Bergstraße. Viele Aktienkurse von Unternehmen aus der Region habe es sich anscheinend in der sommerlichen Hängematte bequem gemacht. Denn in den vergangenen vier Wochen hat sich der Wert zahlreicher Papiere kaum verändert. Das haben sie mit dem Deutschen Aktienindex Dax gemeinsam.
Doch manche Aktionäre sind auch in Schwitzen gekommen. Und das hat nichts mit den sommerlichen Temperaturen zu tun, oder der Großwetterlage an den Kapitalmärkten.
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Dort ist es nach wie vor eher ruhig. Und das trotz der politischen Unwägbarkeiten in Europa mit der unklaren Regierungsbildung in Frankreich, dem sich zuspitzenden Handelsstreit mit China und der Gemengelage im Vorfeld der US-Präsidentenwahl im November.
Und die für die Märkte wichtigeren Akteure, die Notenbanken, scheinen derzeit wenig Interesse daran zu haben, kurzfristig die Zinsen weiter zu senken, was den Kursen einen Schub geben dürfte. Bei der EZB wird es frühestens im September so weit sein und die US-Notenbank gab sich zuletzt eher zögerlich.
Im Aktienranking des BA waren es in den letzten Wochen vor allem große Einzeltitel, die den Wert des Depots beeinflussten. Und so steht unter dem Strich für das Depot Bergstraße/Südhessen ein Minus von vier und im Depot Rhein-Main ein Minus von drei Prozent. Die Papiere aus dem Depot Rhein-Neckar blieben stabil.
Brain hat sich von seinem jüngsten Kurstief erholt
Das Depot Bergstraße/Südhessen wurde vom Darmstädter Merck-Konzern kräftig nach unten gezogen. In dessen schon mittlerweile jahrzehntelangem Sorgenkind, der Pharmasparte reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Doch Trost naht. „Es gibt ein Leben nach Xevinapant“, meint Analyst Matthew Weston von der Schweizer Großbank UBS mit Blick auf den Forschungsmisserfolg des Krebsmittels. Florent Cespedes vom US-Analysehaus Bernstein Research wirft die grundsätzliche Frage nach dem langfristigen Wachstumsprofil der Sparte auf.
In die andere Richtung ging es mit dem Aktienkurs von TE Connectivity. Der Elektrotechnikkonzern mit seinem großen Standort in Bensheim scheint unverändert vom weltweiten Trend hin zu Elektroautos zu profitieren. Wie stark, das werden die neuesten Quartalszahlen nächste Woche zeigen. Der Aktienkurs mit seinem Anstieg in den letzten Tagen und Wochen deutet auf gute Nachrichten hin.
Drei Regionen – drei Depots: Das Aktienranking des Bergsträßer Anzeigers
- Der Bergsträßer Anzeiger hat verschiedene regionale Aktiendepots zusammengestellt und berichtet in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung dieser (fiktiven) Geldanlagen.
- Im Depot Bergstraße/Südhessen sind die Anteilsscheine des Dentaltechnikweltmarktführers Dentsply Sirona enthalten, ebenso die Papiere von TE Connectivity. Beide Konzerne sind an US-Börsen notiert. Für den besseren Vergleich werden Euro-Wechselkurse verwendet. Mit von der Partie sind die Anteilsscheine des Flurfördertechnikunternehmens Jungheinrich und des Zwingenberger Biotechunternehmens Brain. Nicht fehlen darf natürlich der Dax-Konzern Merck aus Darmstadt.
- Im Depot Rhein-Neckar liegen Aktien des Softwarekonzerns SAP, des Mannheimer Energieversorgers MVV, von Südzucker, dem Schmierstoffkonzern Fuchs Petrolub sowie der BASF.
- Das Depot Rhein-Main enthält Papiere der Deutschen Bank und der Commerzbank, sowie von Lufthansa und Fraport. Hinzu kommt der Bad Homburger Fresenius-Konzern. mir
Die könnte auch Dentsply Sirona gebrauchen. Der größte Arbeitgeber an der Bergstraße hat nach wie vor Mitarbeiter am Standort Bensheim in Kurzarbeit. Sollte der Aktienkurs jedoch ein Vorbote guter Nachrichten sein, dann dürften die bald kommen. Denn das Papier legte seit letzter Woche zu. Ende des Monats wird sich zeigen, ob die Quartalszahlen des Herstellers für Dentalprodukte und -technik auch so gut ausfallen.
