Darmstadt/Bergstraße. Besondere Würdigung für Tatjana Steinbrenner: Die Inhaberin des Bensheimer Traditionskaufhauses Ganz und Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar wurde am Freitag mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie erhielt die Auszeichnung aus den Händen des hessischen Wirtschaftsministers Tarek Al-Wazir. Vor zahlreichen Gästen betonte der Minister in Darmstadt das berufliche und ehrenamtliche Engagement Steinbrenners. Neben dem unternehmerischen Erfolg engagiere sie auch für die wirtschaftliche Zukunft des Handels in Bensheim und Südhessen sowie bei der Digitalisierung der Branche auch während der Hochphase der Corona-Krise.
Geschätzte Stimme des Handels
„Unser Land braucht Menschen wie Sie, die sich konstruktiv einsetzen und Verantwortung übernehmen“, so Al-Wazir im IHK-Gebäude, wo Kammerpräsident Matthias Martiné die Gäste begrüßte, die aus ganz Deutschland nach Südhessen kamen. Die Auszeichnung sei nicht nur eine persönliche Ehre, sondern auch für die IHK ein ganz besonderer Anlass. Martiné bezeichnete die Bensheimerin als kompetente, authentische und auch in der Politik hoch geschätzte Stimme des Handels. Als Vizepräsidentin sei sie „unser Gesicht im Kreis Bergstraße“. Seit vielen Jahren setze sie sich mit Leidenschaft und Fachkenntnis für die Lebensqualität in der Region ein.
Eine treibende Kraft
Der Minister würdigte sie als kluge und verantwortungsvolle Unternehmerin, die neben ihrem beruflichen Schaffen ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein für die Allgemeinheit zeige. Die sei vorbildlich und beispielhaft. Auch nach Beginn der Pandemie im Jahr 2020, als der stationäre Handel vielerorts kaum noch Perspektiven gesehen hatte, habe sie darum gekämpft, Arbeitsplätze zu erhalten und kreativ neue Wege zu gehen. Unter anderen war Tatjana Steinbrenner eine treibende Kraft bei Konzepten wie „Heimat shoppen“, „Lebenswerte Region“ oder „einfach handeln“ zur nachhaltigen Stärkung der Innenstädte, betont die IHK. In Bensheim hatte sie maßgeblich die Einführung des „Regionalen Regals“ begleitet und ein Online-Format lanciert, um weiterhin den Kontakt zum Kunden zu pflegen.
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Darüber hinaus habe sie die Lockdowns genutzt, um an der partiellen Digitalisierung des Einzelhandels mitzuarbeiten, so Tarek Al-Wazir in Darmstadt. Das 1936 gegründete Bensheimer Kaufhaus, das sie seit 2009 mit ihrer Schwester Katjuscha Maschik in dritter Generation führt, sei nicht nur Ausbilder und Arbeitgeber, sondern habe auch den kaufmännischen Ausbildungsgang E-Commerce mit ins Portfolio aufgenommen. Mit seinen rund 60 Mitarbeitern sei das klassische Kaufhaus trotz Online-Boom (gerade in Corona-Zeiten) nach wie vor ein Anker für den lokalen Einzelhandel der Stadt.
Auch Bürgermeisterin Christine Klein sprach in Darmstadt von einer wichtigen Institution für das örtliche Leben mit einer Strahlkraft bis weit über die Grenzen hinaus. Aber auch als Ideengeberin und Ratgeberin der Stadtkultur sei Steinbrenner als kreative Netzwerkerin sehr geschätzt.
Seit über 20 Jahren ist Steinbrenner ehrenamtlich in der IHK-Vollversammlung engagiert, dem Handelsausschuss steht sie seit 2014 vor. Als Unternehmerin und Branchen-Lobbyistin vertrete Interessen sehr engagiert und hart in der Sache, so der Wirtschaftsminister, der schon mehrere Diskussionen mit ihr miterlebt habe, wie er schmunzelnd anmerkte. Der Dialog mit der Politik sei bislang trotz bisweilen sehr unterschiedlicher Haltungen stets konstruktiv abgelaufen.
