Baupolitik

„Bedarf an Wohnraum ist durch Innenentwicklung nicht zu decken“

Kreisspitze kritisiert hohe bürokratische Hürden und Restriktionen bei der Flächennutzung / Landratsamt will die Kommunen bei der Aufstellung von

Von 
red
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Bergstraße. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte laut einer Pressemitteilung des Kreises jüngst ein radikales Umdenken in der Baupolitik. So seien laut Kanzler nicht die hohen Zinsen für die lahmende Bauwirtschaft verantwortlich, sondern unter anderem fehlendes Bauland und der Bau nicht benötigter Wohnungen. Landrat Christian Engelhardt stimmt dieser Einschätzung zu: „Ich freue mich außerordentlich, dass nun auch Kanzler Scholz ein Hauptproblem im Baubereich hierzulande erkannt hat: Bauland fehlt.“ Trotz wachsender Bevölkerung sei von politischen Vertretern oftmals der Eindruck erweckt worden, als könne man ohne neue Baugebiete auskommen. Dass dies faktisch eine Sackgasse werde, habe gerade die Flüchtlingssituation gezeigt. In den Kreis Bergstraße seien in den letzten zwei Jahren mehr Geflüchtete zugewiesen worden, als Abtsteinach oder Groß-Rohrheim Einwohner haben, so Engelhardt. Faktisch werde dadurch auch Wohnraum und Infrastruktur ähnlich einer zusätzlichen Kommune benötigt.

Hohe bürokratische Hürden und Restriktionen für die Flächennutzung führen nach Einschätzung des Landrats dazu, dass sowohl Infrastrukturprojekte als auch dringend benötigter Wohnraum nicht oder viel zu langsam realisiert werden. Engelhardt sieht hier riesigen Handlungsbedarf: „Es muss eine wirkliche Entbürokratisierung in die Wege geleitet werden. Ich hoffe, dass die Bundesregierung nun endlich nötige Änderungen umsetzt.“ Vor allem auch die hessische Landesregierung und die Landesentwicklungsplanung sei gefragt: „Wir müssen endlich mehr Mut aufbringen, um ganz neue Wege zu gehen, die Ökonomie und Ökologie miteinander in Einklang bringen.“

Restriktive Landesvorgaben

So hätten auch die Kommunen im Kreis Bergstraße immer größere Schwierigkeiten, neue Baugebiete auszuweisen, weil kaum freie Flächen vorhanden seien. Manche Areale könnten aufgrund der zum Teil sehr komplexen rechtlichen Anforderungen, auch gerade restriktiven Vorgaben des Landes, nicht genutzt werden. Engelhardt: „Aus meiner Sicht sind die Bestimmungen sowohl der Landesentwicklungsplanung als auch der regionalen Entwicklungsplanung zu restriktiv, was die Spielräume für Neubau angeht. Hier gilt es unbedingt unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit neue Regularien zu erarbeiten und damit zusätzliche Bebauungsmöglichkeiten und Flächen-Reserven zu schaffen.“ Eine kluge Abwägung zwischen dem knappen Gemeinschaftsgut „Boden“ und dem Bedarf nach Bauentwicklung müsse für die Kommunen mit mehr eigenständigem Handlungsspielraum möglich sein. Als Vertreter des Kreises in den regionalen Planungsversammlungen Rhein-Main und Rhein-Neckar setzt sich Engelhardt nach eigener Aussage für diese Spielräume der Kommunen ein. „Schon heute fehlt es an Wohnraum, insbesondere auch bezahlbarem. Dieser Bedarf, welcher durch die hohe Anzahl geflüchteter Menschen noch verstärkt wird, ist durch eine Innenentwicklung nicht zu decken. Insoweit bedarf es einer Lockerung von Flächenrestriktionen. Der Kreis wird die Kommunen hier bei der Aufstellung von entsprechenden Bebauungsplänen unterstützen“, bekräftigt Baudezernent Matthias Schimpf die Aussagen des Landrats.

Das Thema Wohnraum sei ein entscheidendes, wenn es um die Weiterentwicklung und die Prosperität einer Region geht. Insgesamt sollten die kommunalen Verantwortungsträger das Thema Bevölkerungswachstum daher als Chance für die Entwicklung der Region in den Blick nehmen und innovative Wege erarbeiten, um dem aktuellen Wohnraummangel entgegenzuwirken.“ Dennoch sei festzustellen, dass für den aktuellen Rückgang der Bauanträge insbesondere die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten zwei bis drei Jahre die Hauptursache darstellten. red

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