Das Zwingenberger Biotechunternehmen Brain hat sich zwar von seinem jüngsten Kurstief erholt. Doch hier fehlt noch immer der Nachweis, dass das Geschäftsmodell nachhaltig profitabel ist. Aktionäre, die schon beim Börsengang 2016 dabei waren, machen heute drei Kreuze, das Papier rechtzeitig abgestoßen zu haben.
Vier Millionen Euro Verlust pro Tag am BASF-Stammsitz
Im Depot Rhein-Neckar kämpft der Chemiekonzern BASF mit den Unbilden der Politik. Infolge der Förderkürzung hierzulande brach die Nachfrage nach Elektroautos ein. Die BASF musste als Hersteller von Batteriechemikalien die Kapazitätsplanung nach unten korrigieren. Dann teilte der Konzern noch mit, dass Standorte (Knappsack bei Köln und Frankfurt) geschlossen werden, weil sie nicht mehr wettbewerbsfähig sind, Stichwort Energiepreise. Am Stammsitz in Ludwigshafen wartet auch noch Arbeit. Hier soll der Verlust vier Millionen Euro betragen – pro Tag.
Beim Softwarkonzern SAP plagt man sich im Vergleich dazu mit Luxusproblemen herum. Wie lange und wie oft sollen Mitarbeiter im Home Office arbeiten, war das meist diskutierte Thema. Vorstandschef Christian Klein fordert, dass die Mitarbeiter mindestens drei Tage pro Woche im Büro arbeiten müssen. Bisher haben sie die Möglichkeit, komplett von zuhause aus zu arbeiten. Und die Geschäfte? Für Toby Ogg von der US-Bank JPMorgan ist unter den europäischen Software- und IT-Unternehmen SAP erste Wahl. Die Walldorfer böten eine starke Kombination aus einem beschleunigten Umsatzwachstum, dessen Potenzial immer noch unterschätzt werde, sowie einer Steigerung der Margen.
Auch beim Schmierstoffkonzern Fuchs halten Analysten eine weitere Margensteigerung für möglich. Während die Absatzvolumina im zweiten Quartal weiter gestiegen sein dürften, sollte die schwächer als ursprünglich erwartete weltweite Automobilnachfrage diese positive Entwicklung im zweiten Halbjahr jedoch wieder abbremsen, merkt Analyst Oliver Schwarz von Warburg Research an.
Lufthansa: 20 Prozent weniger Flüge als vor der Corona-Pandemie
Im Depot Rhein-Main machte zuletzt die Lufthansa von sich reden. Zwar gelang endlich die Übernahme der italienischen ITA (früher Alitalia). Doch Konzernchef Carsten Spohr soll kürzlich bei einem Mitarbeiterforum Alarm geschlagen haben. Es laufe überhaupt nicht so, wie er sich das vorstelle, meldete das Handelsblatt. Lufthansa führe 20 Prozent weniger Flüge durch als vor der Corona-Pandemie, habe aber genauso viele Mitarbeiter wie 2019. Das bedeute 20 Prozent weniger Produktivität. Harry Gowers von der US-Bank JPMorgan weist zudem auf die zweite Gewinnwarnung in diesem Jahr hin. Es gebe in allen von der Fluggesellschaft bedienten Regionen Preisdruck sowie Kostenineffizienzen im Kerngeschäft. Schlimmer geht es kaum.
Auch der Kurs des Flughafenbetreibers Fraport litt zuletzt. Das aktuelle Kursniveau liege jedoch nahe den Zwölfmonatstiefs, von hier aus sei das absolute Verlustpotenzial begrenzt, erklärt Analyst Graham Hunt vom Analysehaus Jefferies. Operativ hätten Streiks und schlechtes Wetter den Flughafenbetreiber in sechs Monaten rund eine halbe Million Passagiere gekostet. Das Passagiervolumen liege bei 85 Prozent des Vor-Corona-Niveaus.
Gut lief hingegen die Aktie des Gesundheitskonzerns Fresenius (u.a. Helios-Krankenhäuser), hier rechnen manche Analysten damit, dass die Prognose für das laufende Geschäftsjahr angehoben werden könnte. Besser als gedacht könnte sich auch das Geschäft der Banken entwickeln. Die Zinsen für Einlagen schrumpfen schon wieder, wohingegen die für Kredite hoch bleiben. Die Differenz wird unter der Rubrik Marge verbucht. Das dürfte dann auch bei den nächsten Quartalszahlen von Deutscher Bank und Commerzbank zu sehen sein. Allerdings weisen Analysten bei der Deutschen Bank auf weitere Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten hin. Bei der Commerzbank rechnen sie mit einem robusten Quartal sowie mit einer geringeren Risikovorsorge für mögliche Kreditausfälle.
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