Bergstraße. Aus Lukas Schneider ist Pater Niklaus geworden. Vor sechs Jahren hat der 33-Jährige seine Heimat verlassen, auf der Suche nach dem Weg, der für sein Leben bestimmt ist. Jetzt kehrt er als Mönch und frisch geweihter Priester nach Fürth zurück, um seine Heimatprimiz zu feiern. Es wird auch ein Wiedersehen mit alten Freunden. Und Pater Niklaus hofft, dass sie alle seine Entscheidung verstehen. Da schwingt zwar ein bisschen Unsicherheit mit, aber tatsächlich „freue ich mich wirklich sehr darauf“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn die Verbundenheit mit dem Odenwald, und insbesondere mit seiner Familie, ist geblieben – auch wenn er seine Bestimmung an einem anderen Ort gefunden hat.
Die Sinnkrise
Mit seiner Entscheidung hadert der in Ellenbach aufgewachsene junge Mann nicht: „Ich habe alles hergegeben, aber einen Schatz gefunden“, sagt er mit Blick auf den radikalen Bruch in seinem Leben. Lukas Schneider war ins Vereins- und öffentliche Leben in Fürth fest eingebunden, engagierte sich bei der KJG, stand als Musiker auf der Bühne. Doch das Gefühl, die richtige Lebensrichtung noch nicht gefunden zu haben, schwang immer mit, erzählt er. Das glaubt Pater Niklaus nun, überwunden zu haben: „Ich bin überzeugt, dass was ich tue im Sinnes Gottes ist. Sein Weg, den er für mich vorgesehen hat.“
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Das zeichnete sich vor nicht allzu vielen Jahren so noch nicht ab. Nach dem Abitur studierte Lukas Schneider zunächst in Darmstadt und dann in Mainz – auf Lehramt. Zwar gehörte neben Geschichte auch die Theologie bereits zu seinen Studienfächern. „Aber das habe ich damals nicht intensiv verfolgt.“
Es war die Zeit, in der die Sinnkrise begann: Lehrer wollte er eigentlich nicht werden, die Frage, wohin er mit seinem Leben will, trieb den jungen Mann um. Den Kopf frei bekam er unter anderem auf der Bühne: Mit der Band Garden of Delight war der talentierte Musiker jedes Wochenende auf Tour. „Dabei habe ich vieles kompensiert“, umschreibt er die ausschweifenden Feiern, die damit auch verbunden waren.
Aber es gab während der Zeit in Mainz einen „Anker“, der am Ende entscheidend für den weiteren Lebensweg des Fürthers sein sollte: In einem Priester dort fand Lukas Schneider einen Vertrauten, von dem er sich verstanden fühlte und mit dem er lange und intensive Gespräche führte. Dabei stellte sich für ihn nach und nach das Gefühl ein, seine Berufung als „Mitarbeiter des lieben Gottes“ finden zu können. Es war die Zeit, in der sich der Weg in ein Kloster als echte Option herauskristallisierte. „Probier es einfach aus“, riet ihm sein Vertrauter - und Lukas Schneider setzte sich an den Computer, um ein geeignetes Kloster zu finden.
Eine klassische Google-Suche
Tatsächlich war es eine klassische Google-Suche, die ihm den Weg zur Zisterzienserabtei Stift Heiligenkreuz im Wienerwald wies. Im Oktober 2016 verbachte er das erste Mal einige Zeit bei der Gemeinschaft in Österreich, im nächsten Sommer kehrte er zurück. Die Entscheidung, in den Orden einzutreten reifte. Zumal dies die Option bot, das Theologiestudium abzuschießen. Zunächst als Kandidat für die Aufnahme, dann als Novize und später mit „Zeitlichem Profess“ lebte Lukas Schneider in der klösterlichen Gemeinschaft. 2022 legte er den „Ewigen Profess“, das lebenslange Gelübde, ab. Verpflichtet hat Pater Niklaus sich damit dem Gehorsam, der Stabilität in Bezug auf die Ordensgemeinschaft und deren Sitz sowie dem klösterlichen Lebenswandel.
Ein kurvenreicher Pfad
Was sich wie ein direkter Weg anhört, war für den Fürther doch wieder ein kurvenreicher und mit Zweifeln gepflasterter Pfad. „Vor allem die Ortsgebundenheit der Zisterzienser hat mir zunächst nicht behagt“, gesteht er. Deshalb besuchte in den Jahren vor seiner Novizenschaft auch andere Gemeinschaften, unter anderem ein Franziskanerkloster in Großbritannien. Diese sind etwas „freier“ unterwegs, in Bezug auf die Wahl des klösterlichen Wirkungsortes. Dennoch fiel die Entscheidung am Ende für den Zisterzienerstift in Österreich.
