Sanierung - Ein Ort der Wissenschaft mitten in der Stadt

Darmstädter Schloss wird auf Vordermann gebracht

Von 
Joachim Baier
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Darmstadt. Dem Residenzschloss Darmstadt fehlt die ganz große Pracht, es hat etwas Trutziges. "Was einen empfängt, ist kein klassisches Schloss", sagt Thorsten Schmidt, Baudirektor der Technischen Universität Darmstadt (TU). "Es ist eher ein Burgschloss." Der Bau steht aber auf keinem Berg, sondern mitten in Darmstadt - es ist ein Stadtschloss. Der Haupteingang öffnet sich zum Marktplatz hin. Das Schloss sieht etwas mitgenommen aus. Viele Säle sind derzeit leer.

Das Gebäude wird von Grund auf saniert und renoviert, das Land investiert dafür 41 Millionen Euro. 2015/2016 soll es in neuem Glanz erstrahlen. "Dann wird es ein Zentrum der Geisteswissenschaften der Technischen Universität", verspricht Schmidt. Der Bau gehöre zwar dem Land Hessen, die TUD könne in dieser Hinsicht aber unabhängig schalten und walten.

Treffpunkt nicht nur für Studenten

Genutzt wird das Schloss von der Uni schon länger. Bis vor kurzem war auch die Universitäts- und Landesbibliothek in dem Bau untergebracht, sie ist aber in einen fast 74 Millionen Euro teuren Neubau in der Nähe umgezogen. Dadurch bekommen die Soziologen, die Politik- und Geschichtswissenschaftler mehr Platz in dem Schloss. Treffpunkt ist das Schloss aber nicht nur für Studenten, sondern auch für andere Darmstädter.

Die Anfänge des Residenzschlosses gehen zurück ins 13. Jahrhundert, als die Grafen von Katzenelnbogen eine Wasserburg gründeten. "Dieser Anfang ist etwas Besonderes", sagt Peter Engels vom Stadtarchiv Darmstadt. "Auch Stadtschlösser gibt es in Hessen weniger." Nach dem Aussterben derer von Katzenelnbogen fiel der Bau im 15. Jahrhundert an die Landgrafen von Hessen. Es gab Krieg und Krisen, Brände und Baumaßnahmen.

Und knappe Kassen. Nach einem großen Brand im 18. Jahrhundert sollte eine gewaltige barocke Anlage her. Landgraf Ernst Ludwig beauftragte 1715 den Architekten Louis Remy de la Fosse mit dem Bau eines gewaltigen vierflügeligen Neuschlosses. Das Projekt war finanziell aber eine Nummer zu groß, gebaut wurden nur die Süd- und die Westflügel. "Noch etwas Besonderes an dem Schloss", sagt Falko Lehmann vom Landesamt für Denkmalpflege.

Nach dem Ersten Weltkrieg fiel das Residenzschloss an das Land Hessen. Der schwärzeste Tag der Geschichte dürfte der Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg am 11./12. November 1944 gewesen sein. In der Brandnacht wurde der Bau fast vollständig von den Flammen zerstört.

Da die große Bibliothek - sie beherbergt rund 5,5 Millionen Medien - Platz gemacht hat, kann die Universität die Säle und Räume für Studenten und Verwaltung nutzen. Die haben den Charme der 1950er und 1960er Jahre. Die Original-Deckenlampen hängen noch. "Hier ist die Zeit stehengeblieben", sagt Anette Hochberg vom TU-Baudezernat beim Gang durch den jetzt leeren Bereich. "Wegen der Denkmalpflege müssen wir das erhalten."

In den noch funktionierenden Aufzügen von früher hängen Telefone in klassischem Grau mit Wählscheibe. "Aus der Zeit des Wiederaufbaus soll die Substanz erhalten bleiben", betont Schmidt - und die Rolle des Schlosses als kulturelle Mitte Darmstadts.

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