Bauarbeiten

Bulldozer machen Weizenfelder an der A 5 platt

Im Zuge von Bauarbeiten an der A 5 zwischen den Anschlussstellen Ladenburg und Heddesheim/Hirschberg sind in der vergangenen Woche mehrere nahezu erntereife Weizenfelder mit Bulldozern niedergewalzt worden.

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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An der A 5 bei Ladenburg sind fast erntereife Weizenfelder von Bulldozern plattgemacht worden – im Auftraq der Autobahn GmbH. © Markus Schwetasch

Region. Im Zuge von Bauarbeiten an der A 5 zwischen den Anschlussstellen Ladenburg und Heddesheim/Hirschberg sind in der vergangenen Woche mehrere nahezu erntereife Weizenfelder mit Bulldozern niedergewalzt worden. Das hat eine Sprecherin der Autobahn GmbH auf Anfrage der Redaktion bestätigt. Die Größe der Fläche wird mit 21 000 Quadratmetern angegeben.

Diakon Tomas Knapp von der katholischen Seelsorgeeinheit Ladenburg-Heddesheim traute seinen Augen nicht, als er Anfang der vergangenen Woche auf der Autobahn von Ladenburg nach Weinheim fuhr und die Erdarbeiten in Leutershausen sah. Er setzte sich deshalb später aufs Rad, um sich das Ganze aus der Nähe zu betrachten. „Da wurden mehrere Tonnen Weizen vernichtet“, klagt er. Sicher werde die Fläche für Baumaßnahmen benötigt. „Aber man hätte auch noch warten können, bis die Felder abgeerntet sind.“

Auf Nachfrage informiert die Pressesprecherin der Autobahn GmbH Niederlassung Südwest ausführlich über diese Baumaßnahme. Eine Firma saniere derzeit einen rund 6,5 Kilometer langen Streckenabschnitt auf der A 5 zwischen der Anschlussstelle Ladenburg und dem Autobahnkreuz Weinheim. „Dabei wird die Betonfahrbahn in Fahrtrichtung Frankfurt grundhaft erneuert“, schreibt sie. Als Auftraggeberin sei die Autobahn GmbH Niederlassung Südwest für die Planung und Ausschreibung der Maßnahme verantwortlich. Sie gebe die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben wie zum Beispiel des Naturschutz- und des Bodenschutzgesetzes vertraglich vor und überwache sie während der Umsetzung. In der Verantwortung der beauftragten Baufirma liege dagegen „die Umsetzung der Baumaßnahme sowie die dafür notwendige Beschaffung personeller und materieller Ressourcen sowie eventuell benötigter Flächen“.

Zahlen und Daten

Rund 21 000 Quadratmeter Ackerland wurden an der A 5 zwischen Weinheim und Ladenburg abgetragen.

Auf dieser Fläche hätten rund 14 Tonnen Weizen geerntet werden können.

Aus dieser Menge lassen sich etwa 11 Tonnen Mehl mahlen.

Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 70 Kilo Weizenmehl pro Jahr und Person in Deutschland wären 145 Menschen davon ein Jahr lang satt geworden.

Bei der aktuellen Maßnahme auf der A 5 habe die ausführende Baufirma entschieden, den benötigten Beton nicht in einem Werk produzieren und anliefern zu lassen, sondern ihn vor Ort in zwei Mischanlagen selbst herzustellen. Durch die kurzen Transportwege von hier zur Baustelle könne zeiteffizienter und damit wirtschaftlicher gearbeitet werden. Die Belastungen für Autobahn-Nutzer und Anliegergemeinden werde durch den reduzierten Baustellenverkehr erheblich verringert. Um die temporär genutzte Fläche nach Abschluss der Baumaßnahme wieder landwirtschaftlich nutzen zu können, wird der nährstoffreiche und damit sehr wertvolle Oberboden abgetragen und zwischengelagert.

In der Summe habe die Baufirma deshalb eine Fläche von rund 21 000 Quadratmetern abgetragen. Diese Fläche werde anschließend wieder aufwendig hergerichtet, unter anderem gelockert, bevor der Oberboden aufgetragen wird. Ziel der jetzt gewählten Vorgehensweise sei es, Verkehrseinschränkungen zu minimieren und Umweltschutzaspekte – wie zum Beispiel Fristen für Rodungsmaßnahmen – zu berücksichtigen. „Die Rücksichtnahme auf variable Termine wie Erntemaßnahmen ist dabei nicht immer möglich“, teilt die Pressesprecherin der Autobahn GmbH mit: „Trotz der genannten Gründe bedauern wir sehr den entstandenen Verlust des Getreides.“

„Aus ethischen Gründen halte ich diese Vorgehensweise für äußerst fragwürdig, zumal uns die Politik zum rechten Umgang mit Lebensmitteln anhält“, kritisiert Diakon Tomas Knapp, und damit steht er nicht alleine. Auf den Vorfall angesprochen, schreibt die örtliche Wahlkreisabgeordnete Franziska Brantner (Bündnis 90/Grüne): „In Zeiten von steigenden Preisen und globaler Weizenknappheit müssen wir besonders achtsam mit Lebensmitteln umgehen. Es ist ärgerlich, dass auf die Weizenernte in diesem Fall anscheinend keine Rücksicht genommen wurde.“

Ähnlich äußert sich auch Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU): „Es ist für mich unverständlich, warum hier nicht sensibler agiert wurde.“ Moralische Bedenken formuliert auch der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Rhein-Neckar, Wolfgang Guckert: „Wenn man es vermeiden kann, erntereife Nahrungsmittel zu vernichten, sollte man es vermeiden.“

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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