In gelöster Stimmung
Es brauche Menschen wie sie, die Politik und Wirtschaft enger zusammenbringen und in diesem Anliegen eine große Bühne bespielen können. Unter anderem ist sie auch im Handelsausschuss des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Berlin vertreten. Erst Mitte Oktober hatte die Tageszeitung „Die Zeit“ ein großes Interview mit ihr veröffentlicht. Überschrift: „Ich kämpfe für das, was ich liebe.“ Dies spiegele genau ihre Einstellung, sagte Al-Wazir, der noch leise hinzufügte, dass ihm selbst in diesem Medium noch keine ganze Seite gewidmet worden sei. „Daran muss ich noch arbeiten“
Die Stimmung war auch sonst gelöst bei der IHK, wo auch der Präsident des Handelsverbands Hessen, Jochen Ruths, sprach. Tatjana Steinbrenner vertritt den Verband als Präsidentin für die Region-Hessen-Süd. Ruths lobte deren Bemühungen im Zuge der strukturellen Neuordnung innerhalb des Branchen- und Arbeitgeberverbands. Es sei auch ihr Verdienst, wie der Verband heute aufgestellt sei. Als Kollegin schätze er ihre tiefe Fachkenntnis, die Bensheimerin sei ein versierter Insider und auf allen Ebenen ihres sehr breit gefächerten Netzwerks engagiert. Ruths streifte in seiner Rede aber auch das dunkle Kapitel der Bensheimer Kaufhausgeschichte über dessen Gründungsgeschichte in den 30er Jahren. Als Inhaberin gehe sie heute bewusst offen mit diesem Thema um, sagte er: „Sie stellt sich der Vergangenheit.“
Ihr Rat wird geschätzt
„Tatjana Steinbrenner wird gehört, weil man ihren Rat schätzt“, so Ruths. Sie kämpfe für die Sache, und dies tue sie „in Wort, Ton und Bild hervorragend“. Sie brilliere auf allen medialen Kanälen und engagiere sich tatkräftig für eine gute Zukunft der Innenstädte.
„Damen tragen ihn eine Handbreit unter der linken Schulter“, teilte Tarek Al-Wazir die Ordens-Etikette mit und befestigte Tatjana Steinbrenner (nach anfänglichen Mühen) das Bundesverdienstkreuz am Kleid. Diese zeigte sich in ihre Dankesrede sehr bewegt und tief berührt über diese hohe Wertschätzung. Sie verstehe die Auszeichnung als Würdigung ihrer Herzensthemen Innenstadthandel, Unternehmertum und Regionalentwicklung - sehe sie aber auch als Motivation, in diesem Sinne weiterzumachen.
Steinbrenner dankte ihren Mitarbeitern in Bensheim und den Kollegen in der Kammer, die sie in ihrer beruflichen und ehrenamtlichen Karriere begleitet und unterstützt haben. Es gehe ihr weiterhin darum, für gute wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Perspektiven einzutreten und dafür möglichst viele Menschen zu gewinnen. „Der Handel in Hessen gehört heute zu den innovativsten Branchen“, sagte sie nicht ohne einen gewissen Stolz über die Gewissheit, daran mitgewirkt zu haben.
Alles andere als überholt
Trotz Pandemie sei sie vom Konzept des klassischen Kaufhauses nach wie vor überzeugt. Der persönliche Besuch des Berliner KaDeWe im November - nach dem spektakulären Umbau des größten Warenhauses von Europa - habe sie nochmals darin bestätigt: das Kaufhaus sei alles andere als überholt oder rückschrittlich. Es brauche aber Menschen, die an diese Idee glauben sowie „ein Team, das diesen Spirit mitträgt.“ Einen besonderen Dank richtete sie an ihre Familie und besonders an ihren Vater, den Senior-Chef Peter Sturm. Er und seine im Januar 2020 verstorbene Frau Ursula Sturm-Ganz wurden 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Unter den weiteren Gästen in Darmstadt waren IHK-Hauptgeschäftsführer Robert Lippmann, die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz, Landrat a.D. Matthias Wilkes und die Landtagsabgeordnete Birgit Heitland. (tr)
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