Bergstraße. Die Aussichten für Aktienkurse im neuen Jahr sind alles andere als klar. Nach oben gibt es angesichts der schlechten Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung nicht viel Luft. Immerhin scheinen die Kurse nach unten noch recht sicher. Sinkende Zinsen sind nicht in Sicht, wie EZB-Präsidentin Christine Lagard diese Woche auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ankündigte.
Erste Anzeichen, in welche Richtung es geht, werden die vorläufigen Jahresergebnisse der Konzerne zeigen, die Ende des Monats eintrudeln. Und wohin sich die Großwetterlage entwickelt, wird sich erst im Jahresverlauf zeigen. Der US-Wahlkampf und die Lage im Nahen Osten können die Börsen „möglicherweise ordentlich durchrütteln“, mutmaßt Portfoliomanager Thomas Altmann vom Investmenthaus QC Partners.
In den Depots des Aktienrankings des Bergsträßer Anzeigers zeigt sich in den vergangenen vier Wochen eine unterschiedliche Entwicklung. Hatte das Depot Bergstraße/Südhessen im vergangenen Jahr durch den Einbruch der Merck-Aktie kräftig Federn lassen müssen, legte es nun mit einem Plus von zwei Prozent einen soliden Jahresstart hin. Das Depot Rhein-Neckar trat mit einem Minus von einem Prozent fast auf der Stelle, das Depot Rhein-Main erlitt Verluste von fünf Prozent.
Dentsply Sirona als Gewinner im Januar-Ranking
Größter Gewinner im Januar-Ranking war das Dentaltechnikunternehmen Dentsply Sirona, mit einem großen Standort in Bensheim. Der Aktienkurs machte in den letzten Wochen einen Sprung von mehr als zehn Prozent und dürfte damit das Dezembertief hinter sich gelassen haben. Bei einer Investorenkonferenz vor wenigen Tagen teilte das Management mit, dass der bereinigte Umsatz 2023 auf oder über der bisherigen Prognose liegen werde. Außerdem wurde das Jahresziel, beim bereinigten Gewinn je Aktie und dem Ziel, diesen im laufenden Jahr zweistellig zu steigern, bestätigt.
Einziges Unternehmen mit einem gesunkenen Aktienkurs im Depot Bergstraße/Südhessen war TE Connectivity. Pünktlich zum Jahresstart ging es bergab. Wie es weitergeht, könnte sich nächste Woche zeigen, wenn Quartalszahlen bekanntgegeben werden. Gut möglich, dass die Flaute bei Elektroautos, für die TE Steckverbindungen und Sensoren liefert, sich auf die Aussichten niederschlagen könnte.
Die Merck-Aktie erholt sich
Langsam auf Erholungskurs nach dem Kursdebakel im vergangenen Jahr, als ein hoffnungsvolle Medikamentenentwicklung enttäuschte, scheint die Merck-Aktie zu sein. Matthew Weston von der Schweizer Großbank UBS sieht erheblichen Spielraum für eine positive Dynamik im neuen Jahr. Grund sei, dass sich die Sparten Life Science (Laborausrüstung) und Electronics (Halbleiter) von der Schwäche nach dem Covid-Lagerabbau und vom trägen Halbleiterzyklus erholten.
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Einen kurzen Ausflug nach oben machte am Mittwoch die Aktie des Zwingenberger Biotechunternehmens Brain nach der Bekanntgabe von Geschäftszahlen am Vormittag. Am Nachmittag war der Zauber schon wieder vorbei und das Papier notierten nur noch knapp über dem Vortagesniveau. Vorstandschef Adriaan Moelker bekräftigte das Ziel eines profitablen Wachstums und erwartet einen „nachhaltig höheren Aktienkurs.“ Stabil hielt sich die Jungheinrich-Aktie. Die Nachfragetrends stabilisierten sich, sodass das Tief wohl erreicht sei, meint Analyst Lasse Stüben von der Berenberg-Bank. Der Lagertechnik-Hersteller erwarte eine Erholung ab dem Frühjahr.
Es war kein guter Start für die BASF–Papiere
Im Depot Rhein-Neckar erwischte die BASF-Aktie keinen guten Jahresstart. Dabei hatte sich das Papier vor Weihnachten noch gut nach oben gearbeitet. Eine Erholung der Chemiebranche dürfte sich langwierig gestalten, es sei keine starke Nachfragebelebung zu erwarten, so Analyst Gunther Zechmann vom US-Analysehaus Bernstein Research.
