Medienpädagogik - BA-Redakteur Ränker zu Besuch in achter Klasse der Geschwister-Scholl-Schule

Einblicke in die Zeitung aus allen Perspektiven

Von 
Thomas Tritsch
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BA-Redakteur Michael Ränker bei seinem Vortrag an der Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim im Rahmen des BA-Projekts „Klasse Medien“ © Thomas Zelinger

Bergstraße. Wie lange dauert das Schreiben eines Zeitungsartikels? Woher stammen die Informationen? Haben Printmedien im Digitalzeitalter überhaupt noch eine Zukunft? Und was verdient man eigentlich als Redakteur? Viele Fragen sind das Salz in der Suppe eines gehaltvollen und fruchtbaren Schulunterrichts. In der Geschwister-Scholl-Schule hat BA-Redakteur Michael Ränker jetzt live erfahren, wie sein beruflicher Alltag aussähe, wenn er sich nicht schon als Jugendlicher für die Zeitung entschieden hätte.

Auf Doppelstunde gut vorbereitet

Die Schüler der Klasse 8Rd waren gut vorbereitet auf den Besuch des regionalen Blattmachers, der seit über 30 Jahren tagtäglich mit Informationen handelt und dabei zwangsläufig auch die Entwicklung des Mediums hautnah miterlebt hat. Umso mehr hatte er zu berichten in der Klasse von Referendarin Julia Gössl, die diese etwas andere Doppelstunde mit ihren Schülern vorbereitet hatte.

Der Termin war Teil des medienpädagogischen Projekts „Klasse Medien“, das unter dem Titel „Schüler machen Zeitung“ an den Start ging und seit 2014 unter neuem Namen läuft. Mit der Umbenennung hat der Bergsträßer Anzeiger damals den reinen Print-Kanal um alle digitalen Verbreitungsmedien erweitert. Für die junge Generation gehören Tablet und Smartphone ohnehin zu den bevorzugten Informations- und Unterhaltungsmedien. Zeitunglesen ist längst nicht mehr allein an das Trägermedium Papier gebunden – wenngleich die Printausgaben nach wie vor eine wichtige Rolle spielen.

Informationen sichten

Rund 13 000 Exemplare beträgt die Auflage des BA, der außer samstags täglich gegen 22.45 Uhr in Mannheim über die Rotations-Druckmaschine flattert. In einer halben Stunde ist alles erledigt. Doch bereits um spätestens 21 Uhr steht die Ausgabe von morgen online zur Verfügung. Um dies zu gewährleisten, sind Redakteure und freie Mitarbeiter den ganzen Tag damit beschäftigt, Informationen zu sichten, zu filtern und in Zeitungsartikel zu übersetzen. „120 Zeilen sollten in einer guten Stunde geschrieben sein“, so Michael Ränker über den durchschnittlichen zeitlichen Aufwand erfahrener Texter, an dem die GSS-Schüler sehr interessiert waren. Von 30 Minuten bis sechs Stunden reichte die Spannweite der Einschätzungen.

Doch die Platzierung eines Artikels im passenden Ressort ist nur die finale Phase im journalistischen Prozess, so Ränker (53) der selbst die Geschwister-Scholl-Schule besucht und dort über eine Fotolabor-AG den Weg zum BA eingeschlagen hatte – allerdings als schreibender Kollege und nicht als Fotograf. Bevor es ein Thema ins Blatt schafft, würden Themen diskutiert, Pressemitteilungen nach Relevanz geordnet und tagesaktuelle Ereignisse beobachtet.

Klasse Medien – die Teilnahme ist jederzeit möglich

„Klasse Medien“, das medienpädagogische Projekt des Bergsträßer Anzeigers, wendet sich an die Jahrgangsstufen 6 bis 10 der weiterführenden Schulen; die Teilnahme ist durch die Unterstützung der Kooperationspartner Sparkasse Bensheim, GGEW AG und Landesmedienanstalt Hessen kostenlos.

Der Einstieg in das Projekt ist das gesamte (Schul-)Jahr über möglich; die Dauer der Zeitungslieferung ist von zwei bis fünf Wochen (und darüber hinaus) frei wählbar.

Die Zeitung wird im gewünschten Zeitraum im Klassensatz an die Schule geliefert, außerdem erfolgt für alle Teilnehmer einer Lerngruppe die Freischaltung der BA-App-Zeitung.

Begleitende, modular aufgebaute Unterrichtsmaterialien werden den Lehrkräften zum Download zur Verfügung gestellt.

