Bergstraße. Seit gestern gibt es im Kreis Bergstraße keinen geöffneten Tierpark mehr. Das Wildgehege am Wasserwerk Jägersburg in Einhausen wurde angesichts der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bereits im vergangenen Sommer für den Publikumsverkehr gesperrt. Jetzt hat auch der Bergtierpark Fürth-Erlenbach vorübergehend geschlossen. Es handelt sich um eine präventive Schutzmaßnahme angesichts der in Deutschland aufgetretenen Fälle der Maul- und Klauenseuche (MKS).
„Die Schließung erfolgt auf Empfehlung des Hessischen Landwirtschaftsministeriums, des Friedrich-Löffler-Instituts und in Absprache mit dem Veterinäramt“, meldet der Bergtierpark. Seit dem 21. Januar bleibt der beliebte Bergtierpark bis auf Weiteres geschlossen. Es handelt sich um ein beliebtes Ausflugsziel. Auf einem einen Kilometer langen Rundweg bietet der Park viele Einblicke in die Welt der Gebirgstiere. Über 200 Tiere aus fünf Erdteilen können normalerweise bestaunt werden, dazu gehören unter anderem Alpakas, Alpensteinböcke, Kängurus, Hängebauchschweine und Lamas.
Maul- und Klauenseuche ist für Menschen ungefährlich
Erstmals seit 1988 gibt es wieder Fälle von Maul- und Klauenseuche in Deutschland. Nachdem am 10. Januar Wasserbüffel im brandenburgischen Kreis Märkisch-Oderland an der MKS erkrankt sind, sind Maßnahmen nötig, um weitere Ausbrüche zu verhindern. Die Krankheit ist hochinfektiös und von Tier zu Tier, aber auch durch Kontakt von Mensch auf Tier übertragbar. Die MKS betrifft alle Klauentiere wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Rot-, Reh- und Damwild, aber auch andere Klauentiere, wie Alpakas und Lamas können erkranken.
Für Menschen ist die MKS ungefährlich, für Tiere hat sie hingegen teils gravierende Auswirkungen. Ist in einem Betrieb auch nur ein Tier infiziert, wird vorsorglich der gesamte Bestand getötet, wie es beim Friedrich-Löffler-Institut (FLI) heißt. Um eine mögliche Übertragung zu verhindern, sind daher strenge Maßnahmen nötig, wie die vorläufige Schließung von Einrichtungen. Im speziellen Tierparks, in denen es direkten Mensch-zu-Tier-Kontakt gibt, wie im Bergtierpark Erlenbach.
Was sind die Symptome der Maul- und Klauenseuche?
Neben hohem Fieber, Appetitlosigkeit und Apathie entwickeln sich typische Blasen am Maul und auf der Zunge sowie an den Klauen und den Zitzen. Viele Tiere zeigen Lahmheitserscheinungen oder können vor Schmerzen gar nicht mehr gehen, wie das FLI, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, erläutert. Bei Schafen und Ziegen verläuft die Infektion hingegen meist unauffällig. Es gibt keine Behandlungsmöglichkeiten. Eine frühe Erkennung und schnelles Handeln sind daher nötig, um die Seuche einzudämmen. Tierhalter werden dazu aufgefordert, verstärkt auf das Vorliegen von Symptomen der MKS zu achten und sich an die Meldepflicht der Seuche zu halten.
Auch die Verantwortlichen für das Wildgehege in Einhausen hätten sich mit dem Thema MKS sicherlich beschäftigen müssen. Doch der kleine Tierpark ist seit dem vergangenen Sommer ohnehin geschlossen. Eine Vorsichtsmaßnahme vor der Afrikanischen Schweinepest – die letztlich dennoch keinen Erfolg hatte. Wie mehrfach berichtet wurden am 9. November tote Wildschweine innerhalb des Geheges gefunden. Daraufhin mussten alle verbliebenen Tiere des 24 Exemplare umfassenden Bestandes getötet werden. Im Nachgang stellte sich heraus. Trotz zusätzlicher Schutzmaßnahmen wie einer doppelten Umzäunung des Gatters waren 21 Wildschweine mit der ASP infiziert.
Einige Tierparks in Hessen treffen Vorsichtsmaßnahmen
Derzeit sei man noch immer mit den Aufräumarbeiten innerhalb des Geheges beschäftigt, war gestern vom Wasserbeschaffungsverband Riedgruppe Ost zu erfahren, der sich im Auftrag der Gemeinde Einhausen um das Wildgehege und die Tiere kümmert. In dem kleinen Wildpark leben auch Hirsche, Damhirsche und Mufflons.
Der Tiergarten im rheinland-pfälzischen Worms ist weiterhin geöffnet, wie gestern auf Nachfrage zu erfahren war. Man sei in Kontakt mit den zuständigen Behörden. Bislang gebe es noch keine Auflagen, die eine Schließung notwendig erscheinen lassen.