In diesem Umfeld zieht der Experte Aktien von Chemieunternehmen vor, die mit ihren Produkten eher auf die Endverbraucher ausgerichtet sind. Frühzyklische Werte wie BASF empfiehlt er zu meiden. Bleibt die Hoffnung auf Kostensenkungen, die bereits eingeleitet wurden.
Für wenig Begeisterung sorgte auch die Aktie von Südzucker in den vergangenen Wochen. Alex Sloane von der britischen Investmentbank Barclays weist darauf hin, dass der Südzucker-Finanzchef bestätigt habe, dass die Produktionskosten für Zucker in den nächsten Quartalen um 100 Euro je Tonne steigen dürften. Dies bestärke ihn in seiner Überzeugung, dass der Höhepunkt der Profitabilität im Zuckergeschäft wahrscheinlich schon überschritten worden ist.
Den umgekehrten Weg nahm die SAP-Aktie, sie hatte einen guten Jahresstart. Und es könnte so weitergehen. Michael Briest von der UBS glaubt, dass bei dem Softwarekonzern die Weichen gestellt sein dürften für ein weiteres gutes Jahr 2024. Genauso sieht das Knut Woller von der Baader Bank. Der Softwarehersteller dürfte operativ solide abgeschnitten haben und auch für das Jahr 2024 einen ordentlichen Ausblick liefern.
Beim Energieversorger MVV Energie hallt die frohe Botschaft vom Jahresende mit Rekordgewinn, Dividendensteigerung und Sonderdividende noch nach. Hier sind die Ausschläge aber schon bei kleinen Handelsvolumina recht groß. Die Mehrheit der Aktien liegt bei der Stadt Mannheim (50,1 Prozent), 45,1 Prozent hält die australische First Sentier Investors, nur der nur der Rest ist frei handelbar.
Im vergangenen Jahr wurden 59,4 Millionen Passagiere abgefertigt
Im Depot Rhein-Main scheint der kurze Höhenflug der Lufthansa schon wieder vorbei. Von den Hochs der Vor-Corona-Zeit dürften Aktionäre nur noch versonnen träumen. Dabei sind die Aussichten gar nicht so schlecht. Jarrod Castle von der Großbank UBA merkt an, dass die europäischen Fluggesellschaften ihr Gewinnwachstum fortsetze dürften. Der Geschäftsreiseverkehr dürfte zunehmen, die Privatkundennachfrage zumindest stabil und das Flugangebot eingeschränkt bleiben. Aber nicht alle teilen den Optimismus. Harry Gowers von der US-Bank JP Morgan erklärt, dass niedrigere Treibstoffkosten die moderat gesunkenen Preise ausgeglichen haben dürften.
Der Flughafenbetreiber Fraport hat seinen Aufwärtstrend zwar fortgesetzt, die Aktie konnte davon aber nicht profitieren. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 59,4 Millionen Passagiere abgefertigt. Das war ein Fünftel mehr als 2022. Der Konzern hatte für das vergangene Jahr ein Aufkommen von 80 bis 90 Prozent des Vorkrisenniveaus von 2019 mit damals rund 70,6 Millionen Passagieren erwartet – also zwischen rund 56 und knapp 64 Millionen Fluggäste.
Die Aktionäre von Fresenius konnten sich nur kurz über ihre Aktien zum Jahresstart freuen. Schon vergangene Woche wieder ging es bergab. Nach einer Präsentation von Fresenius-Chef Michael Sen bei der JP Morgan-Gesundheits-Konferenz meint Analyst David Adlington, dass bei dem Konzern weiterhin der Schuldenabbau hohe Priorität habe. Mit einem Verkauf der Beteiligung am Dialyseanbieter Fresenius Medical Care (FMC) habe es Sen nicht eilig, auch wegen des Vertrauens in eine Margenerholung bei FMC.
Bleiben noch die Banken. Hier hat sich bei den Aktienkursen zum Jahreswechsel wenig getan. Höhere Zinsen dürften sich im Zinsüberschuss auswirken. Bei der Commerzbank sollten sich die Ergebnisse sukzessive verbessern, prognostiziert Andreas Pläsier vom Analysehaus Warburg Research. Bei der Deutschen Bank spiegele der Aktienkurs noch nicht die Neupositionierung und die gesteigerte Profitabilität wider, meint Analyst Gerard Cassidy von der kanadischen RBC.
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