Frankfurt/Bergstraße. Der Kontakt des 62 Jahre alten Manns aus Gorxheimertal zu der Vereinigung, die in Deutschland einen Umsturz herbeiführen wollte, ist höchstwahrscheinlich über eine Corona-Selbsthilfegruppe aus Hirschberg zustande gekommen. Deren spätere Leiterin räumte am dritten Tag der Hauptverhandlung vor dem achten Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt ein, den Angeklagten persönlich einem der mutmaßlich führenden Köpfe der Terrorgruppe vorgestellt zu haben.
Selbsthilfegruppe entstand aus Bürgerinitiative
Hervorgegangen sei die Selbsthilfegruppe aus einer Bürgerinitiative, die sich zunächst gegen die 5G-Funktechnologie zur Wehr gesetzt habe. „Es sollten ja viele Masten gebaut werden“, sagte die 61-jährige, deshalb sei man froh gewesen, dass ein Mediziner die Gruppe geleitet und die Menschen aufgeklärt habe. „Es war eine Zeit der allgemeinen Verunsicherung“, sagte sie weiter, unter anderem sei man davon ausgegangen, dass die damals erst noch geplanten Corona-Impfungen im Zusammenhang mit der 5G-Technologie stehe. Daher sei bei den Treffen der Gruppe immer wieder die Frage aufgekommen, wieso „ein Staat seinen Bürgern so etwas antun kann“. Vielmehr sei es Aufgabe staatlicher Behörden, die körperliche Unversehrtheit seiner Bürger zu schützen. Der Angeklagte sei im Laufe der Zeit bei den Treffen der Gruppe, die sich den Namen „Kraftreich“ gegeben habe, auch immer mal wieder als Redner aufgetreten. „Er kennt sich mit den Gesetzen aus. Was er sagte, war immer fundiert.“ Die Gruppe, in der auch Schamanen, Druiden sowie Menschen, die glaubten, die Erde sei eine Scheibe und der Mond ein Raumschiff, sei schließlich beinahe zu einer Familie zusammengewachsen, die unter anderem auch Gesundheitstage veranstaltet habe. Wie sie den Gorxheimertaler wahrgenommen habe, fragte der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk.
Angeklagter war Stützpfeiler
In der Selbsthilfegruppe sei er ein Stützpfeiler gewesen, die Mitglieder hätten sich durch ihn, der auch „eine große Klappe“ gehabt habe, geschützt gefühlt. Ansonsten sei er hilfsbereit, ein guter Vater und Großvater, er sei fleißig, hilfsbereit, handwerklich begabt. Wenn er gebraucht werde, sei er immer da. Deswegen habe sie, als sie von der Anklage gegen den Gorxheimertaler gehört habe, einen „Vollschock“ erlitten. Gewalt als solche traue sie ihm nicht zu.
Wenn sich allerdings ein Mann bei einem Angriff auf seine Familie körperlich zur Wehr setze, handele es aus ihrer Sicht nicht um Gewalt, denn: „Ein Mann sollte das können. Wenn jemand seine Familie verteidigt, dann ist das für mich keine Gewalt“, bekräftigte sie.
Oberstaatsanwalt Dr. Tobias Wipplinger verwies auf das Protokoll der polizeilichen Vernehmung, in dem die 61-Jährige den Angeklagten als einen „Patrioten, der sein Land liebt“, bezeichnet hatte. „Woraus haben Sie das geschlossen“, fragte der Jurist. Der Angeklagte sei ein Mann, der zu seinem Wort stehe, und Dinge anspreche, die andere sich nicht getrauen.
Im Eingangsbereich des Hauses des 62-Jährigen sei ihr nichts Besonderes aufgefallen, auch nicht das Schild mit der Aufschrift „Königreich Preußen“. Waffen habe sie auf dem Anwesen des Angeklagten nicht wahrgenommen. mb/ü
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