Bergstraße. Das Antifaschistische Kollektiv Bergstraße hatte für Samstag zu einem Protestzug durch Bensheim aufgerufen. Unter dem Motto „Solidarität statt Vergessen!“ haben die Veranstalter auf die Situation von Migranten aufmerksam gemacht, die auf dem Weg über das Mittelmeer in Lebensgefahr geraten oder in Lagern festsitzen. Rund 50 Teilnehmer hatten sich an der Demo beteiligt, die vom ehemaligen Sparkassengebäude an der Bahnhofstraße bis zum Marktplatz führte und dort mit einer Kundgebung beendet wurde. Es gab mehrere Redebeiträge und musikalische Darbietungen.
Das Kollektiv kritisiert in erster Linie, dass die Lage der Flüchtlinge angesichts der Corona-Pandemie in den Hintergrund gerückt sei. Doch niemand fliehe freiwillig: Kriege, Verfolgung, Gewalt, Armut und die Klimakrise führten dazu, dass Menschen ihr Zuhause verlassen müssen.
Auf der Suche nach einer sicheren Zuflucht begeben sie sich auf lebensgefährliche Fluchtrouten, so eine Sprecherin der Lokalgruppe Darmstadt der Organisation Seebrücke per Audiobotschaft. Die zivilgesellschaftlich getragene politische Bewegung setzt sich für eine „menschenrechtsbasierte Migrationspolitik“ ein und wirft der Europäischen Union eine Abschottungshaltung vor.
Es brauche jetzt mehr „sichere Häfen“ – also Kommunen, die geflüchtete Menschen willkommen heißen in einem Maßstab, der die Mindestanforderungen freiwillig überschreitet: Man nimmt mehr Menschen auf, als man eigentlich muss. Bereits über 250 Städte und Gemeinden haben sich durch ihr humanitäres Bekenntnis diesem selbstständigen Protest jenseits bundes- oder landespolitischer Vorgaben angeschlossen, der unter anderem eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und neue staatliche Rettungsmissionen einfordert, wie es von der Initiative Seebrücke heißt. Im Kreis Bergstraße haben sich bislang weder eine Kommune noch der Kreis selbst dem Bündnis angeschlossen.
Erinnerung an Brand in Moria
Bei der Kundgebung wurde darauf hingewiesen, dass der Beschluss eines „sicheren Hafens“ ein Prozess sei und keine abgeschlossene Aufgabe. „Das ist nicht mehr als ein erster Schritt“, hieß es. Durch die Bereiterklärung auf kommunaler Ebene wolle man den Weg bereiten für weitere Schritte.
„Die Seenotretter werden an ihrer Arbeit gehindert“, beklagte eine Rednerin, die ihren Namen nicht nennen wollte. Sie forderte staatlich tolerierte Hilfsaktionen für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer und „Sichere Häfen“ als Angebot, bis die Ursachen der Flucht in den jeweiligen Herkunftsländern behoben seien. Im aktuellen Umgang mit der Lage erkennt sie eine „faschistische und respektlose Politik“. Nötig sei aber eine solidarische und menschenfreundliche Haltung.
Im Namen der Veranstalter machte ein Sprecher auf den Großbrand im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos aufmerksam. Dort wurden im September vergangenen Jahres über 12 000 Menschen, darunter 4000 Kinder, obdachlos. Die Brandstifter sollen das Feuer gelegt haben, um ihre Umsiedlung aufs griechische Festland zu erzwingen. „Wir brauchen sichere Lager mit guter medizinischer Versorgung statt vieler Toter durch eine unmenschliche Politik“, so der Redner auf dem Bensheimer Marktplatz.
Die Kundgebung verlief friedlich. Die meisten Demonstranten trugen einen Mund-Nasen Schutz.
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