Bergstraße. Der Kreisseniorenbeirat (KSB) vertritt die Interessen älterer Menschen und setzt sich für deren Belange ein. Er ist unabhängig, parteipolitisch neutral und konfessionell nicht gebunden. Gäbe es ihn nicht seit 20 Jahren, müsste man ihn glatt erfinden. Denn der Bedarf wächst weiter. In vielen Orten der Bergstraße gründen sich lokale Interessenverbände – entweder als kommunale Gremien oder als unabhängige autarke Vereine, die nur gegenüber sich selbst Rechenschaft schuldig sind.
Egal, in welcher Form: Die Mitglieder beraten städtische Organe in allen Angelegenheiten, die Senioren betreffen, und sind ein wichtiger Ansprechpartner für politische Parlamente, Ortsbeiräte, Vereine und alle Institutionen. Die Heppenheimer Geschäftsstelle wird von Andrea Gärtner geleitet, seit 2022 wird der Kreisseniorenbeirat von der Diplom-Sozialpädagogin Susanne Hagen als Vorsitzende repräsentiert, die ebenso wie ihr Vorgänger im Amt, Nikolaus Teves, auf eine langjährige Erfahrung in der Seniorenarbeit zurückgreifen kann. Sie hatte unter anderem beim DRK Heppenheim und als Seniorenberaterin beim Diakonischen Werk Bergstraße viele Anknüpfungspunkte mit den ehrenamtlich tätigen Mitgliedern des Gremiums, das auf einen Beschluss des Kreistags 2004 gegründet wurde.
„Nicht jeder Kommunalpolitiker ist begeistert“
Seither ist viel passiert – inhaltlich, personell und geografisch. Die aktive Mitarbeit im Gremium und die wachsende Vernetzung haben dazu geführt, dass sich vor Ort weitere örtliche Seniorenbeiräte formiert haben. Nicht immer ohne Hürden, aber am Ende fast immer erfolgreich. „Nicht jeder Kommunalpolitiker ist begeistert“, so Siegfried Gebhardt aus dem Bürstädter Gremium über die bisweilen erkennbare Skepsis in Fraktionen und lokalen Parlamenten. Zudem sei der Bedarf an einer gut organisierten und vor allem auch lauten Stimme für die Älteren nicht durch kleinräumige Umfragen analysierbar, so ein Kollege aus Lampertheim. Wenn es erst einmal einen solchen Beirat gäbe, dann werde er auch genutzt.
In Fürth wurde die Gruppe 2019 von Bürgern gegründet, um sich in der Gemeinde und deren Ortsteilen für die spezifischen Belange älterer Mitbürger einzusetzen und so zum Erhalt und zur Verbesserung der Lebensqualität sowie zur Stärkung der Rechte der Senioren beizutragen. Weil der Antrag einer Fraktion keine Mehrheit fand, wählte man die Organisationsform als Verein.
Der kreisweite Beirat besteht aus einem Vorstand und den drei Regionalvertretern Gerlinde Hellmut aus Lampertheim (Ried), Adolf Frei aus Birkenau (Region Odenwald/hessisches Neckartal) und Richard Schader aus Bürstadt für die Region Bergstraße. Bei der Mitgliederversammlung am Freitag im Landratsamt in Heppenheim berichtete die Vorsitzende von den zahlreichen Aktivitäten der letzten Monate. Dazu gehören etliche kleine und größere Projekte sowie die Pflege von informativen Broschüren wie der Seniorenwegweiser und der Demenzwegweiser. Zu den Veröffentlichungen des Arbeitskreises „Seniorenfreundlicher Kreis Bergstraße“ zählen die Ausflugsziele für Senioren, die in Heppenheim Annemarie Russ erläuterte: Die rote Broschüre umfasst auf 100 Seiten insgesamt 45 interessante und lohnenswerte Ziele im Kreis Bergstraße sowie in der Metropolregion Rhein-Neckar.
