Geflüchtete

Bezahlkarte: „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“

Der zuständige Dezernent und Hauptamtliche Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf registriert bei der Einführung an der Bergstraße einige Probleme.

Von 
Angela Schrödelsecker
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Die Einführung der Bezahlkarte läuft schleppend © picture alliance/dpa

Bergstraße. Im Kreis Bergstraße ist die Bezahlkarte für Geflüchtete nach wie vor nicht flächendeckend eingeführt worden - obwohl sie von Seiten der Verwaltung von Anfang an deutlich befürwortet wurde. Auf Anfrage der Redaktion teilte der zuständige Dezernent und Hauptamtliche Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf mit, dass von den 2.212 Menschen (Stand 1.8.), die im Kreis aktuell Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, 121 eine Bezahlkarte erhalten haben. Sie haben sie, wie Schimpf erklärt, entweder in der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen erhalten oder auch vom Kreis direkt. Aktuell gibt der Kreis allerdings nur Bezahlkarten an Ausreisepflichtige aus.

Matthias Schimpf ist grundsätzlich ein großer Befürworter einer Bezahlkarte. Mit der aktuellen Situation ist er allerdings unzufrieden: „Die Karte kann leider nicht alles, was wir uns gewünscht hätten. Wir haben extra keinen eigenen Weg im Kreis Bergstraße eingeschlagen - was wir durchaus gekonnt hätten. Wir haben uns für eine gemeinsame hessische Lösung entschieden. Aber man muss sagen: Gut gemeint, ist nicht gut gemacht.“ Schimpf kritisiert zum einen, dass es keine Anbindung an das zentrale Fachverfahren gibt. Diese Integration werde für das dritte Quartal dieses Jahres erwartet. Das bedeutet aber aktuell: „Momentan stellt die Bezahlkarte keine Vereinfachung der Abläufe dar. Wir verzeichnen einen Mehraufwand in unserer Behörde.“ Denn durch die fehlende Schnittstelle müssten die Stammdaten individuell übertragen werden. Das sei sehr aufwendig und von der Verwaltung kaum zu leisten. Zudem merkt Schimpf an, dass das System technisch nicht einwandfrei läuft. Das habe man dem Land auch bereits mitgeteilt.

Die Bezahlkarte

Die Regierungschef einigten sich auf eine einheitliche Bargeldsumme. Der verfügbare Bargeldbetrag liegt bei 50 Euro, von dem in individuellen Ausnahmefällen abgewichen werden kann.

In Hessen koordiniert eine eigens im Regierungspräsidium Gießen eingerichtete Koordinierungsstelle die Einführung der Bezahlkarte, um die Behörden zu entlasten und den organisatorischen Aufwand zu reduzieren. Sie fungiert als Bindeglied zwischen Land, Kommunen und Dienstleistern.

Die Bezahlkarte ist eine guthabenbasierte Debitkarte ohne Kontobindung, bei der eine Überziehung des Guthabenbetrags nicht möglich ist.

Sie kann in Geschäften eingesetzt werden, die Visa akzeptieren. Außerdem kann an allen Geldautomaten in Deutschland und bei teilnehmenden Einzelhändlern im Rahmen des Einkaufs kostenlos Geld abgehoben werden – bis zum maximal verfügbaren Bargeldbetrag von 50 Euro.

Die Karte kann sowohl als physische Karte ausgegeben werden als auch zur Nutzung über eine App.

Überweisungen ins Ausland sind ausgeschlossen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die fehlende Regionalität: „Wir hätten es gerne gehabt, dass die Karte nur im jeweiligen Landkreis eingesetzt werden kann. Das wurde aber leider auf höherer Ebene abgelehnt.“ Einige Geflüchtete hätten zudem Schwierigkeiten mit der zugehörigen App, insbesondere wenn sie ihr Passwort vergessen. Bei nicht-alphabetisierten Personen treten, wie Schimpf erklärt, vermehrt Anfragen auf, die von den Mitarbeitern der Behörde bearbeitet werden müssen. Auch das sei mit hohem personellem Aufwand verbunden. Selbst wenn die Handhabung der Bezahlkarte von den Menschen häufig als alltagstauglich empfunden werde. Die Beschwerden, die auftreten, würden sich meist auf die Schwierigkeiten mit der App beziehen.

Abschließend gibt Schimpf zu bedenken, dass Migration eine Daueraufgabe sei. Aktuell kommen wenige Geflüchtete in den Kreis Bergstraße. Es sind den Angaben nach etwas 15 Personen pro Woche. Im Jahr 2025 kamen bis Ende Juli 185 Asylbewerber und 89 Ukrainer im Kreis an. Diese Zahlen haben verschiedene Gründe, zum Beispiel eine veränderte Situation in Syrien. Dennoch wisse man nie, wann sich das wieder ändert. Und dann brauche es die Unterstützung der Kommunen von Land und Bund, um dieser Aufgabe gerecht werden können: „Und man hat ja gesehen, wie schnell sich Situationen ändern können.“

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