Landwirtschaft

Bauern im Ried fürchten Zikaden

Region kämpft gegen die Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade und Ernteverluste durch die Stolbur-Krankheit.

Von 
Susanne Merz
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So sieht die Schilf-Glasflügelzikade aus, die ganze Ernten ruinieren. © picture alliance/dpa/Pflanzenschutzdienst

Rhein-Neckar. „Die Zikade gibt es eigentlich schon immer – ein Problem ist sie erst, seit sie das Stolbur-Virus überträgt“, sagt Johannes Zehfuß, Vizepräsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd. Gemeint ist die unscheinbare Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus), die sich zuletzt rasant in ganz Deutschland und auch in Teilen der Metropolregion Rhein-Neckar ausgebreitet hat – mit teils dramatischen Folgen für Landwirte.

Landwirte melden zunehmende Schäden bei Zuckerrüben, Kartoffeln und anderem Wurzelgemüse. Laut Zehfuß verursacht das von den Zikaden übetragene Stolbur-Virus bei Pflanzen gummiartige Konsistenz, geringen Zuckergehalt, schlechtere Lagerfähigkeit und veränderte Aromen. Die Folge: Ertragseinbußen, Qualitätsverluste und wirtschaftliche Ausfälle.

Im Kreis Bergstraße besonders betroffen sind Regionen bei Viernheim, Lampertheim, Biblis und Bürstadt. „Drei Kollegen in Biblis haben den Kartoffelanbau aufgegeben, weil Saatgut und Kartoffeln infiziert waren – rund 60 Hektar“, sagt der ehemalige Vorsitzende des Bauernverbands Starkenburg, Willi Billau.

Laut Billau konnten etwa in Lampertheim 2022/23 rund zehn Hektar Kartoffeln nicht vermarktet werden, weil der Zuckergehalt zu gering war. Dadurch waren die Kartoffeln für die Chips-Produktion unbrauchbar. „Wir mussten sie zu Schleuderpreisen nach Holland verkaufen“, sagt Balau.

Wolfgang Guckert vom Kreisbauernverband Rhein-Neckar beobachtet, dass sich die Zikade bereits über die gesamte Region verbreitet hat: „Die Schäden sind nicht auf einzelne Betriebe begrenzt – es betrifft flächendeckend die Region.“

Gegen das Stolbur-Phytoplasma gibt es nach Angaben von Zehfuß keine direkte Behandlung – die Strategie zielt daher auf die Bekämpfung der Zikade, etwa mit Pflanzenschutzmittel. In Hessen wird laut Balau zudem in einem Forschungsprojekt daran gearbeitet, resistentere Sorten zu züchten – insbesondere bei Zuckerrüben und Kartoffeln. Auch die genaue Lebensweise der Zikade ist noch Gegenstand der Forschung: Wie lange die Larven im Boden überleben, wie weit sie wandern, welche Pflanzen sie bevorzugen – all das sei noch nicht abschließend geklärt.

Doch all das brauche Zeit. Kurzfristig bleibe neben dem Einsatz der Pflanzenschutzmittel nur, die Fruchtfolge anzupassen. Auch das Pflügen der Felder könne helfen, so Zehfuß, um den Boden für die Überwinterung der Zikadenlarven unattraktiver zu machen. Zehfuß bringt es auf den Punkt: „Ganz werden wir die Zikade wohl nicht mehr los – aber wir können versuchen, die Schäden so gut wie möglich zu begrenzen.“

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