Kreisparteitag

Die Bergsträßer SPD blickt schon auf die nächste Wahl

Von 
Marcel Sowa
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Bergstraße. Was eine erfolgreiche Bundestagswahl doch alles bewirken kann: Gut gelaunt und angriffslustig präsentierten sich die Bergsträßer Sozialdemokraten am Samstag bei ihrem Kreisparteitag im Wald-Michelbacher Ortsteil Schönmattenwag. Schon bei der Begrüßung durch den Vorsitzenden Marius Schmidt, der mit 97,6 Prozent der Stimmen erneut das Vertrauen erhielt, wurde das Stimmungsbild der Genossen deutlich.

„Der Start für neue Ideen“

„Die wichtigste Gewissheit ist für uns, dass es doch kein Naturgesetz ist, dass es von Bundestagswahl zu Bundestagswahl bergab geht. Willkommen beim Parteitag der Gewinner“, verkündete Schmidt unter euphorischem Jubel und Applaus. Doch der Vorsitzende räumte auch ein, dass es sich nur um einen Sieg auf Zeit handle: „Das hier ist der Start für neue Ideen und keine reine Jubelarie.“

Dass sich die Sozialdemokraten nicht auf dem Erreichten ausruhen wollen, wurde in den Wortbeiträgen und Berichten zur Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik deutlich. Zumal es in den vergangenen Monaten durchaus schmerzliche Niederlagen einzustecken galt. Das machte unter anderem Josef Fiedler deutlich. Der Vorsitzende der Kreistagsfraktion erinnerte an die Kommunalwahl, bei der man in weiten Teilen Federn gelassen habe.

Die Zusammenarbeit mit der CDU in den vergangenen fünf Jahren auf Kreisebene bezeichnete Fiedler als „meistens gut“, trotz der grundsätzlich unterschiedlichen Standpunkte. Man habe viel Positives bewegt, etwa die Senkung der Kreisumlage oder die finanzielle Stärkung von sozialen Einrichtungen, Schulen und dem öffentlichen Nahverkehr. Bei anderen Themen habe sich die CDU jedoch quergestellt, zum Beispiel bei den Ganztagsschulen oder dem sozialen Wohnungsbau. Auch zu Landrat Christian Engelhardt hatte Fiedler eine deutliche Meinung: „Bestimmte Themen kann man mit ihm leider nicht durchsetzen. Er ist ein Kind der Ära Roland Koch.“ Seine Fraktion werde, so Fiedler, als stärkste Oppositionskraft im Kreistag die schwarz-grüne Koalition kontrollieren und unbequem sein.

Zeit für den Generationenwechsel

Fiedler betonte auch die Bedeutung junger Mitglieder: dass diese langsam, aber sicher das Zepter in die Hand nehmen und die älteren Genossen in die zweite Reihe zurücktreten müssten. Der Unterbezirksvorstand sei ein positives Beispiel für diesen Wandel, meinte er mit Blick auf Marius Schmidt.

Dieser lobte wie sein Vorredner den Wahlkampf von Karsten Krug, der bei der Direktwahl im Frühjahr gegen Landrat Engelhardt unterlegen war. Die Pandemie sei für den Amtsinhaber ein Wendepunkt gewesen, durch die täglichen Lageberichte habe Engelhardt Pluspunkte sammeln können. „Die Kreistagskoalition hält dem Landrat den Rücken frei und blockt alles weg: Ich bin gespannt, ob dieser Automatismus weitergeht“, sagte Schmidt, der alle Mitglieder dazu aufrief, fordernd und engagiert weiterzumachen.

Nach zwei Jahren „Wahlkampf pur“ gab sich Schmidt erleichtert, im kommenden Jahr durchschnaufen zu können. Doch sein Blick richtet sich schon weiter auf die nächste Landtagswahl, eine allzu große Pause will er sich und seiner Partei nicht verordnen. „2023 ernten wir, was wir vorher säen. Wir dürfen uns nicht ausruhen.“ Auf kommunaler Ebene gelte es, im Bereich Bildung Akzente zu setzen und sich auf die Suche nach einer neuen Geschäftsstelle zu machen.

