Kommunalpolitik

Die Bergsträßer SPD ist optimistisch und kämpferisch

Die Sozialdemokraten starten in das Jahr der Landtagswahl. Auch das Video von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht war Thema.

Von 
Thomas Tritsch
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Bergstraße. Für die hessische SPD steht das Jahr ganz im Zeichen der Landtagswahlen. Auch im Unterbezirk Bergstraße wird die Weichenstellung in Wiesbaden die kommenden Monate dominieren. Mit Josefine Koebe (34) aus Bensheim und der Heppenheimerin Simone Reiners (29) bewerben sich zwei junge Genossinnen aus der Region um einen möglichst aussichtsreichen Listenplatz. Über die Landesliste wird bei einem Landesparteitag am 17. Juni in Hanau abgestimmt.

Ein genauer Termin für die Wahl steht noch nicht fest. Als Wahlsonntag käme aber der 15. Oktober infrage, weil bis 28. Oktober Herbstferien sind und eine Verschiebung in den November eher unwahrscheinlich ist. Egal, ob eine Woche früher oder später: die SPD will nach knapp 24 Jahren in der Opposition in ihrem einstigen Stammland wieder Regierungsverantwortung übernehmen, betonte der Bergsträßer Unterbezirksvorsitzende Marius Schmidt bei einer Video-Pressekonferenz.

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Aber auch im Kreis will die Partei zwei Bürgermeister-Sitze verteidigen: einen in Lautertal (4. Juni) mit Andreas Heun und den anderen in Wald-Michelbach, wo bereits im Frühjahr Sascha Weber in die Verlängerung gehen will. Im November stehen dann auch im Unterbezirksvorstand die nächsten Neuwahlen ins Haus.

Gut aufgestellt mit Nancy Faeser

Um auf Landesebene gegen Amtsinhaber Boris Rhein (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) punkten zu können, braucht die SPD einen prominenten Kopf. Mit Nancy Faeser sieht man sich personell hervorragend aufgestellt – auch an der Bergstraße. Beim traditionellen Hessengipfel ihrer Partei am 3. Februar soll die Bundesinnenministerin offiziell als Spitzenkandidatin ins Rennen geschickt und erste hessische Ministerpräsidentin werden.

Faeser habe auch in ihrem Ministerium in Berlin positive Spuren hinterlassen, kommentiert die scheidende Bergsträßer Landtagsabgeordnete Karin Hartmann. Vor allem beim Aufenthaltsrecht und im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus im NSU-Untersuchungsausschuss habe die „versierte Juristin“ eine sehr gute Figur gemacht. „Sie wäre ein großer Gewinn für Hessen und für die SPD“, so die stellvertretende Unterbezirksvorsitzende. Das sehen auch die jungen Kandidatinnen so. „Sie ist eine Persönlichkeit, die hohes Ansehen genießt“, sagt Simone Reiners. „Eine Ministerpräsidentin Faeser wäre eine genauso gute Besetzung wie eine Ministerin Faeser“, unterstreicht Marius Schmidt.

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Bereits im Mai hatte Christine Lambrecht ihre Parteikollegin Faeser in einem Interview in Richtung Wiesbaden geredet – was Faeser in Erklärungsnot brachte. Seit ihrer privaten Videobotschaft während des einsetzenden Silvesterfeuerwerks muss sich Verteidigungsministerin Lambrecht, die in Viernheim ihre Karriere begonnen hat, nun in eigener Sache verteidigen. Auch in der Heimat wird Kritik laut, und auch in den eigenen Reihen. Karin Hartmann spricht von einem peinlichen und unprofessionellen Video: „Hier gibt es nichts zu beschönigen!“

Dennoch sei dadurch weder ein Schaden am Amt noch an der politischen Glaubwürdigkeit und Kompetenz Lambrechts entstanden. Bei den profitablen Masken-Deals des ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sei dies völlig anders gewesen, so Hartmann weiter. Im Falle ihrer Parteigenossin hält sie Rücktrittsforderungen für überzogen und nicht gerechtfertigt. „Wir haben wichtigere Probleme in diesen Zeiten.“ Auch Marius Schmidt erkennt in dem Clip keine Meisterleistung („Ihrer Reputation hat das nichts genutzt!“), möchte aber nicht an Lambrechts Integrität zweifeln – darauf verweisend, dass es sich bei den Kommentaren um private Meinungen handle. Eine offizielle Stellungnahme der Bergsträßer SPD zur Sache gibt es bislang nicht.

Zufrieden mit Berliner „Ampel“

Während Koebe und Reiners am Freitag ihre politischen Schwerpunkte für den Landtagswahlkampf skizzierten, widmete sich Schmidts Stellvertreter Sven Wingerter dem bundespolitischen Geschehen. Der Bundestagswahlkandidat von 2021 (beim Rennen um die Direktmandate unterlag er dem CDU-Mann Michael Meister) stellte der amtierenden Ampel in Berlin ein insgesamt gutes Zeugnis aus. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP habe sich schon drei Monate nach ihrem Start durch die russische Invasion der Ukraine mit einer enormen außenpolitischen Herausforderung auseinandersetzen müssen. In der Folge kam es zur Energiekrise und einer wirtschaftlichen Abwärtsbewegung. Mit den dicken Entlastungspaketen mit einem Volumen von 95 Milliarden Euro habe der SPD-Kanzler mit seinem Kabinett die richtigen Maßnahmen eingeleitet, so Wingerter.

„Versäumnisse der CDU“

Es gehe jetzt darum, den Wechsel zu Erneuerbaren Energien zu forcieren und die „Versäumnisse“ der CDU-Bundesregierung aufzuarbeiten, die zu lange an fossilen Energieträgern festgehalten habe. Auch der Ausbau der sozialen Leistungen (Mindestlohn, Bürgergeld und Wohngeld) sei richtig und wichtig. „Die Regierung liefert“, stellt der DGB-Kreisvorsitzende mit Blick auf die andauernde Krise fest.

„Hessen wird nur verwaltet“

Als „eklatant“ bezeichnet Karin Hartmann die finanzielle Ausstattung der Kommunen durch Bund und Länder. Die Unterversorgung in Hessen sei dramatisch, insbesondere im Vergleich zu vielen Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg. Weitere Mängel sieht sie in der Fachkräfteabdeckung an Grundschulen und im sozialen Bereich sowie im Ausbau des Mobilfunknetzes („Der Odenwaldkreis ist ein Schlusslicht“) und beim Kampf gegen den Rechtsextremismus. Die Landesregierung sei seit Jahren „auf dem rechten Auge blind“. Es sei gerade in diesem Kontext höchst bedauerlich, dass der Vorstoß der SPD für ein Wahlrecht ab 16 Jahren von CDU und Grünen im Landtag abgelehnt wurde. „Das könnte zur Stärkung der Demokratiebildung beitragen“, ist Hartmann überzeugt. Hessen werde momentan aber leider verwaltet statt regiert. Dies habe sich mit dem Wechsel von Volker Bouffier zu Boris Rhein nicht verbessert, so die 63-Jährige, die seit 1995 – mit fünfjähriger Unterbrechung von 2008 bis 2013 – für die Bergstraße im Landtag sitzt.

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