Siedelsbrunn. Noch ist Camus nicht zur Ruhe gekommen. Der irische Wolfshund wirkt verfroren und verstört. „Es ist gerade so, als stecke ihm der Brandgeruch noch immer in der Nase“, sagt seine Besitzerin Nicola Ahrend. Auch bei ihr sitzt der Schock tief. Die 64-Jährige verlor bei dem Feuer, das am zweiten Weihnachtsfeiertag – ihrem Geburtstag – in ihrem Anwesen „Auf der Höh“ in Siedelsbrunn wütete, Hab und Gut.
Das Feuer war – wie berichtet – in einem Carport ausgebrochen, griff dann auf eine im Garten stehende Fichte und schließlich auf das Haus über. Stundenlang löschten die Überwälder Feuerwehren den Brand. Der Schaden: mehrere Hunderttausend Euro, das Haus selbst ist einsturzgefährdet.
Sie wollte schon länger weg
„Mein ganzes Leben war darin“, sagt Ahrend, die allein in dem Einfamilienhaus lebte, bei dem Telefonat mit dieser Zeitung. „Jetzt habe ich nichts, kein Dach über dem Kopf, kein Bett. Es ist irrsinnig.“ Sie habe seit längerem vorgehabt, sich zu verändern, umzuziehen – raus aus dem Odenwald, wo die aus Norddeutschland stammende Inhaberin einer Consultingfirma seit 30 Jahren lebt. Wohl fühle sie sich dort schon länger nicht mehr.
Sie wollte weg aus Siedelsbrunn, zusammen mit ihrem Dackel, ihren Pferden und den dreizehn irischen Wolfshunden. „Und dann passiert das. Auf eine derart brutale Art und Weise. Es ist furchtbar. Auch Camus spürt, dass er seine Decke, sein Zuhause verloren hat“, sagt Ahrend. Ihre Stimme klingt fassungslos und erschöpft.
Brandstiftung ausgeschlossen
Die genaue Ursache für den Brand ist noch unklar, eine Brandstiftung schließt die Polizei aber aus, bestätigt Pressesprecherin Christiane Kobus.
„Ich telefonierte an diesem Tag lange mit Kunden“, schildert Ahrend. „Dann habe ich ein Geräusch gehört, das ich nicht kannte.“ Zwei Rüden befanden sich mit ihr im Wohnzimmer, die übrigen Hunde waren im Haus, im Garten und im Carport. Sie seien vor lauter Panik in alle Richtungen davongestürmt, berichtet Ahrend. Die beiden Rüden, die bei ihr waren, trauten sich nicht durch die Flammen hindurch. Sonst hätten sie sich retten können.
Ahrend selbst zog sich bei dem Brand leichte Verbrennungen zu, verbrachte eine Zeit im Krankenhaus und erhielt trostspendende Worte vom Pfarrer der Gemeinde. Der Tod ihrer drei Wolfshunde und ihres Dackels schmerzt sie. Natürlich seien die Zuchthunde auch wertvoll. „Aber ihr Verlust lässt sich nicht in Geld messen“, sagt Ahrend. Seit 40 Jahren besitze sie die Rasse. „Irische Wolfshunde sind sehr freundlich, menschenbezogen und einfühlsam“, sagt Ahrend. Vor fünf Jahren begann sie aus Liebe zu der Rasse mit der Zucht und behielt beide Würfe.
Ein neues Leben aufbauen
Der achtjährige Camus ist der älteste von ihnen. Er ist der einzige Wolfshund, der derzeit mit Ahrend zusammen bei einer Bekannten unterkommt. Die anderen Hunde sind an verschiedenen Orten untergebracht, fünf von ihnen im Viernheimer Tierheim.
„Es sind liebe Tiere, aber als wir sie gemeinsam mit der Tierrettung abgeholt haben, war ihnen der Schock anzumerken“, sagt eine Tierheim-Mitarbeiterin. Der Älteste habe zunächst nichts fressen wollen. „Die Tiere waren ganz schwarz vom Ruß, wir mussten sie erst einmal baden.“
Ahrend will gerade jetzt nicht untätig bleiben: „Ich arbeite, um mich zu beschäftigen, muss an die Zukunft denken, sie kreieren. Wenn ich stillstehe, ist es am schlimmsten.“ Ahrend möchte schnellstmöglich wieder Fuß fassen. In den Odenwald möchte sie allerdings nicht mehr zurückkehren.
Ihre Hoffnung: ein geräumiger Guts- oder Bauernhof, am liebsten im Norden, der zu einem gemeinsamen Zuhause für sie, die Pferde und die verbliebenen zehn Hunde werden kann. Wo die Hunde drinnen wohnen dürfen und genug Auslauf haben: „Vielleicht hilft ja der Zufall, dass jemand jemanden kennt oder eine Möglichkeit bieten kann, die zu meiner Situation passt.“ /ü
Größter Hund der Welt
Der aus Irland stammende Wolfshund gilt als die größte Hunderasse der Welt.
Er wurde vor allem zur Jagd eingesetzt, heute ist er hauptsächlich ein Familienhund.
Rüden können eine Schulterhöhe von bis zu 100 Zentimetern erreichen. Im Durchschnitt sind es 79 Zentimeter bei 54,5 Kilogramm Körpergewicht.
Bei Hündinnen sind es 71 Zentimeter bei einem Gewicht von 40,5 Kilogramm. (Quelle: Verband für das Deutsche Hundewesen)
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-die-wolfshunde-und-ihr-frauchen-in-not-_arid,1379062.html