Bergstraße. Man benötigt kein Kleingeld und hat keinen Papierfetzen in der Hand, den man verlieren könnte: Handytickets werden laut einem Sprecher der DB Regio im öffentlichen Nahverkehr immer beliebter. Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar baut mit der DB Regio den Service der Mini-Programme auf dem Smartphone aus. Inzwischen kann man auch Zeitkarten wie die Karte ab 60 und Semestertickets abspeichern – und auf die Plastikkarten dafür im Geldbeutel verzichten. Ähnliches gilt auch für den Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV), dessen südlichster Zipfel der Kreis Bergstraße ist.
Regionale und überregionale Apps
Zwei Apps (Applikationen) kann man sich von der DB Regio auf das Smartphone laden: die VRN-Ticket App und den DB Navigator. Dazu kommen weitere Apps, die der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) oder die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) anbieten. Und natürlich die App aus dem Angebot des RMV.
Weitere zwei Apps (ticket2go und eTarif) bieten sich eher gelegentlich fahrenden Kunden in der Region als „Check-in, Check-out“-Systeme an. Ohne jegliche Kenntnis des Waben- oder Tarifsystems klickt man sich damit vor dem Einsteigen ein und nach dem Aussteigen aus. Daraus wird anschließend automatisch der Fahrpreis berechnet und am Monatsende gesammelt in Rechnung gestellt (siehe Tabelle).
Markt von Gelegenheitsfahrern
Diese „Check-in, Check-out“-Systeme bezeichnet Rudolf Stegmüller, Manager bei der DB Fahrgastmarketing, indes noch als „sehr zartes Pflänzchen“: Von den 3,8 Prozent Gelegenheitsfahrten, die per App bezahlt werden, würden nur 0,16 Prozent auf den Luftlinientarif entfallen. „Aber das zielt auch auf neue Kundenkreise, die bislang noch nicht für den ÖPNV gewonnen wurden.“
14 000 Fahrkarten hingegen würden derzeit über die VRN-App pro Monat verkauft – und bundesweit sogar 1,5 Millionen Fahrkarten über den DB Navigator. Die Zuwachsraten seien zweistellig. „Das Smartphone bekommt immer größere Bedeutung bei den Vertriebswegen“, weiß Stegmüller. „Unsere Apps werden ständig weiterentwickelt.“
Den DB Navigator gibt es schon mehrere Jahre, zunächst diente er vor allem zur Fahrplanauskunft, inzwischen kann man ihn nicht nur für Tür-zu-Tür-Auskünfte nutzen, sondern mit ihm auch RMV- oder VRN-Tickets kaufen und Favoriten speichern – zum Beispiel ein Einzelticket für die Fahrt von Bensheim nach Heidelberg aufs Display stellen.
All das kann die VRN App ebenfalls. Zusätzlich bietet sich diese „regionale Variante“ dafür an, VRN-Abos wie das Semesterticket zu speichern. „Wir arbeiten bereits mit sieben Universitäten und Hochschulen zusammen, weitere zehn kommen in den nächsten Wochen hinzu“, beschreibt Stegmüller. Das Jobticket sowie Schüler-Zeitkarten sind im Moment noch nicht auf das Handy ladbar.
Verbindungsfinder
Ebenso clever präsentiert sich die App des Rhein-Main-Verkehrsverbundes: Sie dient nicht nur als Handyticket, sondern bietet daneben eine Reiseauskunft, die auch die schnellste Verbindung vom aktuellen Standort aus zum gewünschten Ziel heraussucht, und zeitnahe Informationen zu eventuellen Verspätungen.
Navigator bundesweit attraktiv
Der DB Navigator hat als Plus gegenüber der VRN-App, dass man bundesweit Fahrkarten lösen kann – und dazu in zehn Tarifgebieten zwischen Thüringen und München Fahrscheine für Busse und Straßenbahnen. „Zum Beispiel Geschäftsreisenden macht es das Unterwegssein einfacher“, weiß Stegmüller.
Während man einen Fahrschein aus Papier aus dem Automaten schnell verliert, kann das auf dem Handy schwerer passieren. Beiden Systemen ist gemeinsam, dass man das Ticket lösen muss, bevor man in den Zug einsteigt.
Wird man ohne gültige Fahrkarte erwischt, muss man das erhöhte Beförderungsgeld von 60 Euro zahlen, wie Anke Görtz von der DB Vertrieb in Frankfurt bestätigt. Vorteil der digitalen Fahrkarte: Dass sie gebucht worden sei, lasse sich nachträglich ermitteln. „Weist der Kunde das nach, bekommt er das Geld zurück – abzüglich einer Bearbeitungsgebühr von zur Zeit sieben Euro.
Handy muss in Betrieb sein
Natürlich darf der Akku des Handys nicht leer sein, wenn man das Telefon als Fahrkarte nutzt. „Aber das kommt im täglichen Betrieb kaum vor, schließlich wollen die Kunden auch mit Freunden und Familie in Kontakt bleiben“, betont Josef Holler, ein erfahrener Kontrolleur. „Und in vielen Zügen haben wir ja auch schon Steckdosen zum Auftanken.“
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