Bergstraße. Dass es bei „Cash...und ewig rauschen die Gelder“ nicht um die Abbildung von Wirklichkeit geht, zeigt schon die Grundannahme der Rahmenhandlung des Theaterstücks, das am Freitag bei den Festspielen Heppenheim Premiere hatte: Durch die übereifrige Bereitschaft des Sozialamts, finanzielle Hilfen und andere Formen der Unterstützung zu gewähren, wird Eric Swan verleitet, für ehemalige Untermieter unterschiedliche Sozialhilfen zu kassieren. Das passiert sowohl in monetärer Form als auch durch Sachleistungen wie Stützstrümpfen, Spezialmiedern oder Perücken. Mithilfe seines Onkels George besorgt Swan sich entsprechende Verschreibungen und verkauft die Objekte dann weiter. Das geht jahrelang gut – bis eines Tages die „Außenprüfung“ des Sozialamts vor der Tür steht.
Unangenehme Nachforschungen
Und hier setzt die Handlung des Stücks ein. In atemberaubendem Tempo, das die Schauspieler bis zum Ende durchhalten und steigern, wird Swan (Fabian Stromberger) nicht nur mit einer Vielzahl nachforschender Personen konfrontiert – unter anderem mit zwei Damen vom Sozialamt (in einer Doppelrolle Margit Schulte-Tigges), einem Sexualtherapeuten (Harald Mehring), mit Brenda, der Verlobten des Untermieters (Saskia Huppert), einem Beerdigungsunternehmer (Stephan Müller) und nicht zuletzt mit der eigenen Ehefrau Linda Swan (Sandra Förster).
Gefährliches Lügengebäude
Schnell verwickelt Swan auch seinen Untermieter Norman Bassett (Florian Innerebner) in sein Lügengebäude – denn die Ereignisse überstürzen sich und es gibt keine Zeit, über irgendetwas nachzudenken und die nächsten Schritte zu planen. In der verhängnisvollen Annahme, alles sei besser, als enttarnt zu werden, verheddern sich Swan, Basset und Onkel George zum Vergnügen der Zuschauer in immer gewagteren Erzählungen.
In skurrilen Verkleidungen versuchen sie, die in einer Kettenreaktion stetig neu hinzuerfundenen Personen darzustellen, bis Untermieter Basset zum Beispiel nicht nur seinen eigenen tauben und verwaisten Sohn mimen muss, sondern auch die – allerdings im Nebenzimmer anwesende – Ehefrau seines Vermieters.
Das Spektrum der tatsächlichen und erfundenen Figuren liefert Steilvorlagen für viele makabere oder pikante Pointen, die von Doppeldeutigkeiten, Wortspielen und Missverständnissen gespeist werden. Mr. Jenkins (Sebastian Muskalla) von der Außenprüfung des Sozialamts legt dabei eine komödiantisch überzeugende Parodie des vor allem seinem Aktenkoffer verpflichteten Beamten hin – bis er schließlich der Wirkung des „Küchensherrys“ erliegt – und Onkel George (Thomas Sturmfels) als ruhender, gleichwohl ausdrucksstarker Pol in einer hysterisch aufgeheizten Atmosphäre übernimmt cool den leidtragenden Part so mancher Slapstick-Szene. Die körperbetonte Komik verfehlte ihre Wirkung auf das Publikum nicht, dem sich so manches mitfühlende Stöhnen entrang, wenn es das jeweils herannahende Verhängnis kommen sah.
Das Bühnenbild von Ingo Schöpp-Stromberger für den Flur der Swanschen Wohnung mit den für das Genre kennzeichnenden vielen Türen hatte dem Festspiel-Publikum schon vor Vorstellungsbeginn signalisiert, worauf es sich einzustellen hatte.
Inszenierung mit hoher Dichte
Die eintretenden Verwechslungen und Überraschungen, ziehen ihren Reiz natürlich vor allem daraus, dass nur das Publikum alle Fäden der von Autor Michale Cooney filigran ineinandergreifend konstruierten Handlung kennt – die auf der Bühne agierenden Personen dagegen verpassen durch zeitweilige Abwesenheit jeweils wichtige Informationen und Handlungsabschnitte.
Die Inszenierung der Farce durch Iris Stromberger spielt mit allen Charakteristika des Genres mit der typischen hohen Dichte von schnell gesprochenen Dialogen und vielen unwahrscheinlichen Situationen. Die bewusste Absurdität wird durch die skurrile Illustration sexistischer Standardpointen gesteigert, die allerdings der Prüderie vergangener Jahrzehnte verhaftet, aber Bestandteil der 1997 erstaufgeführten Vorlage sind.
Der Albtraum beginnt erst...
Der britische Autor Michael Cooney, 1967 als Sohn des Schriftstellers Ray Cooney geboren, schreibt nicht nur Schauspiele, sondern auch Drehbücher für Kino und Fernsehen. Seine Farce „Cash...und ewig rauschen die Gelder“ wurde von Paul Overhoff ins Deutsche übertragen.
Zum Schluss des Stücks übrigens scheint sich die albtraumhafte Handlung im Guten aufzulösen, doch wie sich zeigt, beginnt der wahre Albtraum gerade erst… Das Premierenpublikum im gut gefüllten, wenn auch nicht ausverkauften Amtshof quittierte kurzweilige 80 Minuten am Freitagabend mit einem schönen Applaus.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-festspiele-heppenheim-premiere-von-cash-wurde-zum-kurzweiligen-theaterabend-_arid,1977183.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim.html