Zum Angebot gehören – auf Wunsch – zum Beispiel auch Besuche von Redakteuren und Fotografen in den Klassen oder eine Druckereibesichtigung.

Anmeldung: Bergsträßer Anzeiger, Medienhaus am Ritterplatz, Rodensteinstraße 6, 64625 Bensheim, Telefon: 06251/1008-16, Telefax: 06251/1008-18, E-Mail: ba-service@bergstraesser-anzeiger.de

Es besteht auch die Möglichkeit zur Online-Anmeldung: www.bergstraesser-anzeiger.de/klasse_medien

Fragen zum Anmeldeprozedere für das Projekt beantworten der Beate Kuhn beziehungsweise das Team des BA-Kundenservice (Telefon: 06251/1008-16) sowie Andrea Mizera (06251/1008-50, amizera@bergstraesser-anzeiger.de); Fragen zum Konzept beantwortet Michael Ränker (06251/1008-46, mraenker@bergstrasser-anzeiger.de). tr

www.bergstraesser-anzeiger.de/klasse_medien

Doch der Großteil der Beiträge wird über Veranstaltungen generiert, zu denen der BA eingeladen wird: Vereinsversammlungen und Vorträge, politische Sitzungen und persönliche Geschichten, Theatervorstellungen und Konzerte sowie Pressetermine aller Art. Die relevante Bühne ist das Verbreitungsgebiet der Zeitung. „Von uns fährt keiner nach Washington“, so der Redakteur auf die Frage, wie denn die internationalen News nach Bensheim gelangen. „Hier kommen Agenturen wie dpa ins Spiel“, so Michael Ränker, der sich auch beim Thema Geld nicht weggeduckt hat. Und es ist ja auch nicht verwerflich, wenn 14-Jährige wissen wollen, was man in einem bestimmten Berufsfeld so verdienen kann.

Was vor der Haustür passiert

Zu den meistgelesenen Beiträgen gehören übrigens sogenannte Blaulicht-Themen, wie der Redakteur verrät. Durch die Auswertung der Online-Klicks ist das gut messbar. Doch der Anspruch des BA liege vor allem darin, nicht nur Unfälle und Brände aufzulisten, sondern gehaltvolle Themen aus der Umgebung zu recherchieren und in ihrer Tiefe und Komplexität dem Leser näher zu bringen. Je jünger dieser sei, desto früher würden Medienkompetenz und kritische Rezeption in Fleisch und Blut übergehen, so der Vater von vier Kindern, der in einer professionellen und spannend aufbereiteten regionalen Berichterstattung übrigens die größte Chance des Mediums sieht, auch in Zukunft am Informations-Markt bestehen zu können. Die Menschen wollen wissen, was vor ihrer Haustür passiert, so Ränker. Und die Regionalzeitung verfüge über die nötigen Netzwerke und Köpfe, um diese Geschichten lesbar zu machen.

Explodierende Papierpreise

In der Realschulklasse ging es aber auch um ganz handfeste Themen, sozusagen ums operative Geschäft der Zeitung: Die Schüler erfuhren, dass Anzeigen und Abos die Haupteinnahmequelle sind, dass explodierende Papierpreise den Kostendruck verschärfen und worauf ein Pressefotograf achten muss, wenn er zwei junge Mädchen beim ersten Eis im Frühling in der Fußgängerzone ablichtet. Neben Fragen zum Persönlichkeitsrecht und der Authentizität des Zeitungsbildes drehte sich im Klassenraum vieles um den Alltag der Mitarbeiter von der Redaktionskonferenz über die Blattabnahme bis zum abendlichen Termin im Stadtparlament und anderen Formen der „Frontberichterstattung“.

Glaubwürdigkeit ist elementar

Aber es kam auch zur Sprache, dass Meinungsfreiheit nicht jede Form des verbalen Angriffs rechtfertige und ihre Grenzen dort findet, wo die Würde des Anderen verletzt wird. Die Balance zwischen dem, was man sagen darf und was nicht, gehöre zu den diffizilsten Fragen auch im Zeitungsjournalismus, so Michael Ränker, der bei seinem Gastspiel auch betonte, dass Seriosität, Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit zu den elementaren Voraussetzungen bei der journalistischen Aufbereitung gehören – Zutaten, auf die man im flüchtigen Reich der sozialen Medien nicht unbedingt vertrauen kann.

Weitere Informationen zu den medienpädagogischen Projekten des Bergsträßer Anzeigers gibt es hier.

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