Ried

Hochwasser am stillgelegten Kernkraftwerk in Biblis

Aus dem Untergrund drückt Wasser auf die freie Fläche, auf der früher die beiden Kühltürme von Block A standen.

Von 
Daniela Hoffmann , Petra Schäfer und Stephen Wolf
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Der betroffene Bereich auf dem Gelände in Biblis. © Jürgen Strieder

Biblis. In Biblis stellt das Rheinhochwasser die Feuerwehren vor große Herausforderungen. „Wir haben seit 7 Uhr eine durchgehende Deichwache eingerichtet“, berichtet Gemeindebrandinspektor Christian Neumann am Montagvormittag. Zusätzlich war die Mithilfe der Feuerwehrleute aus Biblis und der Region sowie von Werkfeuerwehren aus dem Umkreis gefragt. Sie stellen auf dem am Rhein gelegenen Kraftwerksgelände ihre Pumpen zur Verfügung, um Druckwasser abzupumpen. Dort drückt aus dem Untergrund Wasser auf die freie Fläche, auf der früher die beiden Kühltürme von Block A standen. Diese sind im vergangenen Jahr abgerissen worden.

„Dieser Bereich liegt tiefer als das restliche Kraftwerksgelände, das aufgeschüttet wurde“, erklärt RWE-Sprecher Alexander Scholl auf Nachfrage. Weder das Areal, auf dem der Rückbau des Atomkraftwerks läuft, noch die Flächen mit den Lagerhallen für Atommüll seien von dem Druckwasser betroffen. Das Wasser von der tiefer gelegenen Ebene laufe in den Objektschutzgraben oder auf die angrenzenden Felder und in das Grabensystem, das die Äcker entwässern soll.

Um das Grabensystem nicht zusätzlich zu den bereits vorhandenen Wassermengen durch den Dauerregen zu belasten, werden Pumpen eingesetzt. „Damit können wir das an die Oberfläche getretene Druckwasser in den Rhein zurückleiten“, erklärt Scholl. Warum der ehemalige Standort der beiden abgerissenen Kühltürme unter Wasser steht, sei noch nicht geklärt. Die Suche nach der Ursache gehe weiter.

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Mindestens bis Dienstag werden die Bibliser Feuerwehrleute 24 Stunden am Tag entlang der Deiche im Dienst sein. „Sie sind in Zwölf-Stunden-Schichten eingeteilt“, sagt der Gemeindebrandinspektor. So werde gewährleistet, dass regelmäßig jemand auf den Deichwegen unterwegs ist und überprüft, ob der Schutzwall hält. Zwischendurch geht’s zurück ins Feuerwehrgerätehaus. Unterstützt werden die Feuerwehrleute von der DLRG und dem Roten Kreuz. Die permanente Überwachung der Deiche könne erst dann gelockert werden, wenn der Rheinpegel die 6,50-Marke unterschreitet, sagt Christian Neumann.

„Die Zufahrtsstraßen zum Rhein in Nordheim sind gesperrt“, betont der Gemeindebrandinspektor. Er appelliert auch an die Bevölkerung, auf Spaziergänge in der Nähe der überschwemmten Gebiete zu verzichten. Wildtiere könnten ansonsten auf ihrer Flucht vor den Wassermassen gefährdet werden.

Auch an den Ufern Lampertheims wird die Hochwasserlage genau beobachtet. Wie Erster Stadtrat Marius Schmidt auf Anfrage sagte, hat das Regierungspräsidium Darmstadt eine 24-stündige Deichwacht angeordnet, die Mitarbeiter der Stadtverwaltung seien am Montagmorgen eingewiesen worden.

„Die Situation war zunächst angespannt, aber noch nicht kritisch“, fügte Schmidt hinzu. Personen seien glücklicherweise bisher nicht zu Schaden gekommen. Doch seien beispielsweise am Altrhein einige Bäume von den Wassermassen weggespült worden.

Auch die Flächen rund um die Rheinbrücke zwischen Lampertheim und Worms waren am Montag überflutet, außerdem war nach Angaben von Marius Schmidt auch eine Lampertheimer Gaststätte in der Nähe des Rheins überflutet.

Der Rheinpegel lag am Montagnachmittag bei Worms bei 6,71 Metern. Nach Prognosen der Hochwasservorhersagezentrale Rheinland-Pfalz sollte der Pegel am frühen Dienstagmorgen den Höhepunkt mit etwa 7,4 Metern erreichen, danach sei zunächst mit einem Rückgang zu rechnen.

Zwar stellt sich der Kampf gegen die Wassermassen in Süddeutschland wesentlich dramatischer dar, als die Hochwassersituation im südlichen Ried. Dennoch wurden in Lampertheim bereits am Wochenende Ufergebiete abgesperrt, damit sich Wildtiere dorthin zurückziehen können.

Im Bereich Wehrzollhaus hatte Hofheimer Feuerwehrleute nach Angaben von Wehrführer Heiko Seib am Sonntag ein verirrtes Rehkitz gerettet und ins Trockene gebracht. „Wir appellieren an die Menschen, die Absperrungen ernst zu nehmen und den gebotenen Abstand einzuhalten“, sagte Schmidt, der als Dezernent auch für das Ordnungsamt zuständig ist.

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dpa/lhe
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Im Lampertheimer Stadtteil Rosengarten, seien die Keller einiger Anwohner unter Wasser gestanden. „Solche Fälle gibt es bei Hochwasser stets. Das ist sehr ärgerlich für die betroffenen Menschen. Andererseits haben wir zum Glück hier kein Land unter, so dass zumindest aktuell keine größere Gefahr besteht“, sagte etwa Oliver Schmitt, Vorsitzende der Bürgerkammer Rosengarten. Gleichwohl, so Schmitt, wirkten sich extreme Wetterereignisse, wie Starkregen oder auch länger anhaltende Trockenheit im Stadtteil aus. So habe es wenige Tage vor dem aktuellen Hochwasser Absenkungen am Stephansgraben, nahe der B 47 gegeben. „Das könnte durchaus auf den Einfluss extremer Wetterlagen zu tun haben“, mutmaßt Schmitt.

Von den aktuellen Überflutungen in der Region sind auch die Landwirte betroffen. Allein auf dem Biedensand ist aktuell eine Anbaufläche von 120 Hektar überschwemmt“, beschreibt Willi Billau vom Starkenburger Kreisbauernverband die Situation am Montag. Auch in anderen Gebieten in Lampertheim und im Ried stehen demnach Felder unter Wasser.

„Egal, ob es um Getreide geht oder etwa um Zuckerrüben, es ist jetzt schon klar, dass es Ausfälle geben wird“, sagt der 65 Jahre alte Landwirt aus Lampertheim. Zahlreiche Bauern müssten ihre Umsatzprognosen neu kalkulieren.

Die Arbeit der Lampertheimer Feuerwehr und der Wehren aus den Stadtteilen zog sich am Montag bis in dem Abend hin. Neben dem Einsatz in Biblis waren 70 Feuerwehrleute auch im Technischen Zentrum der Stadt beschäftigt. Dort füllten sie - laut Erstem Stadtrat - zusammen mit Mitarbeitern des Städtischen Bauhofs 5000 Sandsäcke, die andernorts in Südhessen am Rhein gebraucht wurden.

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) setzt nun vorerst eine Wetterberuhigung ein. Am Dienstag soll es tagsüber niederschlagsfrei bleiben.

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Redaktion Redakteurin Südhessen Morgen

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