Rhein-Neckar. Hat Weinheim eine Rattenplage? Der Begriff klingt dramatisch – doch ganz von der Hand zu weisen ist er derzeit nicht. In Weinheim und entlang der Bergstraße häufen sich aktuell die Meldungen über gesichtete Ratten, besonders in Wohngebieten, auf öffentlichen Plätzen und rund um Müll- oder Biotonnen. Fachleute bestätigen: Die Populationen nehmen zu – und das nicht ohne Grund.
Ratten sind intelligente Tiere. Sie fühlen sich dort wohl, wo es warm ist, ausreichend Verstecke gibt und vor allem: wo sie leicht an Futter kommen. „Der Mensch trägt also einen wesentlichen Teil dazu bei, dass Ratten sich ansiedeln und vermehren können.“ Das sagt Roland Kern, Stadtsprecher von Weinheim. Von einer Plage will Roland Kern aber (noch) nicht sprechen, dennoch: „Es wird gefühlt von Jahr zu Jahr schlimmer.“
In den vergangenen Wochen häufen sich jedenfalls beim Bürger- und Ordnungsamt der Stadt die Meldungen, dass sich immer mehr der aggressiven Nager im Stadtgebiet breitmachen. Der Bauhof der Stadt ist derzeit mit Rattenbekämpfungsmaßnahmen im Dauereinsatz. Eine Art „Taskforce Rattenalarm“ gibt täglich ihr Bestes, kontrolliert neuralgische Punkte, legt Giftköder aus und checkt die Kanalisation. In einer Pressemitteilung bittet die Stadt die Bevölkerung jetzt um Mithilfe zur Eindämmung des Nagerproblems. Wir fassen zusammen:
Wie viele Ratten gibt es in Weinheim?
In der Kanalisation rechnet man erfahrungsgemäß mit etwa 25 Ratten pro Einwohner. Für Weinheim und seine Ortsteile ergibt sich daraus eine geschätzte Population von rund 1,1 Millionen Ratten. Wie viele Ratten jedoch über der Erde leben, lässt sich nur schwer abschätzen.
Warum nehmen die Rattenfälle gerade jetzt zu?
Ratten sind äußerst anpassungsfähig und finden in der Stadt ideale Lebensbedingungen: warme Rückzugsorte, zahlreiche Verstecke und – vor allem – reichlich Nahrung. Überquellende Mülltonnen, offen abgestellte Essensreste oder ungesicherte Komposthaufen machen es den Tieren leicht, sich zu vermehren und neue Gebiete zu besiedeln. Sobald eine Population ausreichend Nahrung und Unterschlupf findet, wächst sie schnell.
Hat der Klimawandel Einfluss auf die Rattenplage?
Ja, das spielt mit hinein, sagen Wissenschaftler. Milder werdende Winter sorgen dafür, dass mehr Tiere überleben und sich früher im Jahr fortpflanzen. Die Folge: Die Rattenpopulation nimmt nicht nur zu, sie ist auch deutlich länger aktiv. Hinzu kommen häufiger auftretende Starkregenereignisse, die Ratten aus der Kanalisation treiben – auf der Suche nach trockenen Zufluchtsorten und Futterquellen.
Sind Ratten wirklich gefährlich und übertragen Krankheiten?
Ja. Ratten sind nicht nur lästig – sie stellen auch ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko dar. Sie können gefährliche Krankheitserreger übertragen, darunter Salmonellen, Leptospiren oder Hantaviren. Außerdem beschädigen sie durch ihr Nageverhalten Bausubstanz, Kabel und Vorräte.
Was kann ich als Bürger tun, um Ratten fernzuhalten?
Sehr viel! Die wichtigste Maßnahme ist: Ratten erst gar nicht anlocken.Mülltonnen sollten immer gut verschlossen werden, auch Biomülltonnen. Essensreste dürfen nicht offen gelagert oder draußen entsorgt werden. Futterstellen für Haustiere oder Vögel sollen abends entfernt oder abgedeckt werden. Gekochte Speisereste haben auf dem Komposthaufen nichts zu suchen, ebenso sollen keine Lebensmittel in der Toilette oder im Ausguss entsorgt werden.
Was mache ich, wenn ich eine Ratte auf meinem Gelände sehe?
Im privaten Bereich ist jeder selbst für die Bekämpfung von Ratten verantwortlich. Es gibt im Handel spezielle Fallen und Giftköder. Es kann auch ein Schädlingsbekämpfer engagiert werden. Der Spezialist kennt sich aus. Sieht man eine Ratte auf der Straße ist die Kommune für die Beseitigung zuständig. Wer eine Ratte bemerkt, sollte also handeln – und zwar schnell. Sichtungen sollten unverzüglich dem Ordnungsamt gemeldet werden.
Wo eine Ratte auftaucht, sind weitere im Versteck. Stimmt das?
Ja, das stimmt in den meisten Fällen. Ratten sind ausgesprochen soziale Tiere, die selten allein leben. Wer eine Ratte im Garten, am Müllplatz oder im Hof entdeckt, kann fast sicher sein: Im Verborgenen sind weitere. Denn Ratten leben in Gruppen, oft mit klarer Rangordnung und arbeitsteiliger Struktur. Sichtbare Tiere sind meist nur die Spitze des Eisbergs. Während einige Mitglieder der Kolonie auf Nahrungssuche gehen, bleiben andere im Nest – zum Beispiel zur Jungtierpflege oder zum Graben neuer Gänge. Wenn sich eine Ratte offen zeigt, bedeutet das häufig, dass das Versteck in der Nähe ist und ausreichend Nahrung vorhanden ist. Besonders alarmierend: Wenn Ratten tagsüber auftauchen, ist das oft ein Zeichen dafür, dass die Population bereits sehr groß ist.
Wie entsorgt man eine tote Ratte?
Eine tote Ratte sollte schnell, sicher und hygienisch entsorgt werden – denn sie kann Krankheitserreger übertragen und Ungeziefer anziehen. So geht‘s richtig: Schutzhandschuhe tragen, tote Ratte in Plastiktüte verpacken und über den Restmüll entsorgen. Auch die Handschuhe müssen über die Restmülltonne entsorgt werden. Anschließend ist gründliches Händewaschen angesagt.
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