Bergstraße. Weine ohne Alkohol oder mit einem reduzierten Alkoholanteil sind auch an der hessischen Bergstraße im Gespräch. „Das ist bei uns im Betrieb schon länger ein Thema“, berichtet Patrick Staub, Geschäftsführer der Bergsträßer Winzer eG, auf Anfrage dieser Zeitung. „Wir versuchen, auf die Nachfrage zu reagieren.“ Allerdings, so relativiert Staub, sei diese Nachfrage bislang eher gering.
„Aber beim Bier hat sich das auch erst im Laufe der Jahre entwickelt“, zieht der Önologe und Agrarökonom einen Vergleich zum Gerstensaft und erwartet eine ähnliche Entwicklung auch beim Wein.
Weinbauverband
Der Deutsche Weinbauverband (DWV) mit Sitz in Bonn ist die Berufsorganisation der deutschen Winzerinnen und Winzer.
Der Verband vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen.
Der DWV setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern. red
Aktuell im Angebot hat die Winzer eG einen Traubensecco – alkoholfrei, weil der Traubensaft nie gegoren hat, sondern mit Kohlensäure versetzt wurde. „Da dieses Getränk aber auf Saft basiert, ist es naturgemäß sehr süß und trifft daher nicht jedermanns Geschmack“, räumt Staub ein.
Dennoch: Für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen – zum Beispiel aufgrund einer Schwangerschaft – zwar auf Alkohol verzichten aber bei entsprechenden gesellschaftlichen Anlässen nicht auf einfaches Wasser zurückgreifen wollten, sei der Secco durchaus eine Alternative.
Beim Traubensecco bleibt es nicht
Bei dem Traubensecco soll es nicht bleiben. „Wir sind dabei, einen entalkoholisierten Rosé zu entwickeln, den wir im Laufe des Jahres auf den Markt bringen wollen“, verrät Staub, der noch mehr als die alkoholfreien Weine die Entwicklung von alkoholreduzierten Weinen für ein „spannendes Entwicklungsfeld“ hält.
Dabei kommen Technologien zum Einsatz, die „stark ins Gefüge des Weins eingreifen“. Das sei „nicht zu verteufeln“, so Staub. Aber es macht deutlich, welche Veränderungen auf die Winzer in diesem Zusammenhang zukommen könnten.
Daher fordert der Deutsche Weinbauverband (DWV) attraktive Möglichkeiten zur Herstellung von entalkoholisierten und teilweise entalkoholisierten Weinen. „Mit der Novellierung der gemeinsamen Agrarpolitik wird ab 2023 der Rechtsrahmen zur Herstellung von entalkoholisierten (mit weniger als 0,5 Volumenprozent Alkohol) und teilweise entalkoholisierten Weinen (zwischen 0,5 und 8,5 Volumenprozent Alkohol) gestärkt“, heißt es dazu in einer Erklärung des Verbandes.
Der DWV begrüße diese Entwicklung, die im Einklang mit den gesundheitspolitischen Zielen der EU und der Bundesregierung steht. Entscheidend sei die Zulassung von önologischen Verfahren, die „den Charakter von Wein stärken und gleichzeitig eine attraktive Alternative zu den traditionellen Weinen mit Alkohol bieten, um den Ansprüchen der Kundinnen und Kunden gerecht zu werden,“ erläutert Weinbaupräsident Klaus Schneider.
Kein Zusatz von Aromastoffen
Da es sich auch bei den (teilweise) entalkoholisierten Produkten um Wein handele, fordert der DWV alle bereits für Wein zugelassenen önologischen Verfahren analog auch für entalkoholisierte und teilweise entalkoholisierte Weine zuzulassen.
Der Rechtsrahmen für (teilweise) entalkoholisierte Weine sollte sich so nah wie möglich an der Herstellung von Wein bewegen. (Teilweise) entalkoholisierter Wein stelle ein hochwertiges Weinbauerzeugnis der Kategorie „Wein“ dar. Demnach sei, so der DWV, der Zusatz von Aromen oder der Zusatz von Wasser strikt abzulehnen.
Im Rahmen der Anlehnung an das Ursprungsprodukt Wein sei eine scharfe Abgrenzung von aromatisierten weinhaltigen Produkten vorzunehmen. Die Begrifflichkeit „Wein“ sollte in diesem Kontext restriktiv behandelt und ehrlich kommuniziert werden.
„Um einen genussvollen Konsum von hochwertigen Weinen mit moderatem oder geringem Alkoholgehalt zu ermöglichen, soll der Alkohol möglichst schonend aus dem Produkt entfernt werden“, betont der Weinbauverband.
Technisch realisiert wird dies mit Membrantechniken sowie destillativen Verfahren wie beispielsweise der partiellen Vakuumverdampfung oder der „Spinning Cone Column“, auf Deutsch: Schleuderkegelkolonne. Ein solches Gerät wird eingesetzt, um flüchtige Verbindungen aus dem Wein abzutrennen – beispielsweise zur Entschwefelung oder eben zur Entalkoholisierung.
„Ziel ist, die spannenden neuen Trends auf dem innovationsreichen Getränkemarkt aufzugreifen und den Wünschen der Kundinnen und Kunden nach Weinen mit weniger Alkohol gerecht zu werden. Wein soll hierbei Wein bleiben, unabhängig vom Alkoholgehalt“, fordert DWV-Generalsekretär Christian Schwörer.
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