Krisen

Angela Dorn über die Lage der Bergsträßer Kulturszene

Von 
Konrad Bülow
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Angela Dorn, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, war zu Gast beim Bergsträßer Anzeiger. © Thorsten Gutschalk

Bergstraße. Für Kulturschaffende an der Bergstraße sind harte Zeiten seit 2020 so etwas wie ein Dauerzustand. Die Corona-Pandemie ist noch nicht ganz bewältigt, nun sehen sie sich auch noch mit der Energiekrise konfrontiert. In Zeiten der hohen Preise, der knappen Kassen und des Zögerns vor dem Besuch von Festlichkeiten in geschlossenen Räumen fürchtet mancher Akteur, ob Künstler oder Veranstalter, um seine Existenz.

Auch für die hessische Kulturministerin Angela Dorn (Grüne) bringt das so manche komplizierte Fragestellung mit sich. Es gilt, die Kulturszene in diesen mageren Tagen über die Zeit zu retten. „Die Legislaturperiode habe ich mir anders vorgestellt“, sagte sie beim Gespräch im Medienhaus des Bergsträßer Anzeigers, zu dem sie in Begleitung des Bergsträßer Kreisbeigeordneten Matthias Schimpf erschien. Seit 2019 hat Dorn ihre Funktion in der Landesregierung inne. Gerade zu Beginn der Pandemie habe sie so manche schlaflose Nacht gehabt, bekennt sie – schließlich sei die Kulturbranche einer der Bereiche, die am härtesten getroffen wurden. Das wirke immer noch nach.

„Können nicht alles ausgleichen“

Mit mehreren Förderprogrammen versuchte das Land Hessen, Musikern, Schauspielern und Bildenden Künstlern unter die Arme zu greifen. Unter anderem das Programm „Ins Freie“ hat an der Bergstraße seine Spuren hinterlassen; das Lindenfels-Festival etwa wurde aus diesem Topf gefördert.

Es lief nicht immer alles reibungslos. „Bei unseren ersten Programmen wurden Mittel oft nicht so abgerufen, wie wir dachten“, bedauert Dorn. Nicht immer sei bis zu den Förderberechtigten durchgedrungen, welche Möglichkeiten es gibt. „Wir haben aber in der Krise gelernt“, sagt die Ministerin heute. Über verschiedene Verbände habe das Land stärker auf die Fördertöpfe aufmerksam gemacht – mit dem Ergebnis, dass die Programme bei späteren Runden komplett ausgeschöpft waren.

Personalien

Angela Dorn, geboren 1982 in Aschaffenburg, ist seit dem 18. Januar 2019 Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst.

Von 2002 bis 2008 studierte Dorn Psychologie an der Philipps-Universität Marburg. Von 2008 bis 2009 war sie Diplom-Psychologin in der forensischen Psychiatrie Haina.

Von 2006 bis 2018 war die heutige Ministerin Stadtverordnete in Marburg. Dem hessischen Landtag gehört sie seit 2009 an. Zur Landtagswahl 2013 war sie Spitzenkandidatin der hessischen Grünen, deren Vorsitzende sie von 2017 bis 2019 war.

Dorn ist verheiratet und hat drei Töchter. kbw

Bei aller Dankbarkeit gibt es bisweilen auch Kritik an der Förderpraxis. Oft würden zwar innovative Projekte gefördert, simple Hilfen wie Zuschüsse für Fahrten zu entfernteren Veranstaltungsstätten aber abgelehnt, heißt es von Betroffenen. „Wir werden als Staat auch nicht alles ausgleichen können“, sagt Dorn. An mancher Stelle sei nicht mehr nur die Kulturförderung des Landes gefragt, sondern die Sozialpolitik des Bundes – dann, wenn Kulturschaffende in finanziellen Nöten Schwierigkeiten haben, ihre privaten Strom- und Gasrechnungen zu bezahlen.

Die entscheidende Frage für sie sei, wie es gelingt, Kultureinrichtungen widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen. Große Hoffnung setzt Dorn in die Ankündigung ihrer Parteifreundin Claudia Roth, heute Kulturstaatsministerin. Diese hat einen Kulturfonds Energie angekündigt, der sich teilweise aus Restmitteln der Corona-Entlastungen zusammensetzt. Die Bundesländer kämen bei der Co-Finanzierung der Förderung ins Spiel, kündigt die hessische Kulturministerin an. „Es wird auch definitiv einen Block für die Kinos geben“, betont Dorn. Die Lichtspielhäuser sind von beiden Krisen besonders hart betroffen.

Masterplan soll kommen

Trotz aller Krisen sei es gelungen, „99 Prozent“ des schwarz-grünen Koalitionsvertrags im Kulturbereich zu verwirklichen, hebt die Ministerin hervor. Eine besondere Aufgabe steht aber noch an: der hessische Masterplan Kultur. Schon vor der Corona-Pandemie hat das Ministerium einen großen Beteiligungsprozess gestartet, um einerseits eine umfassende Bestandsaufnahme der hessischen Kultur und anderseits ein kulturpolitisches Leitbild zu erarbeiten, mit konkreten Ansatzpunkten und Maßnahmen.

Zehn Expertenworkshops haben stattgefunden, nun sind die Ergebnisse in der Auswertung. Der Masterplan sei ein Projekt, das noch weit über die jetzige Legislaturperiode hinausgeht. „Ich hoffe auf einen positiven Beschluss im ersten Quartal 2023“, sagt die Ministerin. Bei der Unterstützung für Kulturstätten sei es wichtig, für die Veranstalter Anreize zu schaffen, damit sie wiederum den auftretenden Künstlern Mindestvergütungen ermöglichen.

Die Bergstraße besuche sie gerne, weil die Region auch kulturell viel zu bieten habe, unterstrich Dorn. Die Förderung der Kultur sei der Kreisspitze wichtig, machte Kreisbeigeordneter Schimpf deutlich.

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