Bergstraße. Die Börse ist weiter auf Rekordjagd. Ob die 18 000 Punkte beim Dax nun das Ende der Fahnenstange oder nur eine weitere Rekordmarke, wird sich zeigen. Rückschlägen sind derzeit nicht in Sicht. Die politische Großwetterlage von der Ukraine über Gaza bis zur US-Präsidentenwahl lässt die Börsen ungerührt.
Die Notenbanken werden vermutlich im Sommer die Zinsen senken, was für weiter steigende Kurse spricht. Und wenn die Bundesregierung demnächst auf Aktien zur Finanzierung der Rente setzt, wird das die Kurse ebenfalls beflügeln. Bleiben noch die durchwachsenen Quartalsberichte der Unternehmen. Eine Rezession in Deutschland ist in den Kursen bereits eingepreist. Auch weltweit wachsen die Bäume nicht in den Himmel - aber sie wachsen. Vor allem Anleger mit starken Dividendentiteln dürften sich derzeit am zufriedensten zurücklehnen.
Im Aktienranking des Bergsträßer Anzeigers zeigt sich ein gemischtes Bild. Denn nicht alle Titel machten in den vergangenen Wochen die Höhenflüge an der Börse mit. Am besten schnitt diesmal das Depot Rhein-Neckar mit einem Plus von sieben Prozent ab. Vor allem die Dax-Mitglieder BASF und SAP profitierten. Deren Kurse ziehen automatisch an, wenn via Indexfonds, in Aktien investiert wird.
Im Depot Bergstraße/Südhessen lag das Plus bei drei Prozent. Hier machte Merck den größten Sprung, vermutlich auch dank des Indexeffekts. Auf ein Plus von zwei Prozent brachte es das Depot Rhein-Main. Und das trotz der Dax-Mitglieder Deutsche Bank und Commerzbank.
Pharma-Nöte bei Merck
Im Depot Bergstraße/Südhessen legten die Aktien Merck-Konzerns am stärksten zu. Nach dem Boom in den Corona-Jahren gab es letztes Jahr einen Gewinnrückgang. Für das laufende Jahr ist wieder Wachstum geplant, kündigte Konzernchefin Belén Garijo diese Woche an, was den Aktienkurs beflügelte.
So sieht das auch Emily Field von der britischen Investmentbank Barclays. Die Aussichten auf das laufende Jahr haben sich für den Chemie- und Pharmakonzern verbessert, schreibt sie in einer neuen Analyse. Hinsichtlich der Verbesserungen der Produkt-Forschungspipeline im Pharmageschäft seien allerdings noch Fragen offen. Ein Witz bei Merck geht so: Was kommt bei Merck aus der Pharmaforschung? Um 16 Uhr die Pharmaforschung.
Einen Kursrückgang im positiven Börsenumfeld erlebte der Elektrotechnikkonzern TE Connectivity mit seinem großen Standort in Bensheim. Profitierte das Unternehmen zuletzt vom Boom bei Elektroautos, hier sieht sich das Unternehmen als Marktführer, dürften die Geschäfte aufgrund der gesunkenen Nachfrage sowie Produktion von E-Autos nicht mehr so blendend laufen. Die Stimmung unter den Analysten hat sich zuletzt nicht verändern. Einee Hälfte rät zum Kauf der Aktie, die andere zum Halten.
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Der Aktienkurs von Dentsply Sirona blieb zuletzt stabil. Die Aussichten für den Standort Bensheim sind nicht allzu rosig. Die seit Oktober anhaltende Kurzarbeit wurde bis spätestens September verlängert. Als ein Grund wurde das schlechte Deutschlandgeschäft genannt. Leistungskürzungen der Krankenkassen und hohe Zinsen lassen Zahnärzte weniger in Röntgengeräte und weitere technische Praxisausrüstung investieren. Für Konzernchef Simon Campion soll das laufende Jahr der Wendepunkt für eine verbesserte Profitabilität werden, wie es in einer Mitteilung zu den Zahlen des Geschäftsjahres 2023 hieß. Aus dem Umsatz dürfte die nach momentanem Stand wohl nicht kommen, eher aus den Kosten.
Beim Zwingenberger Biotechnologieunternehmen Brain wurde auf der Hauptversammlung am Mittwoch einmal mehr beschworen, dass man die feste Absicht habe weiter zu wachsen und schwarze Zahlen zu schreiben. Der Aktienkurs dümpelt nach wie vor unter vier Euro. Beim Börsengang 2016 waren es 9 Euro. Die jüngsten Quartalszahlen wiesen weniger Umsatz und einen höheren Verlust aus.
Beim Softwarekonzern SAP stehen die Zeichen auf Wachstum
Im Depot Rhein-Neckar steht das Schwergewicht BASF vor großen Herausforderungen. Neben der schwächelnden Konjunktur macht vor allem die schwindende Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und Europa zu schaffen. Zu viel Bürokratie und zu hohe Energiekosten verdrießen die Heimatliebe. Und was macht die BASF? Baut in Ludwigshafen Arbeitsplätze ab und investiert in China. Was braucht es noch an Weckruf für die Politik, die unverdrossen Warnsignale überhört? Die BASF-Aktionäre können sich derweil trotz eines recht schwachen Kursverlaufs auf eine stabile (hohe) Dividende freuen.
Beim Softwarekonzern SAP stehen die Zeichen, offenbar unbeeindruckt von der Konjunktur, auf Wachstum. Das gilt auch für den Aktienkurs. Zudem will der Vorstand die Marge kräftig steigern, wie Analyst Michael Briest von der Schweizer Großbank UBS anmerkt. Dass „SAP-Gottvater“ Hasso Plattner bei der Suche nach einem Nachfolger für sich auf dem Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden keine gute Figur macht, ist nicht mehr als eine Randnotiz. Dass Plattner auch künftig weiter kräftig in Walldorf mitmischt, dürfte klar sein, mit welchem Titel, ist egal.
Im Depot Rhein-Main profitieren die Commerzbank und die Deutsche Bank vom günstigen Zinsumfeld. Vergleichsweise hohe Kredit- und niedrige Sparzinsen lassen die Margen steigen. Mates Nemes von der UBS ist für die Commerzbank zuversichtlich. Renditesteigerungen und hohe Ausschüttungen an die Aktionäre böten erhebliches Aufwärtspotenzial für die Aktien der Bank.
Die Lufthansa macht derzeitmehr von Streiks von sich reden. Und auch der Blick auf den Aktienkurs deutet auf nichts Gutes hin. Schon vor Wochen wies Andrew Lobbenberg von der britischen Investmentbank Barclays weitsichtig darauf hin, dass die Jahreszahlen und der Ausblick der Fluggesellschaft zwar stark seien. Allerdings rechnete er mit weiteren Streiks und sieht keinen offensichtlichen Weg, um die Lage zeitnah zu deeskalieren. Immerhin gibt es seit vier Jahren mal wieder eine Dividende.
Der Gesundheitskonzern Fresenius kommt bei seiner Neuausrichtung voran. Das sieht auch die Analystenzunft so. Der Konzern habe viel Vertrauen eingebüßt in den vergangenen Jahren, sagt Analyst Falko Friedrichs von der Deutschen Bank. Das neue Management mache aber Fortschritte in die richtige Richtung. Graham Doyle von der UBS sieht das ähnlich. Das Papier des Gesundheitskonzerns sei aber dabei, den Bewertungsabschlag zu schließen.
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