Bergstraße. „Wir sollten alle auf unser Tun und unsere Sprache achten und nicht den Fehler begehen, Hass und Ausgrenzung mit gleicher Münze heimzahlen zu wollen“, sagte Holger Giebel, Vorsitzender des Bergsträßer Kreisverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), bei seiner Rede anlässlich des Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, und rief dazu auf, einen reflektierten Blick für das eigene Handeln zu haben.
Schon seit vielen Jahren legt die GEW anlässlich des Gedenktags einen Kranz am „StolpersteinMahnmal“ in der Bensheimer Fußgängerzone nieder und umrahmt dies mit einigen Redebeiträgen. Die Rede der Bildungsgewerkschaft stammte in diesem Jahr von Tony Schwarz, stellvertretender Vorsitzender der GEW Südhessen, der jedoch kurzfristig absagen musste, weshalb Giebel dessen Beitrag vortrug.
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Giebel rief dazu auf, tumben und hasserfüllten Parolen der Rechten nicht selbige entgegenzusetzen, wie es etwa auch bei einigen Demoplakaten zu erkennen war. Zumal sich die Parolen allzu schnell pauschal gegen jeden richten, der ein anderes Denken vertritt. „Ein Demokrat kann und darf Eugen Drewermann, den großen, alten Mann der Friedensbewegung, kritisieren, weil er dessen Haltung zu den Coronamaßnahmen nicht teilt. Ein Demokrat skandiert dann aber nicht: Schluss mit dem Geschwafel – Drewermann in die Havel“, erinnerte der Gewerkschafter an die Sprechchöre, die Drewermann zu hören bekam.
Es braucht Antworten der Politik
Menschen, die nicht mehr hinter dem stünden, was ihnen als Demokratie dargestellt werde, weil diese ihnen gefühlt nichts mehr zu bieten habe, müssten ein Warnsignal sein. Demokratische Politiker sollten sich daher bemühen, Antworten zu finden für eine Bevölkerung, die sich angesichts drängender Themen wie Altersarmut, steigende Mieten, knapper Wohnraum, Energieversorgung, verrottende Infrastruktur und miesen Bildungsbedingungen in Sorge sehe.
Andersdenkende als „gefallene Engel aus der Hölle“ (Bundeskanzler Scholz) zu bezeichnen, den „fleißigen Mittelstand“ denjenigen gegenüberzustellen, die „Geld bekommen fürs Nichtstun“ (Finanzminister Lindner) oder die Menschen, die ihr Kreuz bei der AfD setzten, pauschal als „Fliegen auf einem Haufen Scheiße“ (FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack Zimmermann) zu bezeichnen, sei keine gute Grundlage, um die Menschen davon abzuhalten, rechts zu wählen..
„Jeder einzelne Bürger ist dazu aufgerufen, in seinen Handlungen, in seiner Sprache Widerstand zu leisten gegen Entwicklungen, die den Prinzipien einer aufgeklärten und offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft entgegenlaufen. Hierzu soll dieser Gedenktag ein Ansporn sein“, so Giebel. Dazu gehöre auch, sich für den Frieden stark zu machen. So müsse Deutschland nicht kriegstüchtig werden, sondern friedenstüchtig sein und bleiben.
Dazu gehöre auch, einer schleichenden Militarisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken. „Man darf nicht zulassen, dass wieder ein Ungeist Einzug hält, der Gewalt als probates Mittel der eigenen Interessenvertretung ansieht, ein Ungeist von Machtgehabe, von Führung und Gehorsam, von falsch verstandenem Abenteurer- und Heldentum. Denn auch dieser Ungeist war ein Pflasterstein auf dem allzu kurzen Weg nach Auschwitz“, so der Gewerkschafter. Sabine Allmenröder, Referentin für gesellschaftliche Verantwortung des evangelischen Dekanats Bergstraße, erinnerte in ihrem Redebeitrag an die zahlreichen Todesopfer rechtsextremer Gewalttaten nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Es sei notwendig, dass denen zur Seite gestanden werde, die angegriffen, bedroht und verunglimpft werden.
Manfred Forell, Sprecher der Initiative Vielfalt.Jetzt!, betonte in seiner Rede, dass die AfD alles andere als eine Alternative sei: „Die AfD ist nicht konservativ, sie ist reaktionär. Sie ist spalterisch, macht Angst, um dann im Anschluss den Kümmerer zu spielen und einfache Lösungen zu präsentieren, die sie dann auch noch versucht, als den Willen des Volkes zu verkaufen.“ Es sei notwendig, über ein Verbotsverfahren nachzudenken, zumindest in den Bundesländern, in denen die Partei als gesichert rechtsextrem gilt.
Hilde Kille, Sprecherin der DGB-Frauen Bergstraße, nahm in ihrem Beitrag Bezug auf das Geheimtreffen in Potsdam. Es habe umso deutlicher gemacht, wie wichtig es ist, die Demokratie zu verteidigen und für sie aufzustehen. Günther Schmiedl vom DGB Bensheim unterstrich die Bedeutung des Gedenktags und rief dazu auf, sich allen faschistischen Entwicklungen entschieden entgegenzustellen. red
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