattliche Zahl von Insekten, was wiederum etliche Vogelarten anlockt. Auch für die Beschaffenheit des Weidebodens sind die grasenden Rinder ein Segen, da sie zuverlässig dafür sorgen, dass Flächen nicht zuwachsen.

„Es wäre schön, wenn wir uns eines Tages ausschließlich der Zucht der Galloway-Rinder widmen können“, betont Dominik Wunderle, der aktuell in einem metallverarbeitenden Betrieb arbeitet. Komme es wie geplant, könne man Fleisch von diesem Jahr an als Spezialität aus naturbelassener und artgerechter Haltung verkaufen.

Besseres Leben als nur im Stall

Auch daher biete man den Rindern ein Leben in der Herde unter freiem Himmel – eine Praxis, für die auch der Deutsche Tierschutzbund eintritt: „Die Freilandhaltung bietet eine an Reizen reichere Umwelt“, heißt es in einer Mitteilung.

Die Tiere können sich im Freien gut bewegen und ihre „arteigenen“ Verhaltensweisen ausleben. Zudem steige der Wert der Tiere, wenn sie biologisch gehalten werden, sagt Tatjana Wunderle. „Dann lohnt sich auch der Verkauf von lebenden Tieren in die Zucht, was für Halter eine Freude ist.“ /sm

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