Premiere - Mozarts "Così fan tutte" als feinsinnige Inszenierung am Staatstheater Darmstadt

Die Liebe ist ein seltsames Spiel

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"Così fan tutte" als feinsinnige Inszenierung am Staatstheater Darmstadt mit (v.l.) Katharina Persicke, Minseok Kim, Jana Baumeister, Nicloas Legoux, Kathrin Leidig und David Pichlmaier.

© Runkel

Darmstadt. Generell ist die Liebe mit all ihren Irrungen und Wirrungen ein dankbares Sujet der Kunst, besonders des Musiktheaters. Auf offener Bühne, also quasi vor aller Welt Augen, spielt sich hier das pralle Leben ab: Man sucht und findet sich, kann nicht ohne, aber auch nicht miteinander. Die Liebenden steigen auf in den siebten Himmel, um sogleich wieder in tiefste Abgründe zu fallen. Wie sang nicht gleich Connie Francis etwas quietschig in ihrem Schlager aus den Sechzigern: "Die Liebe ist ein seltsames Spiel, sie kommt und geht von Einem zum Andern".

Das wusste auch schon Lorenzo da Ponte, als er Ende des 18. Jahrhunderts das Libretto zu Wolfgang Amadeus Mozarts Opera buffa "Così fan tutte" als ein veritables Wechselspiel nicht nur der Gefühle, sondern zugleich auch der Liebespaare verfasste. Zwei junge Herren lassen sich und die Treue ihrer beiden Verlobten von einem lebensklugen, älteren Freund auf die Probe stellen. Ihre leichtsinnige Wette, die Damen stünden unverbrüchlich zu ihnen, verlieren sie glatt im Handumdrehen. An Erkenntnis, indes, gewinnen sie - sowohl bezüglich der Frauen, als auch bei sich selbst.

Der Besuch lohnt sich

Dem Theater Bonn und Regisseur Dietrich W. Hilsdorf ist es gelungen, aus der Liebeskomödie eine feinsinnige und doch nicht schwermütige Inszenierung zu machen. Das Staatstheater Darmstadt hat sie dankenswerterweise übernommen und vergangenen Samstag nun erstmals in Südhessen gezeigt.

Bei Hilsdorf spielt das gesamte Geschehen in einem nicht übertrieben prunkvollen, großen Raum (Bühne: Dieter Richter), den die Protagonisten von einem Hinter- und einem Seiteneingang her betreten. Er ist zugleich die Bühne, auf der Don Alfonso (Nicolas Legoux) die Puppen tanzen lässt - die aus Fleisch und Blut ebenso, wie die aus Holz. Genüsslich beobachtet er aus der ersten Reihe des Zuschauerraums, wie vorzüglich sein Experiment gelingt.

Dies vor allem auch dank einiger Schmiergelder und der Hilfe des Kammermädchens Despina - gesungen und dargestellt von Jana Baumeister. Mit gesundem Pragmatismus kommt die Dienerin gut durch die Welt und hat von vornherein wenig Verständnis für die gefühlsduselige Schwärmerei ihrer Herrinnen. Baumeister gestaltet diese Rolle mit kessem Witz, sicherer Intonation und großer stimmlicher Variabilität (Letzteres besonders als falscher Arzt, der eine Vergiftung mittels Magnettherapie zu heilen vermag).

Das Geschehen spielt in der Zeit der Entstehung der Oper (1791), wovon die schönen Barockkostüme, entworfen von Renate Schmitzer, zeugen. Sie werden bei den Herren später gegen solche des Biedermeier getauscht, um auch äußerlich den Rollen- und Partnertausch zu dokumentieren. Der Tenor Minseok Kim gestaltet den Ferrando nuancenreich und gerade auch in den Solopartien nicht zu forciert. Stets vielseitig einsetzbar und auch an dieser Stelle wieder glaubhaft, präsent und stimmschön ist David Pichlmaier als Guglielmo zu erleben.

Beide Sänger gehören dem Ensemble des Staatstheaters an, ebenso wie seit dieser Spielzeit Katharina Persicke, die ihren klaren Sopran exzellent zur Geltung zu bringen vermag. Sozusagen als Import vom Rhein ergänzt Kathrin Leidig (Dorabella) die durchweg auf hohem Niveau agierende Gruppe im kleinen Haus des Staatstheaters. Sie war in der vergangenen Spielzeit bereits Teil der Produktion an ihrem Heimattheater in Bonn. Ihr weicher Mezzo kommt besonders in den Ensembles hervorragend zur Geltung.

Aus dem Orchestergraben freilich werden die Sängerinnen und Sänger auf Händen getragen. Dort nämlich entfaltete Rubén Dubrovsky, Mitbegründer und Leiter des Bach Consort Wien, mit seinen rund dreißig Musikern des Staatsorchesters einen temporeichen, spritzigen Klang, der einerseits deutlich in den Vordergrund zu treten vermag, sich andererseits aber auch an den richtigen Stellen elegant zurückzunehmen weiß.

Ein Besuch der Inszenierung lohnt sich! ha

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