Geldanlage

Viele Aktien aus der Region gehen stabil unsicheren Zeiten entgegen

Merck und TE Connectivity als Stützen des Depots Südhessen Bergstraße. Die Lufthansa steht derweil doppelt unter Druck. Alles zu den Aktien der Region im Aktienranking.

Von 
Michael Roth
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Bergstraße. Die Aussicht auf sinkende Zinsen der Europäischen Zentralbank hat die bekannten Folgen für die Börsen. Bei den Banken gibt es weniger fürs Gesparte, derzeit so wenig, wie seit über einem Jahr nicht mehr, wie Vergleichsportale melden. Das wiederum führt zu höheren Investitionen in Aktien, was sich in den jüngsten Kursentwicklungen widerspiegelt. Doch die passen wiederum nicht so ganz zur aktuell eher tristen Wirtschaftslage. Und so bleibt als vorläufiges Fazit, dass der September als der unsicherste aller Börsenmonate diese Erfahrung auch in diesem Jahr bestätigt.

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Im Aktienranking des Bergsträßer Anzeigers notierten sowohl das Depot Bergstraße/Südhessen als auch das Depot Rhein-Neckar stabil auf dem Niveau des Vormonats. Das Depot Rhein-Main konnte dank der Banken (vor allem der Commerzbank) zulegen. Im Depot Bergstraße/Südhessen hat der Aktienkurs von Dentsply Sirona noch immer keinen festen Boden gefunden. Das Papier notiert auf oder in der Nähe seines Zehnjahrestiefs. Am großen Standort in Bensheim gibt es in Teilen der Produktion aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage nach wie vor Kurzarbeit. Der Konzern hat kürzlich ein weiteres Sparprogramm angekündigt, was aber den Aktienkurs unbeeindruckt ließ.

TE Connectivity trotzt dem Rückgang der Autoproduktion

Relativ unbeeindruckt zeigte sich, jedoch in ganz anderer Hinsicht, der Aktienkurs des Elektrotechnikkonzerns TE Connectivity, ebenfalls mit einem großen Standort in Bensheim. Das für den Standort wichtige Automobilgeschäft wuchs trotz eines Rückgangs der weltweiten Automobilproduktion. TE stellt elektrische und elektronische Bauteile (Steckverbindungen) her, die den Fluss von Daten, Strom und Signalen unter anderem in Autos garantieren. Für das gesamte Geschäftsjahr sind Margenausweitung und Gewinnwachstum avisiert. Vergleichbares, gute Entwicklung trotz schwacher Branchenkonjunktur, gilt auch für den Gabelstaplerhersteller Jungheinrich, ebenfalls mit Standort in Bensheim. Dieser manövriert sich gut durch das derzeit schwierige Umfeld, meint Analyst Peter Rothenaicher von der Baader Bank.

Die Aktie des Darmstädter Merck-Konzerns hat sich gut von ihrem Sommertief erholt und nähert sich wieder ihrem Jahreshoch. Die sich wieder bessernden Elektro- und Life-Science-Geschäfte (Laborausrüstung) von Merck würden von Investoren nach wie vor nicht hoch genug geschätzt, meint Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan. Sorgenkind im Depot Südhessen/Bergstraße ist nach wie vor das Zwingenberger Biotechnologieunternehmen Brain. Hier gab der Aktienkurs erneut nach. Zwar blieb der Umsatz zuletzt stabil, doch es wurde ein höherer Verlust ausgewiesen. Aktionäre warten seit dem Börsengang im Jahr 2016 auf nachhaltige Gewinne. Der Aktienkurs hat sich seit Jahresbeginn mehr als halbiert und notierte zuletzt zeitweise auf einem Allzeittief.

Fuchs erholt sich von Jahrestief, MVV Energie ist nach unten gut abgesichert

Im Depot Rhein-Neckar gibt es für die Aktie der BASF derzeit wenig Perspektiven für Kurssteigerungen. Am Standort Ludwigshafen werden weiterhin aufgrund hoher Energiepreise unrentable Anlagen geschlossen. In China wird weiter investiert. Und so bröckelt auch hier ein Stück industrieller Infrastruktur in Deutschland. Und indirekt ist die BASF von dieser Entwicklung ein zweites Mal betroffen. Denn die großen Kunden aus der Autoindustrie, die auch unter den miserablen Rahmenbedingungen leiden, sind alles andere als zuversichtlich für die nächste Zeit. Ganz anders das Bild beim Softwarekonzern SAP. Der ist nicht nur das größte Schwergewicht auf dem deutschen Aktienmarkt, sondern auch das mit der besten Performance.

