Aktienranking

Merck und Dentsply Sirona im Aktienranking weiterhin schwach

Die Börsenregel des britischen Adels gilt dieses Jahr nur für wenige Aktien aus der Region: Steigende Renditen von Staatsanleihen machen Aktien weniger attraktiv. TE Connectivity weiterhin stark.

Von 
Michael Roth
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Bergstraße. Ab Samstag werden wieder Aktien gekauft. Zumindest wenn es nach der Anlageregel des englischen Adels im 18. Jahrhundert geht. Denn am Samstag ist St. Leger’s Day, der Septembertag, an dem eine traditionelle Serie von Pferderennen endet. Und die Regel lautete so: „Sell in may and go away, come back on St. Leger’s day“. Auf Deutsch: Verkaufe (Aktien) im Mai und komm zurück an St. Leger’s day (und kaufe wieder).

Zwischen April und dem St. Leger’s Day verbrachte der Adel die Zeit auf den Landsitzen. Zuvor verkaufte er seine Wertpapiere, was auf die Kurse drückte. Im Herbst wurde wieder gekauft und die Kurse stiegen. Abgewandelt bekannter ist die Regel unter: „Sell in May an go away, but remember to come back in September.“ Und Wissenschaftler haben mit Dax-Zeitreihen und anderen inklusive saisonaler Bereinigungen festgestellt: Es ist etwas dran an der Investmentregel des englischen Adels, wenn auch nicht unbedingt jedes Jahr.

Eine andere Regel spricht dieser Tage allerdings gegen allzu große Aktieninvestments. Denn erstmals seit langem liegt die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen über der Dividendenrendite im Dax. Noch stärker steigen die Anleihezinsen in Frankreich. Die Rendite der 30-jährigen Staatsanleihen lag zuletzt bei 4,5 Prozent. Und am heutigen Freitag könnte die Ratingagentur Fitch Frankreich herabstufen. Dann müssen noch höhere Zinsen für Staatsschulden bezahlt werden. Auch der britische Markt steht unter Druck, hier müssen ebenfalls Staatsfinanzen saniert werden. Ganz zu schweigen von den USA. Letztgenannte müssen noch höhere Anleihezinsen zahlen. Das sind alles keine guten Nachrichten für die Aktienmärkte. Es bleibt immerhin die Hoffnung auf den St. Leger’s Day.

Im Aktienranking des Bergsträßer Anzeigers zeigten die Depots Bergstraße/Südhessen und Rhein-Neckar in den vergangenen Wochen eine stabile Entwicklung. Das Depot Rhein-Main verlor drei Prozent. Legt man die Anlageregel des britischen Adels zugrunde, dann hätte sich ein Verkauf von Papieren im Mai und ein Kauf im September nur im Depot Rhein-Neckar sowie im Depot Südhessen/Bergstraße bedingt rentiert. Im Depot Rhein-Main hätten die Anleger mit Mai-Verkäufen Kurssteigerungen bis September nicht mitgenommen.

TE Connectivity wird immer mehr zum Wachstumsmotor.

Im Einzelnen sieht das wie folgt aus. Im Depot Bergstraße/Südhessen wird der Elektrotechnikkonzern TE Connectivity immer mehr zum Wachstumsmotor. Die Aktie legte in den letzten zwölf Monaten um rund ein Viertel zu. Zuletzt wurden Umsatz und Gewinnrekorde vermeldet. Und im laufenden Quartal soll es gerade so weitergehen. Das Automobilgeschäft wächst in Asien und schwächelt in den USA und Europa. Die Industriesparte allerdings mit Kunden aus Automation, Energie, Luftfahrt und Verteidigung hingegen legte ein zweistelliges Wachstum hin.

Eine gegenteilige Entwicklung ist beim größten Arbeitgeber an der Bergstraße, Dentsply Sirona, auszumachen. Hier liegt der Aktienkurs um gut 40 Prozent unter dem Vorjahreswert. Nun soll es Daniel Scavilla als neuer Vorstandschef richten. Doch dessen Ernennung im Juli hatte noch keine durchgreifend positiven Folgen für den Aktienkurs. Zumal zuletzt Umsatzrückgänge und ein Quartalsverlust bekanntgegeben wurden. An Zuversicht mangelt es zumindest am Standort Bensheim nicht. Dort liegt die Zahl der Azubis auf Rekordniveau. Und der neue Konzernchef hat entschieden, dass die Sparte Kontinenzproduke nicht verkauft wird, sondern im Konzern bleibt.

Auch die Aktie des Darmstädter Merck-Konzerns ist seit einem Jahr im Sinkflug. Und Besserung ist nicht in Sicht. Florent Cespedes vom US-Analysehaus Bernstein Research passte ihre Bewertungsmodell an die jüngst schwachen Quartalsergebnisse und die nach unten präzisierten Jahresziele an. Die Erholung im Halbleitergeschäft der Darmstädter gehe langsamer vonstatten als gedacht, lautete ein Grund.

Auch beim Zwingenberger Biotechunternehmen Brain gab es zuletzt keine guten Nachrichten. Wieder einmal wurden sinkende Quartalsumsätze und höhere Verluste gemeldet. Als Gründe werden ein allgemein eingetrübtes wirtschaftliches Umfeld und damit Verzögerungen bei Abschlüssen von Verträgen im Bereich Auftragsforschung angeführt.