Einige Tierparks in Hessen treffen jedoch Vorsichtsmaßnahmen. So bleibt etwa der Wildpark Knüll im nordhessischen Homberg/Efze (Schwalm-Eder-Kreis) bis auf Weiteres geschlossen, berichtete bereits Mitte Januar die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Im Opel-Zoo in Kronberg im Taunus wurde noch einmal darauf hingewiesen, dass die geltende Regel “Kein mitgebrachtes Futter für die Zootiere!“ eingehalten werden müsse.
Deutschland hat den Status MKS-frei verloren
Auch der Hessische Bauernverband zeigt sich angesichts der MKS besorgt. „Die Sorge ist groß, aber wir vertrauen auf behördliche Maßnahmen, um das Risiko einer Verbreitung der MKS zu reduzieren“, sagte Pressesprecherin Marie-Claire von Spee der Deutschen Presse-Agentur. „Gleichzeitig appellieren wir an alle Tierhalter, notwendige Maßnahmen zum Schutz vor einer Ausbreitung der MKS zu ergreifen.“
Auch wenn Hessen nicht direkt betroffen sei, seien die Auswirkungen auf die tierhaltenden Betriebe im Land sehr hoch. „Durch den Ausbruch hat Deutschland den Status MKS-frei verloren. Gerade bei Exporten von tierischen Produkten in Drittstaaten gilt in diesem Fall, dass es hier erhebliche Einschränkungen gibt und erste Staaten die Aufnahme von tierischen Produkten aus Deutschland gestoppt haben.“ Diese wegfallenden Exporte wirkten sich direkt negativ aus.
„Für alle Tierhalter ist die Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen sehr wichtig, um die eigenen Bestände zu schützen“, betonte von Spee. Hierbei gelte es zu beachten, dass die Anwendung geeigneter Biosicherheitsmaßnahmen für alle Tierhalter gesetzlich verpflichtend sei, „egal ob es sich um Hobbyhaltungen oder landwirtschaftliche Tierhaltungen handelt“.
Durch geeignete Maßnahmen das Risiko der Verbreitung minimieren
Seitens des hessischen Landwirtschaftsministeriums gebe es zudem die dringende Empfehlung, keine Tierschauen beziehungsweise Tierauktionen durchzuführen. „Ebenso trägt ein Verzicht auf die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung, bei der Tiere aus der gesamten Bundesrepublik zusammen kommen, dazu bei, die Ausbreitung der MKS zu verhindern», so von Spee. Dies sei im Sinne aller. Dieser Empfehlung schließe sich der Hessische Bauernverband uneingeschränkt an.
„Da die Auswirkungen eines MKS-Ausbruchs massive Auswirkungen auf landwirtschaftliche Betriebe, Hobbyhaltungen, Zoos und Wildparks, aber auch Wildtiere hat, müssen wir alle gemeinsam durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass das Risiko einer Verbreitung der MKS minimiert wird“, unterstrich von Spee.
Tierhalter zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen
Das hessische Landwirtschaftsministerium hatte bereits vor einigen Tagen Sofortmaßnahmen ergriffen, um einen möglichen Ausbruch der Tierseuche im Land so schnell wie möglich festzustellen. „So werden zusätzliche PCR-Tests zum Nachweis einer Infektion bei verendeten Tieren zum Einsatz kommen, daneben aber auch sogenannte ELISA-Tests, um Antikörper nachzuweisen“, hieß es. Tierhalter wurden zu erhöhter Wachsamkeit und der Umsetzung von Biosicherheitsmaßnahmen aufgefordert.
„Durch das Veterinäramt des Kreises Bergstraße wurden zusätzlich Halter von Klauentieren, beispielsweise der Bergtierpark in Fürth Erlenbach, das Kloster Lorsch und das Wildgehege in Einhausen über das MKS-Geschehen informiert und sensibilisiert, Biosicherheitsmaßnahmen umzusetzen“, erläutert auf Nachfrage dieser Zeitung Matthias Schimpf als zuständiger Dezernent im Landratsamt. Zusätzlich habe man darauf hingewiesen, dass das Friedrich-Loeffler-Institut empfiehlt, Streichelzoos für den Besucherverkehr zu schließen und in den anderen Bereichen den Besucherverkehr möglichst so umzulenken, dass zu Klauentieren ein ausreichender Sicherheitsabstand gewährt wird. „Diese Empfehlung unterstützen wir ausdrücklich. Insbesondere die Handfütterung von Klauentieren sollte zumindest vorübergehend eingestellt werden“, so Schimpf. Der MKS-Ausbruch in Brandenburg hatte ferner den Verlust des Status MKS-frei für Deutschland und Handelsbeschränkungen zur Folge. Daher stehe das Bergsträßer Veterinäramt in engem Kontakt mit Handelsbeteiligten im Kreis Bergstraße, die aktuell von Handelsbeschränkungen bei der Ausfuhr von Waren in Drittländer betroffen sind. kel/red/dpa
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