Dass die Aktie des Walldorfer Konzerns schon recht hoch bewertet ist, scheint da kaum von Belang. Die Aktie des Mannheimer Schmierstoffkonzerns Fuchs hat sich von ihrem Jahrestief erholt. Doch die Unwägbarkeiten der großen Kundschaft aus der Autoindustrie lasten auf dem Papier. Auch wenn das Unternehmen seine Abhängigkeit von den Autoherstellern sukzessive verringert hat und dies weiter tut. Unsicherheiten bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung im Allgemeinen und der Entwicklung der Rohstoffpreise im Speziellen bestehen weiterhin. Aufgrund der Wachstumspläne blickte man in Mannheim jedoch zuversichtlich auf das restliche Jahr, hieß es zuletzt. Dank der geringen Liquidität der Aktie des Energieversorger MVV Energie ist das Papier nach unten gut abgesichert. Allerdings könnten die wenigen frei handelbaren Papiere unter Druck kommen, da auf den Energiemärkten dank gefallener Großhandelspreise wieder mehr Wettbewerb aufkommen dürfte.

Im Depot Rhein-Main machte zuletzt vor allem die Commerzbank von sich Reden. Erst kündigte der Vorstandschef seinen Rückzug an, dann übernahm die italienische Großbank Unicredit ein Aktienpaket des Bundes. Unicredit ist auf dem deutschen Markt bereits mit der Hypovereinsbank aktiv und hält nun fast zehn Prozent an der Commerzbank. Vieles deutet auf einen Übernahmeversuch der Italiener hin. „Um flexibel zu bleiben, wird Unicredit bei den Aufsichtsbehörden die Genehmigungen beantragen, gegebenenfalls den Anteil über 9,9 Prozent auszubauen, falls und wann auch immer dies erforderlich sein sollte“, hieß es aus Italien vielsagend. Ohne Chefwechsel und Anteilserwerb hat die Aktie der Deutschen Bank zuletzt zugelegt. Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan rechnet im kommenden Jahr mit Ertragsfortschritten im Geschäft mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen. Die höheren Erträge würden jedoch durch geringere Gebühren im Investmentbanking teilweise wieder zunichtegemacht.

Niedrige Ticketpreise und höhere Kosten setzen Lufthansa zu

Gleich doppelt unter Druck ist die Lufthansa: niedrige Ticketpreise und höhere Kosten müssen bewältigt werden. Harry Gowers von JPMorgan hat seine Gewinnerwartungen reduziert, die liegen nun eher am unteren Ende des Unternehmensausblicks für dieses Jahr. Immerhin dürften die Luftfrachtvolumen wegen Kapazitätsengpässen sowie in Europa expandierenden Online-Modehändlern wie Shein und Temu weiter steigen. Beim Flughafenbetreiber Fraport sei der Ausstieg aus dem Flughafen Delhi in Indien strategisch positiv, meint Analyst Patrick Creuset von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Graham Hunt vom Analysehaus Jefferies weist darauf hin, dass damit die Prioritäten des Flughafenbetreibers deutlich geworden seien. Dieser bevorzuge wegen seiner hohen Verschuldung und des negativen freien Cashflows Bargeld.

Bleibt noch der Gesundheitskonzern Fresenius, dessen Aktie seit dem Frühjahr nur noch eine Richtung kennt: aufwärts. Und das, obwohl die ganze Branche über die unsteten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen klagt. Sven Kürten von der DZ Bank erklärt das folgendermaßen: Fresenius entwickele sich in seinen beiden Geschäftsbereichen sehr gut. Wachstumsmotor Kabi, das Geschäft mit Infusionen und klinischer Ernährung, sei auf einem guten Weg. Die Kliniksparte Helios habe in ihren Kernmärkten frühzeitig die richtigen Weichen gestellt und auch die Entschuldung des Konzerns komme gut voran.

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