Neben den monatlich veröffentlichten „Ausflugszielen des Monats“ auf der KSB-Homepage will der Arbeitskreis in diesem Jahr auch die blaue Infobroschüre aktualisieren und in der dritten Auflage neu drucken. Die Mitglieder tragen zusammen, welche Angebote es in den 22 Gemeinden und Städten des Kreises gibt, darunter Gesundheitsdienste, seniorengerechte Sportmöglichkeiten, Freizeit- und Kultureinrichtungen oder auch Geschäfte mit einem speziellen Seniorenservice.
Auch die Auszeichnung und Auflistung seniorenfreundlicher Betriebe wurde vom Kreisseniorenbeirat initiiert. Die Plakette mit dem Aufdruck „Seniorenfreundlich – empfohlen vom Kreisseniorenbeirat Bergstraße“ wurde bislang weit über 400 Mal vergeben, so Ingrid Neuendorf aus dem zuständigen Arbeitskreis. Die Geschäfte werden nach bestimmten Kriterien – einer Checkliste folgend – ausgewählt: Gibt es Barrieren und andere Hindernisse? Wie ist das Warenangebot gestaltet? Und wie steht es um die Mobilität für eingeschränkte Menschen?
Noch ganz neu ist das Projekt „Digital im Alter – Di@-Lotsen“. Der Kreisseniorenbeirat Bergstraße hat die Projektidee der Hessischen Landesregierung aufgenommen und regional realisiert. Auch dafür wurde ein separater Arbeitskreis gegründet. Das erste erfolgreiche Pilotprojekt fand Anfang 2023 in Birkenau statt, wo Schüler der Jahrgangsstufe 8 der Langenbergschule gemeinsam mit ausgebildeten Digitallotsen ältere Menschen bei der Bedienung von Smartphone, Tablet und PCs unterstützt haben. Die Federführung für das Programm liegt bei der Hessischen Staatskanzlei. Das Sozialministerium finanziert und unterstützt die Schulung der Lotsen, die an lokalen Stützpunkten vor Ort verankert sind. Laut Susanne Hagen eine wichtige und sinnvolle Ergänzung des bestehenden Angebots im Landkreis.
Friedhöfe sollen zu Orten der Begegnung werden
In Heppenheim skizzierte sie am Freitag aus zeitlichen Gründen nur kurz ein Projekt, das momentan bundesweit hohe Aufmerksamkeit genießt: Der Friedhof als belebter Ort der Begegnung und der Kommunikation zwischen den Generationen. Marion Ebsen vom Lampertheimer Seniorenbeirat hat dies auf dem örtlichen Waldfriedhof bereits initiiert. Ein Pilotprojekt, das zeitnah auch kreisweit entwickelt werden soll, wie die Vorsitzende betont. Eine Planungsgruppe ist bereits in der Sache aktiv. Die sozialräumliche Nutzung eines Bestattungsortes an der Schnittstelle zwischen privatem Erinnerungsort und öffentlichem Raum sei eine Chance, um Menschen zusammen zu bringen, so Hagen. Neben der Kreis-Fachstelle „Leben im Alter“ sind auch Kirchen, der Hospiz-Verein Bergstraße sowie andere relevante Institutionen im Boot, um Konzepte zu diskutieren.
Joachim Uhde (Stellvertretender Vorsitzender) berichtete in Heppenheim aus der Landesseniorenvertretung, Beisitzer Randoald M. Reinhardt kündigte potenzielle Veränderungen in der Seniorenvertretung der Metropolregion Rhein-Neckar an, die sich aus Seniorenbeiräten der drei Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen zusammensetzt. Perspektivisch sei es nicht ausgeschlossen, das Gremium als Verein abseits der Verbandsstrukturen neu zu formieren. Reinhardt sprach von einer andauernden Selbstfindungsphase. Abschließend teilte die Vorsitzende mit, dass Werner Brall aus Lampertheim als stellvertretendes Mitglied in den Vorstand nachrücken wird.
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