Südzucker meldet enttäuschende Quartalszahlen

Im Depot Rhein-Neckar hielten sich fast alle Aktien auf dem Niveau vom August. Einzige Ausnahme war das Südzucker Papier. Der Konzern meldete zuletzt enttäuschende Quartalszahlen und die Prognose fürs Gesamtjahr wurde gekippt. Erwartet werden geringere Umsätze und ein deutlich schwächeres Ergebnis. Belastend wirkten unter anderem niedrige Zuckerpreise auf dem Weltmarkt, ausgelöst durch gute Ernten in Brasilien und den schwachen brasilianischen Real.

Bei der BASF ist die Analystenschar zurückhaltend. Die meisten Finanzexperten raten zum Halten der Aktie. James Hopper vom US-Analysehaus Bernstein Research setzt auf ein Ende des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, auch wenn es zuletzt nicht danach aussah. Doch sollte es zu einem Waffenstillstand kommen, dann könnte die BASF von niedrigeren Energiepreisen und wieder anziehenden Industriegeschäften profitieren.

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In einsamen Höhen bewegt sich im Depot die Aktie des Softwarekonzerns SAP. Toby Ogg von JPMorgan ist auch weiterhin zuversichtlich. In Gesprächen hätten führende Unternehmensmanager aus dem Bereich Informations- und Kommunikationsmanagement sowie Technologieexperten mit Blick auf das Thema „Tod der Software“ durch Künstliche Intelligenz (KI) viel positiver geklungen als die dazu vorherrschenden negativen Ansichten am Aktienmarkt. Etliche Experten seien sogar der Meinung, dass sich die Aussichten für Unternehmenssoftware durch die großen Sprachmodelle für das Training von KI sowie KI-Agenten verbessert hätten.

Wieder aufwärts könnte es mit der Aktie des Schmierstoffkonzerns Fuchs (früher Fuchs Petrolub) gehen. Die negative Kursreaktion auf die Quartalszahlen sei übertrieben, meint Oliver Schwarz vom Analysehaus Warburg Research. Der Konzern trete auf die Kostenbremse, was positiv auf die Gewinne im restlichen Jahresverlauf wirken sollte.

Fresenius-Aktienkurs in drei Jahren mehr als verdoppelt

Im Depot Rhein-Main ist Fresenius, der Krankenhausbetreiber (Helios-Kliniken) und Hersteller von Medizinprodukten und Medikamenten, der große Gewinner jüngsten Vergangenheit. Der Aktienkurs hat sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt. Und es könnte noch weiter aufwärts gehen. Graham Doyle von der Schweizer Großbank glaubt, dass die Phase steigender Markterwartungen bei weitem nicht vorüber sei. Und Sven Kürten von der DZ Bank lobt die konsequente Entschuldungsstrategie des Managements, die nun Früchte trage. So steige der Nettogewinn deutlich stärker als das operative Ergebnis. Für die kommenden Jahre erwartet er hier weitere kräftige Zuwächse.

Drei Regionen – drei Depots: Das Aktienranking des Bergsträßer Anzeigers

Der Bergsträßer Anzeiger hat verschiedene regionale Aktiendepots zusammengestellt und berichtet in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung dieser (fiktiven) Geldanlagen .

Im Depot Bergstraße/Südhessen sind die Anteilsscheine des Dentaltechnikweltmarktführers Dentsply Sirona enthalten, ebenso die Papiere von TE Connectivity. Beide Konzerne sind an US-Börsen notiert. Für den besseren Vergleich werden Euro-Wechselkurse verwendet. Mit von der Partie sind die Anteilsscheine des Flurfördertechnikunternehmens Jungheinrich und des Zwingenberger Biotechunternehmens Brain. Nicht fehlen darf natürlich der Dax-Konzern Merck aus Darmstadt.

Im Depot Rhein-Neckar liegen Aktien des Softwarekonzerns SAP, des Mannheimer Energieversorgers MVV, von Südzucker, dem Schmierstoffkonzern Fuchs Petrolub sowie der BASF.

Das Depot Rhein-Main enthält Papiere der Deutschen Bank und der Commerzbank, sowie von Lufthansa und Fraport. Hinzu kommt der Bad Homburger Fresenius-Konzern. mir

In der Bankenwelt wird die geplante Übernahme der Commerzbank durch die italienische Unicredit zum Dauerthema. Ein Ende ist nicht in Sicht. Im operativen Geschäft sieht Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan die Aktie nach ihrer Kursrally nun fair bewertet. Die Commerzbank habe sich bis 2028 ambitionierte Ziele gesetzt. Die Markterwartungen hätten sich aber bereits entsprechend angepasst. Abouhossein präferiert in Deutschland nun die Papiere der Deutschen Bank, denen er sogar den kurzfristig besonders positiven Stempel „Positive Catalyst Watch“ aufdrückte.

Bei der Lufthansa läuft nach Ansicht von Jarrod Castle, Aktienexperte bei der Schweizer UBS, im laufenden Quartal alles erwartungsgemäß. Späte September-Buchungen und Streikpotenzial wie beispielsweise in Frankreich könnten das Blatt aber noch zum Positiven oder Negativen wenden. Da die Gewinnmargen von Fluggesellschaft selbst in guten Zeiten eher mager seien, stünden die Kosten besonders im Fokus, so Alex Irving vom US-Analysehaus Bernstein Research. Relativ zur Konkurrenz stünden mit Blick auf die Kosten Ryanair und IAG (unter anderem British Airways, Iberia, Aer Lingus, Vueling) besser als die Lufthansa da.

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