Sicherheit

Was die Polizei über illegale Drohnen in der Region weiß

Illegale Drohnenüberflüge in Rheinland-Pfalz haben sich in diesem Jahr verfünffacht: Die Behörden sind in Alarmbereitschaft.

Von 
Bernhard Zinke
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Drohnen werden immer häufiger auch über kritischer Infrastruktur in der Region gesichtet. © Getty Images

Rhein-Neckar. Es ist ein Trend, der nicht nur bundesweit für Schlagzeilen und auch für Verunsicherung sorgt. Unbekannte Drohnen legen ganze Flughäfen lahm wie zuletzt in München und Dänemark. Auch in der Region verzeichnen die Behörden seit Ende vergangenen Jahres einen deutlichen Anstieg von illegalen Drohnenüberflügen.

Wie hat sich die Zahl der illegalen Überflüge im vergangenen Jahr in der Region entwickelt?

Ganz genau auf die Region herunterbrechen lassen sich die Zahlen nicht, da die Statistiken nur jeweils landesweit geführt werden. Aber hier sind die Zahlen zumindest für Rheinland-Pfalz eindeutig. Hier hat sich die Zahl der verbotswidrigen Drohnenflüge mehr als verfünffacht. Laut der Statistik des Mainzer Landeskriminalamtes (LKA) wurden im Zeitraum zwischen dem 1. Januar und 20. September insgesamt 260 „Drohnenereignisse“ polizeilich registriert, wie ein Sprecher des Innenministeriums berichtet. Herunter gerechnet auf die einzelnen Monate, liegen die Zahlen in einem Bereich zwischen 22 und 39 Sichtungen. Zum Vergleich: Im Vorjahr wurden insgesamt 49 solcher Flüge polizeilich erfasst.

Allerdings weist das LKA in Mainz ausdrücklich darauf hin: Eine valide Anzahl tatsächlicher Drohnenüberflüge könne nicht benannt werden. Die Statistik beruht auf visuellen Beobachtungen und entsprechenden Meldungen an die Polizei. Das baden-württembergische Innenministerium nennt keine konkreten Zahlen. Gleichwohl scheint es auch hier häufigere Beobachtungen zu geben.

Um welche Art von Drohnen handelt es sich?

Das ist die große Unbekannte. Herkömmliche Drohnen für den Privatgebrauch übermitteln permanent Identifikationsdaten wie Seriennummer, Pilotendaten und Fluginformationen. Dieses System ist seit Einführung der europäischen Drohnenverordnung Anfang 2024 für die meisten Drohnenklassen verpflichtend. Diese „Remote ID“ ermöglicht es den Behörden, Drohnen in Echtzeit zu identifizieren und zu verfolgen. Damit soll unter anderem die Sicherheit des Luftraums erhöht werden. „Es geht hier nicht um die Drohnen, die Privatleute im Handel kaufen können“, macht Matthias Bockius, Sprecher des Mainzer Innenministeriums deutlich. Die Polizei in Rheinland-Pfalz konnte keine der in ihrer Statistik genannten Drohnen technisch erfassen. „Dies lässt darauf schließen, dass es sich um unkonventionelle, technisch veränderte oder militärische Drohnen handeln könnte“, sagt Bockius.

Welchen Zweck verfolgen die illegalen Drohnenüberflüge?

Vermutlich Spionage und gesellschaftliche Verunsicherung. Bislang ist es zumindest noch nirgends zu Schäden etwa durch Angriffe von Drohnen in Deutschland gekommen. Weil es allerdings vergleichbare Häufungen von Drohnensichtungen in ganz Deutschland und Europa gibt, besteht laut Polizei und Nachrichtendiensten der Verdacht, dass die Flüge sogenannte kritische Infrastrukturen ausspionieren sollen. Dazu passt insofern, dass zumindest in Rheinland-Pfalz 13 Drohnen über Chemieunternehmen gesichtet wurden. Schon Ende vergangenen Jahres hatte das Landeskriminalamt von illegalen Drohnenflügen über der BASF berichtet. Das Unternehmen selbst schweigt selbst zu derartigen sicherheitsrelevanten Fragen.

Zwei Flüge wurden über Logistik-Unternehmen beobachtet, die unter anderem für die Bundeswehr arbeiten. Zufall sind solche Flüge also eher nicht. Im Zusammenhang mit militärischen Anlagen kam es in diesem Jahr bereits zu 46 Drohnensichtungen.

Auch Baden-Württemberg ist laut Stuttgarter Innenministerium grundsätzlich interessant, etwa für russische Spione: Hier gibt es Weltmarktführer in der Rüstungsindustrie und zahlreiche militärische Einrichtungen von Bundeswehr und NATO. Das Landesamt für Verfassungsschutz sieht aktuell eine erhöhte Gefährdung in Bezug auf Sabotageaktivitäten oder zumindest deren Vorbereitung.

Die BASF in Ludwigshafen ist zweifellos ein interessanter Standort für ausländische Spione. © Bernhard Zinke

Wer steuert die Drohnen?

Auch darüber können die Sicherheitsbehörden aktuell nur spekulieren, solange sie keine Fluggeräte abgefangen und untersucht haben. Allerdings gehen die Experten davon aus, dass sich die Piloten der Drohnen nicht in allernächster Nähe aufgehalten haben, sondern das Fluggerät sehr wahrscheinlich aus einer größeren Distanz gesteuert wird. Dass moderne Drohnen zu Spionage- und Sabotagezwecken eingesetzt werden, davon geht auch das LKA Baden-Württemberg aus. Allerdings heißt es auch hier: „Die Zuordnung zu einem fremden Nachrichtendienst ist in der Regel sehr schwer möglich.“

Warum werden mutmaßliche Spionagedrohnen nicht einfach abgefangen oder abgeschossen?

Hier bleiben die Landeskriminalämter sehr wolkig. Laut Innenminister Thomas Strobl sei die Polizei in Baden-Württemberg bei der Drohnenabwehr „ganz vorne mit dabei und im Bundesvergleich an der Spitze“. Es gibt ein Trainings- und Kompetenzzentrum Drohnen beim Polizeipräsidium Einsatz. Auch in Rheinland-Pfalz sieht sich die Polizei gut gerüstet. Sie verfüge über technische Mittel „zur Detektion, Verifikation und Abwehr von unbemannten Luftfahrtsystemen“. Dem steht allerdings die Aussage gegenüber, dass die Polizei keine der bislang registrierten Drohnen technisch detektieren, also erkennen und identifizieren konnte.

De facto dürfte es auch eine Frage der Zeit sein: Bis die Polizei dort eintrifft, wo eine Drohne entdeckt wurde, dürfte das Fluggerät längst weitergeflogen sein.

Immerhin: In Rheinland-Pfalz erlaubt eine Neuerung im Polizeigesetz, Drohnen abzuschießen. Noch in diesem Jahr will das Innenministerium mit Neuigkeiten dazu an die Öffentlichkeit gehen.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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