2018 begann die Zeit als Novize - die Geburtsstunde von Pater Niklaus. Denn die Verleihung des Ordensnamens ist tatsächlich als symbolische neue Taufe zu verstehen. Wie kam es zu dem Namen? Schneider erklärt: Er selbst hat drei Vorschläge machen können, der Abt hat daraus einen ausgewählt. Und er beugt einem Missverständnis vor: Mit dem vorweihnachtlichen Nikolaus hat sein neuer Name nichts zu tun. Er bezieht sich vielmehr auf Niklaus von Flüe, dem Schutzpatron der Schweiz.
Der 1487 gestorbene und 1947 heiliggesprochene Mystiker und Asket wird oft als hagerer, bärtiger Mann dargestellt. „Der Abt meinte, das passt zu mir“, sagt Pater Niklaus und lacht. Während er sein gleichzeitiges Theologiestudium vorantrieb, fand Pater Niklaus innerhalb der Klostergemeinschaft in der Jugendseelsorge seine Profession.
Neben der Arbeit mit Schulklassen, die den Stift besuchen, und dem Unterricht für Firmlinge in umliegenden Pfarreien zählt dazu auch der Jugenvigil - ein regelmäßiger musikalischer Gottesdienst mit und für junge Menschen, die aus der gesamten Republik Österreich kommen. Er begleitet dieses Event als Organisator und Musiker.
„Die Musik ist in meinem Leben nie weg gewesen, ich habe immer noch große Freude daran“, berichtet Pater Niklaus. Mit der Coronapandemie gewann ein anderes Einsatzgebiet Schneiders im Orden an Bedeutung: die digitalen Medien. Neben der Homepage gehört dazu auch ein eigener YouTube-Kanal des Stifts Heiligenkreuz.
Ein neues Kloster bauen
Im September 2022 hat Pater Niklaus sein Theologiestudium mit dem Magister abgeschlossen, im November wurde er zum Diakon geweiht. Seine aktuelle Wirkungsstätte liegt in Brandenburg. In Neuzelle im Bistum Görlitz ist er als Kaplan in der zugehörigen Pfarrei eingesetzt - und gleichzeitig Mitglied der dortigen Mönchsgemeinschaft. Er und seine sechs Mitbrüder haben dort eine große Aufgabe: Das 1817 aufgelöste Neuzeller Kloster wird neu belebt. Dafür entsteht ein Neubau auf einem ehemaligen Gelände der Stasi, außerhalb der Gemeinde. Ein spannendes Projekt, das Pater Niklaus nun für einige Zeit im Zuge seiner Priesterweihe verlassen hat. Am 18. Mai hat er diese in Heilgenkreuz von Erzbischof Christoph Kardinal empfangen.
Nach einem alten Brauch wird er seine erste Heilige Messe in seiner Heimatgemeinde feiern: Am Sonntag, 4. Juni, um 10 Uhr in der katholischen Kirche Sankt Johannes der Täufer in Fürth. Am folgenden Montag, 5. Juni, zelebriert er eine weitere feierliche Messe um 9 Uhr an der Walburgiskapelle in Weschnitz. „Ich bin glücklich, dass das stattfinden kann und bedanke mich von Herzen bei allen, die bei der Planung helfen - Pfarrei, Pfarrgemeinderat und auch die KJG“, sagt Schneider.
Es wird ein Meilenstein in seinem „neuen Leben“, den er mit möglichst vielen bekannten Menschen teilen will. Daraus will Pater Niklaus auch Kraft schöpfen, denn er weiß, dass die Prüfungen in seinem Leben damit nicht beendet sind. Das Leben als Mönch baut auch Hindernisse auf, die gemeistert werden wollen. „Ich habe inzwischen über 100 Menschen in der klösterlichen Gemeinschaft kennengelernt und einige davon auch wieder gehen sehen“, berichtet er. Aber Pater Niklaus Schneider ist von solchen Gedanken aktuell weit entfernt. Auf den Bruch in seinem Leben blickt er nur positiv: „Natürlich habe ich vieles hinter mir gelassen, aber damit hab ich meinen Frieden gemacht.“ arn/ü
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