Weinheim. Anfang des 20. Jahrhunderts fanden bergbegeisterte Aktive zusammen, um Sektionen innerhalb des Alpenvereins zu gründen. Sie machten es sich zur Aufgabe, die von britischen und einheimischen Bergpionieren bereits angegangene Erschließung des Alpenraumes im goldenen Zeitalter des Alpinismus auf breiter Ebene weiterzuführen. Die Bergwelt wurde zugänglich gemacht. Zu diesem Zweck gründeten im Januar 1906 sechzehn Weinheimer die DAV-Sektion Weinheim. Unter dem Vorsitz von August Walliser wurde der Grundstein für die später rege Vereinsarbeit gelegt. Odenwaldwanderungen, Fahrten in die Alpen, Lichtbildervorträge und eine erste Bücherei mit Literatur zum Bergsteigen wurden organisiert. Treffen fanden im Café Rheingold statt.
In den1920er-Jahren war der Alpenraum bereits erschlossen, und weiterführende Ziele der Sektion Weinheim wurden neu formuliert. Erstmals warnte Professor Rohrschneider, der als Vorsitzender mehr als 25 Jahre den Verein prägte, vor den Gefahren der Übererschließung des Alpenraumes – ökologische und geologische Erkenntnisse hatte man bereits vertieft. Nach dem Zweiten Weltkrieg suchte Anna Fischer, viele Jahre Schriftführerin, frühere Mitglieder persönlich auf, um das Vereinsleben zu reaktivieren. Kletterausfahrten zum Hohenstein und in die Pfalz wurden ab 1955 organisiert. 233 Mitglieder zählte der Verein 1967.
Zeitsprung ins Jahr 1976: Ernst Henning übernahm den Posten des Vorsitzenden. Mittlerweile zählte der Verein mehr als 1.000 Mitglieder. Die folgende Ära wurde geprägt durch Innovationen, aber auch durch Herausforderungen. Der vom Schuster mit Manchon besohlte Schuh wich dem industriell gefertigten Kletterschuh. Mit verbesserter Hardware und modernen Trainingsmethoden wurde schwerer geklettert, das Freiklettern hielt Einzug in die Kletterwelt. Bergsteiger, Kletterer, Tourengeher, Wanderer, Senioren und Jugend fanden sich unter einem Dach der Sektion. Mittlerweile traf man sich im Hotel Karlsberg, das aufgrund seiner optimalen Räumlichkeiten zum Ort der Begegnung wurde.
Ausbildungen zum Eisklettern und Bergsteigen, Kletterfahrten in die Alpen und nach Südamerika, aber auch Klettertreffs in Schriesheim hatten sich etabliert. Allerdings war der nahe Steinbruch in „Schriese“ von einer Sperrung bedroht. Ernst Henning suchte daraufhin um Weinheim herum nach einem passenden Gelände, um die Angebote des Vereins effektiv ausüben zu können. Nach intensiven Verhandlungen gelang es ihm, mit dem Bauunternehmen Hördt einen Pachtvertrag im Birkenauer Tal abzuschließen, dessen Steinbruch nur noch als Lagerplatz genutzt wurde. Die Steinbrucharbeiten waren zu diesem Zeitpunkt nämlich schon eingestellt.
Die Freude über den nun „eigenen“ Steinbruch mobilisierte viele Mitglieder zum Helfen. Hans Stumpf, der spätere Geländewart, und Hans Walter engagierten sich und koordinierten die Einsätze an der Wand. Den ganzen Winter 1984 hindurch wurde das total verwilderte Areal aufgeräumt. Die alten Baracken der Steinbruchmitarbeiter wurden abgerissen und neue Klettertouren eingebohrt. „Wir saßen um das Feuer in den Pausen, und an manchen Tagen erschienen Mitglieder, die ich vorher noch nie und danach nie wieder gesehen habe“, erzählte Hans Walter. Bereits im April 1985 konnte der Klettergarten bei einer großen Eröffnungsfeier eingeweiht werden. Der ehemalige Steinbruch erhielt den Namen Jakobswand, benannt nach dem Gründer des Bauunternehmens Hördt. Erste Klettertouren wie der Touristenweg und eine Mehrseil-Längentour von Hans Walter wurden angeboten.
Des einen Freud ...
Ein Coup gelang Henning mit dem Kauf des angrenzenden Grundstücks. 1986 wurde die noch heute stehende Jakobshütte in Angriff genommen. 1988 stürzte ein Teil der Begrenzungsmauer zur B 38 ein. Henning: „Für die Firma Hördt war das eine teure Überraschung.“ Für den DAV Weinheim war es allerdings ein Glücksfall. Unter dem Druck der erheblichen Kosten entschloss sich die Firma Hördt zum Verkauf des Grundstücks. Es ist seitdem Eigentum des Vereins und heute Standort des DAV-Kletterzentrums. Die folgenden Jahre galten der weiteren Gestaltung. Anfang 2000 kaufte der DAV unter Leitung von Hans Henninger weiteres Gelände, den heutigen wichtigen Parkplatz am Eingang des Kletterzentrums. 2025 zählt der Verein mehr als 3.000 Mitglieder.
Heute fühlt man sich unter der Jakobswand wie in einem fantastisch angelegten Garten. Kletterer am neuen Kletterturm, der 2023 fertiggestellt wurde, an der Jakobswand und Klettersteiggeher genießen die Wand, und jeden Sommer wird das Sommerfest des DAV gefeiert. Heuer wird es ein Spätsommerfest sein. Der im Juni geplante Termin musste wegen eines instabilen Blocks im Sektor Touristenweg an der Jakobswand verschoben werden. Felssicherungsmaßnahmen dauerten bis in den August an.
Doppelt Grund zum Feiern
Der DAV Weinheim lädt Besucher, ob Kletterer oder nicht, zum Fest am Samstag, 13. September, ab 12 Uhr ein. Es gibt zwei Jubiläen zu feiern: 40 Jahre Jakobswand und 20 Jahre Karola-Steig, der als schwerster Klettersteig nördlich der Alpen gewertet wird. Alle interessierten Besucher dürfen kostenlos auf dem Gelände der Jakobswand in der Birkenauer Talstraße 99 in Weinheim klettern. Anfänger und Kinder werden von ehrenamtlichen Helfern beim Klettern am Kunstturm oder in der Felswand betreut und angeleitet. Für das leibliche Wohl sorgen Mitglieder der Deutsch-Ukrainischen-Gesellschaft.
Vormerken kann man sich bereits den 6. November. Da kommt der Extrem- und Profibergsteiger Ralf Dujmovits um 19.30 Uhr mit seinem Vortrag „Alle 14 Achttausender“ ins Moderne Theater nach Weinheim. Karten können bereits jetzt in der Geschäftsstelle des DAV, im Kartenshop der DiesbachMedien und beim Sommerfest gekauft werden.
Weitere Informationen unter www.davweinheim.de
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