Wingerter dankt für Unterstützung

Sven Wingerter, der Ende September knapp den Einzug in den Bundestag verpasst hat, dankte in seiner Rede für die Unterstützung im Wahlkampf. Die Nominierung sechs Monate vor der Wahl bezeichnete er als „zu spät“. Im Vergleich mit der CDU hätten einfach nicht dieselben Wahlkampfmittel zur Verfügung gestanden. „Es ist schade, dass wir den Kürzeren gezogen haben, aber ich sehe das mit einem weinenden und lachenden Auge“, sagte er mit Blick auf den Erfolg der Bundes-SPD.

In den weiteren Redebeiträgen sparten die Sozialdemokraten nicht mit Kritik an der hessischen Landesregierung. Schwarz-Grün habe sich vom Motto „Kommunen und Land Hand in Hand“ entfernt, bemängelte der Landtagsabgeordnete Norbert Schmitt. Er sprach von einer „Arbeitsverweigerung der blassen Koalition“. „Wir müssen auch auf Landesebene wieder mehr erreichen und die Staatskanzlei zurückerobern. Die SPD wurde zu Unrecht abgeschrieben, wie man bei der Bundestagswahl gesehen hat.“

Das Urteil des hessischen Staatsgerichtshofes, der das Corona-Sondervermögen der Landesregierung als verfassungswidrig einstuft, begrüßte Schmidt. „Es ist gut, dass diese Sauerei gestoppt wurde. Vielleicht sollten sich die Grünen in Hessen in Bündnis 90/Die Schwarzen umtaufen.“ Auch seine Landtagskollegin Karin Hartmann wurde deutlich: „Das war eine Klatsche für die schwarz-grüne Regierung.“ Am meisten ärgere sie, dass manche Abgeordnete der beiden Parteien keinerlei Demut zeigen würden. Außerdem kritisierte Hartmann den Umgang mit Rechtsradikalismus. „Es wird zu wenig für Aufklärung getan“, sagte sie.

Zum Ende des Parteitags stimmten die Sozialdemokraten noch mehreren Anträgen zu, unter anderem zur anstehenden Wahlkreisreform. Der Landtag werde aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Wähler des Kreises Bergstraße ihrer Anzahl angemessen durch drei Landtagswahlkreise vertreten werden. Ablehnung erhielt dagegen der Vorschlag der Wahlkreiskommission des Landtags, den Wahlkreis Bergstraße-Ost (Wald-Michelbach, Hirschhorn und Neckarsteinach) dem Wahlkreis Odenwald anzugliedern.

Antrag auf „Verhütungsfonds“

Ein weiterer Antrag handelte von der Einrichtung eines Verhütungsfonds für den Kreis Bergstraße. Land und Bund sollen mit den Krankenkassen verhandeln, um mit dem Fonds bedürftigen Frauen und Familien die Kosten für langfristige Verhütungsmittel zu erstatten, hieß es im Beschluss. Befürwortet wurde auch, an Schulen, Berufsschulen, Hochschulen und Universitäten kostenlose Menstruationsprodukte zur Verfügung zu stellen. Dies sei in vielen europäischen Ländern bereits üblich. Es dürfe nicht sein, dass eine „sogenannte Menstruationsarmut oder Periodenarmut gerade einkommensschwache und einkommenslose Frauen in entwürdigende Situationen bringt“.

Wahlergebnisse beim SPD-Parteitag

Der Vorsitzende Marius Schmidt wurde mit 97,6 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Nach einer Satzungsänderung, die während des Parteitags beschlossen wurde, wurden mit Philipp Ofenloch, Karin Hartmann, Josefine Koebe und Sven Wingerter vier statt zwei stellvertretende Vorsitzende gewählt.

Im Amt bestätigt wurden auch Kassenwart Reimund Strauch, Schriftführer Gerhard Herbert und Pressesprecherin Dorothea Liesenberg.

Zu Beisitzern wurden gewählt: Karsten Krug, Susanne Boor, Norbert Schmitt, Dr. Julia Hamm, Marlene Pfeifer, Dr. Sascha Weber, Michael Helbig, Hilde Kille, Michael Kosbau,Andreas Dörsam, Jens Klingler, Silke Lüderwald, Olivia Krämer, Simone Reiners, Petra Brandt, Nils Burkhoff. ms

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