Bergstraße. Die Geburt eines Kindes ist ein außergewöhnliches Ereignis, das oft akribisch geplant wird – doch manchmal hält sich die Natur nicht an Zeitpläne. Wenn das Baby es besonders eilig hat, kann es vorkommen, dass werdende Mütter ihr Kind nicht wie vorgesehen im Krankenhaus, sondern an einem unerwarteten Ort zur Welt bringen – zum Beispiel in einem Rettungswagen. Solche Situationen sind emotional und herausfordernd, sowohl für die Eltern als auch für das medizinische Personal. Um in diesen Ausnahmefällen bestmöglich zu unterstützen, haben sich zwölf Hebammen aus dem Kreis Bergstraße bereit erklärt, bei Geburten im Rettungswagen dabei zu sein.
Katretter-App hilft bei Einsätzen
„In den letzten Jahren haben wir als Kreis erheblich in die Notfallversorgung investiert. Unter anderem in neue Fahrzeuge und zusätzliches Personal“, erklärte Landrat Christian Engelhardt bei einer Pressekonferenz im Landratsamt. Umso mehr freue er sich, dass künftig auch Neugeborene im Notfall die optimale Betreuung erhalten. „Manchmal lassen sich Verkehrsstaus nicht umgehen, und genau deshalb ist eine gut organisierte Notfallversorgung so entscheidend“, betonte Engelhardt.
Zwar kommt es nur selten vor, dass eine Geburt im Rettungswagen stattfindet, doch wenn dies geschieht, kann der Notarzt sich auf die Mutter konzentrieren, während die Hebamme sich um das Neugeborene kümmert. Das unterstrich auch Jörg Oberkinkhaus, Fachbereichsleiter des Rettungsdienstes im Kreis. Im Jahr 2022 wurden lediglich 13 Babys im Rettungswagen geboren. Allerdings rechnet Oberkinkhaus aufgrund der geplanten Krankenhausreform 2025 – bei der es zu weiteren Schließungen von Krankenhäusern kommen könnte – mit einem Anstieg solcher Einsätze. Wie Markus Stracke, stellvertretender Abteilungsleiter der Gefahrenabwehr des Kreises, erklärte, wird der Ablauf in solchen Fällen präzise koordiniert: „Wenn eine Schwangere einen Rettungswagen ruft, um zur Entbindung ins Krankenhaus gebracht zu werden, stimmen sich die Einsatzkräfte darüber ab, wer zur Unterstützung hinzukommt.“ Mithilfe der Katretter-App könnten die Hebammen schneller erreicht werden. Notarzt und Hebamme begleiten anschließend Mutter und Kind ins Krankenhaus. „Der Schutz von Mutter und Kind steht bei uns immer an erster Stelle“, betonte Hilde Lehnst, Hebamme im Geburtshaus Bergstraße.
Die spezielle Notfallversorgung ist im Kreis Bergstraße seit einem Monat aktiv. „In Südhessen sind wir die einzigen, die dieses Konzept umsetzen“, hob Oberkinkhaus hervor. Die Hebammen übernehmen diesen Dienst ehrenamtlich, zusätzlich zu ihrer regulären Arbeit. Mit 15 bis 20 Einsätzen pro Jahr wird gerechnet. Im ersten Monat gab es bereits zwei Alarmierungen, allerdings war in diesen Fällen die Unterstützung einer Hebamme letztlich nicht erforderlich. Besonderes Augenmerk wird auch auf den sicheren Transport von Mutter und Kind gelegt. „Körperkontakt zwischen Mutter und Neugeborenem ist enorm wichtig“, erklärte Hilde Lehnst.
Im Rettungswagen wird das Baby daher so nah wie möglich bei der Mutter gesichert, etwa mithilfe eines speziellen Gurtsystems. So kann es behütet und sicher ins Krankenhaus gebracht werden.
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