Bergstraße. Es war im Oktober eine hitzige Debatte im Bundestag, aber am Ende wurde das umstrittene Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) – oder einfacher ausgerückt – die Krankenhausreform beschlossen. Der Bund gibt die Rahmenbedingungen vor, die konkrete Umsetzung ist Sache der Länder. Bislang war die Finanzierung über das sogenannte DRG-Fallpauschalensystem geregelt, nach denen die Behandlung leistungsorientiert bezahlt wird. Nun soll künftig neben der Fallpauschale auch eine Vorhaltepauschale gezahlt werden. Das heißt, Krankenhäuser bekommen eine Art Existenzgarantie, selbst wenn sie vergleichsweise wenige Behandlungen anbieten. Zudem wird geprüft, welche Leistungen eine Klinik künftig anbietet und dabei soll vor allem Wert auf die Qualität gelegt werden. Als Beispiele gibt das Bundesgesundheitsministerium an, dass Brustkrebspatientinnen eine um fast 25 Prozent höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bei Erstbehandlung in einem zertifizierten Zentrum haben. Würden alle Patienten nach einem Schlaganfall in einem Krankenhaus mit Stroke-Unit behandelt werden, könnten den Angaben nach zusätzlich rund 5000 Menschen den Schlaganfall im ersten Jahr überleben.
In Hessen geht man den Weg, dass das Bundesland in sechs Versorgungszentren aufgeteilt wird. Südhessen wird eines dieser Versorgungszentren bilden. Jedes dieser Zentren hat im Zentrum einen Maximalversorger. In Südhessen wird diese Rolle vom Klinikum Darmstadt übernommen. Jedes einzelne Krankenhaus ist nun aufgerufen, bekannt zu geben, welche Leistungen es künftig den Patienten anbieten möchte. Um diesen Prozess zu koordinieren, hat der Kreis Bergstraße zu einer ersten regionalen Versorgungskonferenz eingeladen, in der sich am Mittwoch die Geschäftsführer der fünf Kliniken trafen. Darunter das Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim, das Heilig-Geist Hospital in Bensheim, das St. Marien Krankenhaus in Lampertheim, das St. Josef Krankenhaus und die Schön Klinik in Lorsch. Ergebnisse aus der Konferenz wurden nicht mitgeteilt, da es sich um interne Gespräche handele. „Das ist allerdings auch nur das erste Treffen. Es wird weitere regionale Versorgungskonferenzen geben, in denen auch Vertreter der Hausärzte dabei sind – schließlich wird künftig mehr Wert auf die ambulante Versorgung gelegt. Auch die Rettungsdienste werden einbezogen,“ berichtete der Landrat Christian Engelhardt im Nachgang in einem Pressegespräch im Landratsamt in Heppenheim. Wie es weiter hieß, gebe es auch bereits schon seit längerem Gespräche zwischen dem Kreiskrankenhaus Bergstraße und dem Heilig-Geist Hospital. Am Ende gehe es darum, dass die Krankenhäuser im Kreis ein stimmiges Konzept beim Land einreichen, mit dem die Patienten die bestmögliche Versorgung erhalten. Der Zeitplan sieht vor, dass bis Juni die Krankenhäuser ihre Vorschläge für ihr künftiges medizinisches Angebot beim Land einreichen müssen. Ende September gibt das Land die Vorschläge zur Überprüfung an den medizinischen Dienst weiter. Bis Ende Juni 2026 sollen die Ergebnisse vorliegen. Anfang 2027 soll die Reform dann Inkrafttreten. Als problematisch wird angesehen, dass der Bund zwar die Qualitätsvorgaben ausführlich benennt, die Mindest-Fallpauschalzahlen aber erst im Dezember bekannt gibt.
Das Kreiskrankenhaus soll Notfallstandort bleiben
Der Kreis ist in diesen Prozess auf zwei Ebenen involviert. Zum einen ist der Kreis verantwortlich für die Gewährleistung der Notfall- und Grundversorgung. Zum anderen ist der Kreis – neben dem Universitätsklinikum Heidelberg – zu fünf Prozent an dem Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim beteiligt und ist somit auch Träger eines Krankenhauses. Wie es heißt, investiere der Kreis aktuell 50 Millionen Euro in das Kreiskrankenhaus, unter anderem in den Notfallbereich. Wie die Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin Angelika Beckenbach angab, stehe das Kreiskrankenhaus Bergstraße auch in Zukunft als Notfallstandort fest.
„Der Kreis sieht sich als Moderator des Prozesses. Wir bringen die Akteure zusammen, so dass Lösungen gefunden werden, die die optimale Versorgung auch künftig gewährleisten,“ so Beckenbach. Und Engelhardt ergänzt: „Ich sehe die Krankenhausreform als Chance, dass wir den Betrieb der Krankenhäuser sicher stellen können. Aktuell machen viele Krankenhäuser Verluste, gehen in die Insolvenz oder müssen bezuschusst werden.“ Engelhardt führte als Beispiel die Corona-Pandemie an. Hier haben die Krankenhäuser Zimmer teilweise nur mit einem Patienten belegen können oder auch ganze Stationen schließen müssen. So verringerten sich die Fallzahlen, ein Großteil der Kosten seien aber trotzdem entstanden. Zudem würden die Fallpauschalen auch keine steigenden Lohn- oder Energiekosten berücksichtigen, ergänzte Jennifer Jarke, Fachbereichsleitung Gesundheitsversorgung Kreis Bergstraße.
Übrigens wird auch berücksichtigt, dass nicht jeder Bergsträßer ein Krankenhaus im Kreis aufsucht. „Wir leben in einer Region mit vielfältiger Krankenhauslandschaft. Wir haben in der Metropolregion Rhein-Neckar die Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim, wir haben Krankenhäuser in Weinheim und Worms,“ so Engelhardt. Deshalb gebe es auch Gespräche über Kooperationen mit Trägern außerhalb der Landesgrenze.
Allerdings müsse kein südhessisches Haus fürchten, dass es geschlossen wird, weil es zu nah an baden-württembergischen Kliniken liege.
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