Der lange Weg zur Seitenstreifen-Freigabe auf der A 5

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Nichts geht mehr, jedenfalls so gut wie nichts. Nur sehr langsam kommen die Autos auf der A 5 zwischen Bensheim und Darmstadt voran. Berufsverkehr an einem ganz normalen Werktag. Der Weg an den Arbeitsplatz zieht sich wie fast immer arg in die Länge, weil es einfach zu viele Menschen zur gleichen Zeit in die gleiche Richtung zieht. Auto an Auto reiht sich auf der Schnellstraße, die diese Bezeichnung in diesem Moment vollkommen zu Unrecht trägt.

Wenn dann noch ein Unfall passiert, ist das Chaos perfekt. Dabei muss es gar nicht einmal auf diesem Abschnitt der A 5 krachen. Es reicht schon, wenn es zu einer Karambolage auf der parallel verlaufenden A 67 kommt. Denn dann belastet der Ausweichverkehr die A 5 zusätzlich und bringt sie im Handumdrehen über ihre Kapazitätsgrenzen.

Dieses Ungemach ist bekannt. Bestrebungen für einen dreispurigen Ausbau der Verkehrsader gibt es. Doch bis ein solches Projekt – wenn überhaupt – in die Realisierungsphase kommt, vergehen viele, sehr viele Jahre. Schnellere Abhilfe verspricht da schon die Seitenstreifen-Freigabe. Das bedeutet: Die Standspur wird temporär als dritte Fahrspur zur Benutzung durch den (mehr oder weniger) fließenden Verkehr freigegeben. Doch selbst der Weg zur Umsetzung dieser Maßnahme führt über eine Vielzahl von Hürden.

Die erste und vielleicht wichtigste dieser Hürden wurde im Frühjahr 2017 genommen. Das Bundesverkehrsministerium in Berlin hat – wie es damals der Bergsträßer Bundestagsabgeordnete Michael Meister (CDU) freudig verkündete – mit einem sogenannten Sichtvermerk quasi grünes Licht dafür erteilt, das Vorhaben anzugehen. Doch es ist wie beim Stop-and-go auf der A 5 im Berufsverkehr: Der Sichtvermerk war mit Auflagen versehen, die für die Verkehrsexperten von Hessen Mobil „nicht akzeptabel“ waren.

Die Fachleute kennen sich aus. Schließlich hat man in Hessen schon sehr viel Erfahrung mit der temporären Seitenstreifen-Freigabe gemacht und weiß, was wo und wann funktioniert und den gewünschten Effekt ohne störende Nebenwirkungen erzielen kann. Also hoffen und warten die Experten nun auf einen überarbeiteten Sichtvermerk. Soweit die verwaltungstechnische Seite.

Auf der anderen Seite stehen die unvermeidlichen Baumaßnahmen, die mit der Realisierung eines solchen Vorhabens einhergehen – zum Beispiel im Blick auf die benötigten Schilderbrücken, mittels derer die Freigabe der Seitenstreifen am Ende in der Praxis geregelt wird. Da ist die Frage zu klären, wie viele dieser nicht ganz billigen Schilderbrücken im Verlauf der grob kalkuliert gut 20 Kilometer langen Strecke zwischen der Landesgrenze zu Baden-Württemberg und der Anschlussstelle Seeheim-Jugenheim erforderlich sind. Für die Errichtung der Schilderbrücken ist im Übrigen eine europaweite Ausschreibung erforderlich.

Hinzu kommt eine durchgängige Verkabelung entlang der Autobahn bis zur Verkehrszentrale Hessen in Frankfurt-Rödelheim direkt östlich der A 5 zwischen dem Westkreuz und dem Nordwestkreuz Frankfurt. Dort sitzen die Operatoren, die mittels Verkehrskameras den Verkehr auf allen Autobahnen in Hessen im Blick haben. Doch diese „Fluglosten der Schnellstraßen“ beobachten das Geschehen auf den Schnellstraßen im Bundesland nicht nur, sie steuern es auch – indem sie diejenigen elektronischen Verkehrszeichen auf den Schilderbrücken anzeigen lassen, die den Verkehr in Hessen wenn irgend möglich am Fließen halten.

„All diese Maßnahmen brauchen leider ihre Zeit“, spricht Andrea Moritz, Leiter von Hessen Mobil in Heppenheim, aus langjähriger, vielfältiger und auch leidvoller Erfahrung. Dass tatsächlich der Verkehr dank einer temporären Seitenstreifen-Freigabe auf einer dritten Fahrspur rollen kann, das werde „allerfrühestens 2021“ der Fall sein, dämpft er die Erwartungen.

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