Holocaust-Gedenken

GEW: „Nicht in die Falle einer schwarz-weißen Weltsicht tappen“

Die GEW Bergstraße organisiert schon seit vielen Jahren die Veranstaltung am Holocaust-Gedenktag.

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red
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Zur Teilnahme an einer Veranstaltung anlässlich des Tags zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am „großen Stolperstein“ in Bensheim hatten zahlreiche Organisationen aufgerufen. Rechts im Bild Redner Holger Giebel, Bergsträßer Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. © GEW

Bergstraße. „Wir können nichts dafür, was war. Aber wir können etwas dafür, dass es so niemals mehr sein wird. Genau deshalb ist ein Erinnern so wichtig – an das, was war und was hoffentlich niemals wieder sein wird“, schloss Holger Giebel, Vorsitzender des Bergsträßer Kreisverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) seine Rede bei der Veranstaltung anlässlich des Tags zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am „großen Stolperstein“ in Bensheim. Damit fasste er das noch einmal zusammen, was die zentrale Botschaft seines Beitrags sowie der Beiträge seiner Vorredner war.

Demokratiefeindlich

Die GEW Bergstraße organisiert schon seit vielen Jahren die Veranstaltung am Holocaust-Gedenktag. Giebel wies in seiner Rede darauf hin, dass Fanatismus in der Regel auf einer vereinfachten Weltsicht basiere, in der es nur schwarz und weiß, nur gut und böse gebe. „Das klingt klar, einfach und für jeden einleuchtend. Es hat jedoch nichts mit der Lebenswirklichkeit zu tun. Die vereinfachte, schwarz-weiß gedachte Welt ist vor allem eines: demokratiefeindlich“, betonte der Gewerkschafter.

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Es sei festzustellen, dass es jedoch nicht nur Rechtsextremisten seien, die sich einer vereinfachten Weltsicht bedienten. Leider sei genau dieser Wesenszug zunehmend auch bei Menschen zu beobachten, die nicht einmal annähernd im Verdacht stehen, extremistisch zu sein. Dies zeige sich gegenwärtig etwa nicht selten, wenn Menschen, die eine klare pazifistische Haltung zeigen, trotz eindeutiger Ablehnung des russischen Angriffskriegs als „Putinversteher“ gebrandmarkt und in die schwarze Schublade einsortiert würden, wo sie in unmittelbarer Nachbarschaft zu Rassisten und Nazis landen.

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„Dass eine pazifistische Haltung Menschen negativ berührt, so dass sie anderen am liebsten den Mund verbieten würden, zeigt, wie schlecht es um die demokratischen Grundlagen in Zeiten der Shitstorms in sozialen Netzwerken bestellt ist“, meinte Giebel und wies deutlich darauf hin, dass damit auch der Diskurs, also die Basis jeder Demokratie, verhindert werde: „Diskurs bedeutet nicht, von vielen in seiner Haltung bestätigt zu werden – wie es in den Filterblasen der sozialen Netzwerke üblich ist. Diskurs bedeutet, andere anhören, sich damit auseinanderzusetzen und durchaus auch fair miteinander zu streiten.“ Einen Diskurs und somit auch andere Meinungen verhindern, die Gesellschaft einschüchtern, damit ein anderes Denken gar nicht erst entsteht – das sei die Klaviatur gewesen, auf der die Nationalsozialisten einst meisterhaft spielten.

Gefährliche Verharmlosung

„Auch wir, die wir fest auf dem Boden der Demokratie stehen, sollten uns und unser Handeln stets auch selbst betrachten, um nicht in die Falle einer vereinfachten schwarz-weißen Welt zu tappen“, wünschte sich Giebel die verstärkte Selbstreflexion bei allen Menschen.

Manfred Forell, Sprecher der Initiative „Vielfalt.Jetzt!“, ging in seiner Rede unter anderem auf die Reichsbürgerbewegung ein. Das Ansinnen, die Regierung zu stürzen und die Demokratie zu beenden, wie es die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß vorhatte, verballhornend als „Rollator-Revolution“ abzutun, sei eine gefährliche Verharmlosung. „Die Gefahr von rechts ist real, da sie sich einen Platz in der Mitte der Gesellschaft zurückerobert hat“, warnte Forell.

Horst Raupp, Regionssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Südhessen, machte in seinem Redebeitrag deutlich, dass die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Neofaschismus, Rassismus und Antisemitismus eine zentrale gewerkschaftliche Aufgabe sei und bleibe. „Deshalb setzen sich der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften dafür ein, dass der 8. Mai endlich auch in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag wird. Das wäre ein wichtiges Symbol gegen rechts“, so Raupp.

Peter E. Kalb von der Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger ging unter anderem auf die Sinti und Roma ein, die sich vor 80 Jahren letztlich vergeblich gegen ihre Ermordung im Vernichtungslager Auschwitz wehrten.

Antisemitismus entgegentreten

Dekan Arno Kreh vom Evangelischen Dekanat wies auf die Nähe von Christen und Juden zueinander hin, die es unmöglich mache, einen Antisemitismus religiös zu begründen. Es sei zwingend erforderlich, Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.

Günther Schmidl von der DGB-Ortsgruppe Bensheim unterstrich die besondere Bedeutung des Gedenktags: „Das Erinnern ist die beste Versicherung gegen Faschismus und Völkerhass.“ red

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