Bergstraße. Neugierig beäugten die tierischen Bewohner des Bergtierparks Erlenbach die etwa vierzig Zweibeiner, die an ihrem Gehege vorbeiliefen. Hier und da wurde eine Nase durch den Zaun gestreckt, die Augen schauten fordernd. Gab es trotzdem kein Futter, ertönte ein eindringliches Blöken. Eine tierische Begrüßung erlebten die Teilnehmer des traditionellen Frühjahresrundgangs durch den Bergtierpark in Erlenbach.
Schon bevor es durch das Eingangstor ging, gab es die erste Sensation zu sehen: Die Mähnenspringer, eigentlich in Nordafrika zu Hause, hatten erst am Tag zuvor Nachwuchs bekommen. Und vor wenigen Wochen hatte es sogar Zwillinge gegeben – „etwas sehr Seltenes“, sagte Tierparkleiter Volker Bitsch, der die Gäste gemeinsam mit Tierpfleger Josef Unger herumführte. Im Gehege daneben waren erst vor Kurzem drei neue kleine Shetlandponys eingezogen, da ihre Vorgänger ihren verdienten Ruhestand angetreten hatten.
Rekordzahlen bleiben unerreicht
Auf etwa acht Hektar versammelt der Bergtierpark etwa 250 Tiere aus allen Kontinenten: von den kleinen Sittichen bis hin zum Yak aus dem Himalaja. Der Bergtierpark habe sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt, erklärte Bürgermeister Volker Oehlenschlager zuvor bei seinen Grußworten. Besonders in der Coronazeit habe sich die Einrichtung mit reichlich Möglichkeit zum Abstand halten zu einem regionalen Ausflugsziel entwickelt. Die bisherigen Einnahmen seit Jahresbeginn seien besser als zuvor, auch wenn die Pandemie-Rekorde unerreicht geblieben sind. „Das Ziel ist es jetzt, die neuen Besucher zu halten.“
Trotzdem ist der Bergtierpark ein Zuschussgeschäft, das sich aber lohne, fügte Matthias Schimpf vom Kreis Bergstraße hinzu. Denn der Park fördere nicht nur Tourismus und Wirtschaft, sondern trage mit seinem pädagogischen Profil auch zur naturkundlichen Bildung bei.
Das bezeugt nicht nur der im Jahr 2019 an den Freundeskreis des Bergtierparks verliehene Umweltpreis des Kreises Bergstraße. Auch erhielt der Tiergarten erst im März das Basiszertifikat „Tierpark mit Bildungssiegel“ vom Deutschen Wildgehege-Verband. Das Zertifikat wird nun am Dr.-Kilian-Haus im Bergtierpark ausgestellt.
Bei der Abschlusspräsentation im Gasthaus „Zum Schorsch“ ergänzte der frisch gewählte Vorsitzende des Fördervereins, Ekkehard Bahlo: „Das Interesse der Besucher ist ungebrochen. Der gute Start bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Die Arbeit des Fördervereins habe das Gesicht des Parks maßgeblich geformt – zum Beispiel durch die Indianerhöhe mit Tipi und Spielplatz, den Parkplatz oder das „Dr.-Kilian-Haus“ und die Aussichtsplattform „Schorschs Weitblick“. Ziel sei es auch weiterhin, den Park noch attraktiver zu machen und so das Verhältnis von Kosten und Erlösen zu verbessern. Ebenso wichtig sei die naturkundliche Schulung junger Menschen.
Mit vielen Bildern zeigte Jens-Uwe Eder, dass es im Bergtierpark Naturkunde zum Anfassen gibt. Regelmäßig seien Schulen aus der Region zu Gast, um am außergewöhnlichen Unterricht teilzunehmen. Inzwischen habe der Verein zahlreiche thematische Einheiten vorbereitet, zum Beispiel zu Insekten, Vogelschutz oder Spuren. Außerdem arbeitet der Freundeskreis mit befreundeten Jägern oder der Hundestaffel Odenwald zusammen, um Kinderaktionstage zu organisieren.
Bellende Mini-Hirsche
Den ersten Halt des Rundgangs legte die Gruppe bei den Muntjaks ein. Die Hirsche im Mini-Format sind etwa so groß wie eine Katze und kommen ursprünglich aus China. Auch bekannt sind sie als „bellende Hirsche“, erklärte Bitsch.
Die Muntjaks stünden auf der EU-Liste der invasiven Arten, sodass diese zwar gehalten, aber nicht mehr nachgezüchtet werden dürfen. Die Gefahr, dass der Muntjak nach einem Ausbruch heimische Tierarten verdrängt, sei zu groß. Da im Bergtierpark nur Weibchen leben, haben die Tierpfleger nicht eingreifen müssen – deswegen konnte Bitsch den Gästen aber auch nicht zeigen, dass die Männchen über kleine „Vampirzähne“ verfügen. „Das müssen Sie mir jetzt einfach glauben“, sagte er lachend.
Keine Freunde geworden
Am Damwild vorbei, das sich mit Yaks und Zwergziegen das Gehege teilt, ging es zu den Waschbären. Auch die stehen auf der Liste invasiver Arten und sind deswegen kastriert. In ihrem liebevoll gestalteten Außengehege sind die gestreiften Kleinbären nur selten anzutreffen. „Aber das Futter, das wir dort verstecken, ist immer weg“, sagte Bitsch, „also müssen sie ja irgendwann rauskommen.“
Ein Projekt der letzten Jahre ist das im Jahr 2017 entstandene Affengehege. Der davorstehende Futterautomat ist momentan stillgelegt. „Auch die Berberaffen können Corona bekommen. Und weil sie nicht geimpft werden können, dürfen sie gerade nicht gefüttert werden“, schilderte Bitsch. Eigentlich sollten die Affen mit ihren Ziegenkollegen aus dem Atlasgebirge, den Mähnenspringern, in einem Gehege vergesellschaftet werden. Die Ziegen seien davon allerdings nicht begeistert gewesen und hätten die Affen durch das Gehege gejagt.
Bei den Skudden sorgten dann die schwarzen und weißen Lämmchen für Verzückung. Im Bergtierpark gebe es inzwischen nicht nur im Frühling, sondern das ganze Jahr über Nachwuchs bei den Schafen. „Ob das am Klimawandel oder an der guten Pflege liegt, muss jeder für sich entscheiden. Ich sage, es liegt an der Pflege“, sagte Bitsch schmunzelnd.
Südamerika repräsentieren die Lamas und Alpakas. Die Alpakas müssen alle zwei Jahre geschoren werden. Dafür würden die Tierpfleger nach Reichelsheim fahren, wo der ehemalige Mossautaler Bürgermeister Willi Keil eine Alpaka-Farm betreibt. „Der schert unsere dann gleich mit“, sagt Bitsch, „die sind dann nur noch ein Viertel so groß. Geschoren zu werden, ist eine echte Erleichterung für die Tiere.“
Der Rundgang endete am „Dr. Kilian-Haus“. Von „Schorschs Weitblick“ aus verschafften sich einige Gäste einen letzten Überblick über den Park, bevor sie von den Tieren Abschied nahmen. /ü
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-fuer-den-bergtierpark-erlenbach-hat-das-jahr-tierisch-gut-angefangen-_arid,2069166.html