Mannheim. Durch das politisch gewollte Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor sieht Stefan Fuchs die Gefahr, dass Deutschland deindustrialisiert wird. Produktion könnte verstärkt ins Ausland abwandern und Konzerne würden dort ihr Geld verdienen, sagte der Vorstandsvorsitzende des Mannheimer Schmierstoffkonzerns Fuchs Petrolub (bekannt aus dem BA-Aktienranking) auf der Jahrespressekonferenz. Das werde ein wenig gleichgültig hingenommen. Fuchs warnte auch davor, bei künftigen Antrieben für Autos nur auf Batterie-Technologien zu setzen. „Wir beißen uns an dem Thema fest.“
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Was aber macht ein Schmierstoffproduzent, wenn es bald zum Aus für Verbrennermotoren kommt? Er stellt Stanzschmierstoffe, Formgebungsöle, Verbindungsfette, wärmeleitende Pasten und viele andere Schmierstoffe für Elektroautos her. In Elektroautos finden sich noch viele weitere Produkte von Fuchs Petrolub, in Schiebedächern oder Stoßdämpfern, in Sitzen und Airbags, wie bei Verbrenner-Autos auch.
Der bevorstehende Umbruch weg vom Verbrennungsmotor sollte dem Unternehmen also keine großen Sorgen machen. Und doch kritisiert der Vorstandsvorsitzende das von der EU-Kommission forcierte Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035. Er warnt davor, bei künftigen Antrieben nur auf Batterie-Technologien zu setzen. Brennstoffzellen-Fahrzeuge und selbst Diesel müssten einbezogen werden, sagt Fuchs.
China: Eine Frage der Sichtweise
Und auch zum zweiten politischen Großthema in der Wirtschaft hat Fuchs eine eindeutige Meinung. Für Fuchs Petrolub ist China ein großer Markt.
Stefan Fuchs und Finanzvorstand Isabelle Adelt verteidigen das Engagement in dem Land, das immer wieder wegen seiner Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht. Adelt selbst hat mehrere Jahre dort gelebt. „Wenn es Grenzüberschreitungen bei Menschenrechten gibt, ist das schlecht. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Viele andere Dinge sind eine Frage der Sichtweise. Zu sagen, in welchem politischen System andere Menschen leben müssen – steht uns das zu?“, sagte die Managerin vor Kurzem.
Die Null-Covid-Politik der chinesischen Regierung hat die Wirtschaft Ende 2022 gelähmt und dadurch das Geschäft von Fuchs Petrolub beeinträchtigt. „Die Umkehr dieser Politik wird Chinas Wirtschaft im Jahresverlauf 2023 wiederbeleben“, sagt Fuchs. Der Rückgang in China sei „von sehr guten Entwicklungen in einer Vielzahl anderer Länder“ kompensiert worden. Zu den wichtigsten Ländern für den Mannheimer Konzern zählen Deutschland, die USA und eben China. Dahinter folgen etwa Mexiko, Australien und Indien.
Schmierstoffe werden in nahezu allen Industrien eingesetzt – in Anlagen, Maschinen und vor allem in Autos. Die Autoindustrie hat einen großen Anteil am Geschäft. Diese Diversifizierung, geografisch und nach Branchen gilt als das Erfolgsrezept von Fuchs. Umsatz und Gewinn legten 2022 zu und sollen weiter steigen. Die Aktionäre sollen profitieren. Die Dividende je Vorzugsaktie soll von 1,03 auf 1,07 Euro steigen. Es wäre die 21. Dividenden-Erhöhung in Folge. jung/mir
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