Odenwald. Oberhalb des Wald-Michelbacher Ortsteils Ober-Mengelbach befindet sich auf der Anhöhe Gärtnerskopf in etwa 400 Meter Höhe ein ehemaliger Steinbruch, halb gefüllt mit Wasser. Inzwischen ist er ein touristisch erschlossener Bildungsort, doch das war er nicht immer.
Zunächst war hier die Industrie zu Hause. Begonnen haben die Abbauarbeiten im Steinbruch um das Jahr 1900. In mühsamer Handarbeit wurde das Granitgestein aus dem Fels gebrochen und mit Muskelkraft und einem Steinschlegel zerkleinert.
Damals ertönte das stete Klopfen der Handwerker durch das Tal – und es war von Weitem zu hören. In der Mundart entstand der Spottnamen „Kloppwerk“ für den Ober-Mengelbacher Steinbruch. Immerhin 15 bis 20 Handwerker fanden gute Verdienstmöglichkeiten – wenn auch durch harte Arbeit.
Die Steine selbst wurden mit Pferdefuhrwerken abtransportiert. Großabnehmer war die Eisenbahnbaugesellschaft. Die Gleisunterbauten der entstehenden Eisenbahnlinien benötigten große Schottermengen. Als im Jahre 1921 der elektrische Strom den Überwald erreichte, konnte Maschinenkraft eingesetzt werden. Ab dieser Zeit wurde auch mit Sprengstoff gearbeitet.
Von der Natur zurückerobert
Der Steinbruchbetrieb blühte auf. Straßenbau war angesagt, und dafür wurden Steine gebraucht. Pflastersteine wurden neben dem Straßenschotter zum Hauptprodukt. Besonders die letzten Betreiber, die Porphyr-Werke, haben nicht nur parallel zur Steinbruchwand den Stein abgebaut, sondern auch direkt im Erdboden nach dem Stein gegraben und dieser mit Lkws abtransportiert. Dabei ist ein riesiger Krater entstanden.
Als der Steinbruch schließlich stillgelegt wurde, war das Areal sich selbst überlassen. Seitdem ist Erstaunliches im Umfeld geschehen. Die Natur hat sich weitgehend das Terrain zurückerobert, Flora und Fauna sind zurückgekehrt.
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Inzwischen ist der etwa 50 Meter tiefe Krater zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Das entspricht einer Wasseroberfläche von etwa 3500 Quadratmetern und rein rechnerisch etwa 30 bis 40 Millionen Litern Wasser. Es handelt sich um ein stehendes Gewässer, ohne natürlichen Zulauf, das sich durch Niederschlag aufgefüllt hat. Es ist demnach möglich, dass der Wasserspiegel bei entsprechenden Regenmengen weiter steigen könnte und der Kratersee irgendwann zum Überlaufen kommt.
Geschichte zum Anfassen
In jüngster Vergangenheit hat die Gemeinde Wald-Michelbach in Zusammenarbeit mit dem Geo-Naturpark Bergstaße-Odenwald das gesamte Steinbruchareal zu einem Erlebnisort umgestaltet – Natur- und Kulturgeschichte wurden erlebbar gemacht.
Wer das alte Betriebsgelände betritt, kann es entweder selbst erkunden, die Infotafeln betrachten oder sich von den Audioguides führen lassen. Fünf neben dem Weg aufgestellte Geopunkt-Informationstafeln sowie 13 Audioguides erklären die Geschichte der Steingewinnung und die typische Tierwelt an den Steinbruchwänden. Gezielt wird der Besucher zur Aussichtsplattform geführt und hat von hier einen wundervollen Blick über die historische Anlage.
Teil des Geozentrums Tromm
Der Ober-Mengelbacher Steinbruch ist ein Teil des neu geschaffenen Geozentrums Tromm, in dessen Mittelpunkt der neue Trommturm steht.
Dazu gehören auch die geologischen Besonderheiten, wie die Litzelbacher Steinbrüche, die Aschbacher Steinmetzgeräte-Ausstellung, das Besucherbergwerk der Grube „Ludwig“ im Wald-Michelbacher Ortsteil Wetzel sowie das Überwälder Heimatmuseum mit der Mineraliensammlung und eben der erst Anfang des Jahres eröffnete Erlebnisort Steinbruch Ober-Mengelbach.
Alle Sehenswürdigkeiten sind durch einen 22 Kilometer langen, ausgeschilderten Rundweg durch den Überwald verbunden. /ü
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