Bergstraße. An den Weltbörsen blieb ein Schock nach dem Angriffskrieg der islamistischen Terrororganisation Hamas gegen Israel aus. Ein Grund: Moderate Töne der amerikanischen Notenbank, die auf eine Zinspause in den Vereinigten Staaten hoffen lassen, hatten den Nahen Osten an der Börse in den Hintergrund gedrängt und für steigende Aktienkurse gesorgt. Und auch eine alte Börsenregel hat sich wieder in Erinnerung gebracht: Kaufen, wenn die Angst groß ist. Doch die Kaufimpulse reichten (noch) nicht aus, um die seit August vielfach gesunkenen Kurse aufgrund wachsender Konjunktursorgen aufzufangen.
Und so mussten im Vergleich zum BA-Aktienranking im September auch die meisten Aktien aus der Region Einbußen hinnehmen. Das Depot Bergstraße/Südhessen sowie das Depot Rhein-Neckar gaben, wie der Deutsche Aktienindex Dax auch, um rund zwei Prozentpunkte nach. Um gleich sechs Prozent ging es hingegen mit dem Depot Rhein-Main nach unten, was aber vor allem am Kurssturz der Fresenius-Aktie lag.
Dentsply Sirona schwächelt
Im Depot Bergstraße/Südhessen war die Aktie von Dentsply Sirona in den letzten Wochen ein Verlierer. Zuletzt hieß es, die immer schwächer werdende Wirtschaftslage in Deutschland mache ebenso zu schaffen wie neu aufkommende Konkurrenz aus Asien. Anfang November findet ein Investorentag statt, dann könnte es Neuigkeiten geben.
Auch mit dem Papier von TE Connectivity ging es bergab, wenn auch nicht so stark wie Sirona. Hier könnte die einbrechende Nachfrage nach Elektroautos nach dem Auslaufen der staatlichen Förderung hierzulande eine Rolle gespielt haben. Anfang November folgen die nächsten Quartalszahlen von TE Connectivity, dann wird man sehen, wie stark das ins Kontor schlägt.
Die Merck-Aktie verlor ebenfalls. Es gebe wenig Anzeichen dafür, dass der Gegenwind im Segment Life Science (Laborausstattung) bald nachlassen wird, meint Analystin Emily Field von der britischen Investmentbank Barclays. Merck habe sich mit Blick auf die erwartete Erholung des Bereichs vorsichtige Ziele gesetzt. Aufwärtspotenzial böten die bevorstehenden Markteinführungen des Multiple-Sklerose-Mittels Evobrutinib und des Präparats Xevinapant zur Behandlung von Tumoren.
Das Zwingenberger Biotechnologieunternehmen Brain gewann mit seinem Bereich Akribion Genomics (Gen-Scheren) zuletzt den ersten Preis eines Start-Up-Wettbewerbs und ein Wissenschaftler wurde mit einem Innovationspreis in dem Gebiet ausgezeichnet. Zudem wurde noch eine Patenterteilung vermeldet. Aber auch hier gilt: Die wissenschaftliche Expertise muss in klingende Münze, sprich schwarze Zahlen, umgemünzt werden. Erst dann dürfte der Aktienkurs wieder zulegen.
Beim Gabelstaplerhersteller Jungheinrich mit seinem Standort in Bensheim haben zuletzt branchenweite Konjunktursorgen die Aktie belastet, so Analyst Lucas Ferhani vom Analysehaus Jefferies. Die könnten aber zu negativ gewesen sein. Bis zum Jahresende sollten die Unternehmen von massiven Auftragsbeständen zu höheren Preisen profitieren.
Vieles im Fluss bei der BASF
Im Depot Rhein-Neckar machte zuletzt die BASF von sich reden. Einzelne Bereiche sollen verkauft werden (Öl und Gas, Katalysatoren für Verbrennerautos) und es steht auch bald die Frage der Nachfolge von Konzernchef Martin Brudermüller an. Als Favorit gilt Asien-Vorstand und Brudermüller-Vertrauter Markus Kamieth. Aber auch die Ludwigshafener Standortchefin Melanie Maas-Brunner könnte sich Chancen ausrechnen, heißt es. Der Aktie hat beides nicht geholfen. Der Chemiekonzern werde wohl innerhalb der nächsten zwei Wochen die Prognose für das operative Ergebnis in diesem Jahr senken, vermutet Analyst Sebastian Bray von der Berenberg-Bank. Die Dividendenrendite sei zwar hoch, aber vom Gewinn vermutlich nicht gedeckt.
Das Papier von SAP blieb als eines der wenigen halbwegs stabil. Das Wachstum des Softwarekonzerns dürfte im zweiten Halbjahr unter dem für das Erreichen der Jahresziele notwendigen Tempo zurückbleiben, meint Analyst Michael Briest von der Schweizer Großbank UBS. Für Gegenwind sorge die Zurückhaltung der Kunden, perspektivisch blieben die Trends aber positiv. Ebenfalls gehalten hat sich die Aktie des Schmierstoffkonzerns Fuchs Petrolub. Priyanke Patel von der UBS hob das positive Preis-Kosten-Verhältnis hervor und rechnet mit guten Zahlen zum dritten Quartal. Anil Shenoy von Barclays sieht das ähnlich und weist darauf hin, dass die Aktie nach wie vor billig sei. Vorbei scheint der Höhenflug der Südzucker-Aktie zu sein. Die EU-Zuckerpreise dürften 2023 ihre Höhepunkte erreichen, so Analyst Oliver Schwarz vom Analysehaus Warburg Research. Er senkte seine Gewinnerwartungen.
Banken legen zu
Im Depot Rhein-Main legten die Kurse von Deutscher Bank und Commerzbank zu. Beide habe wieder die Marke von 10 Euro übersprungen. Und es könnte weiter nach oben gehen. Die Deutsche Bank dürfte eine solide operative Entwicklung ausweisen, meint Analyst Andreas Pläsier von Warburg Research. Er schraubte seine Ertrags- und Gewinnprognosen für die Jahre 2023 bis 2025 leicht nach oben. Der Commerzbank macht die polnische Tochter mBank zu schaffen. Analyst Chris Hallam von der US-Investmentbank Goldman Sachs passte seine Prognosen für die Commerzbank an die Verlustankündigung aus Polen an. Daraus resultierten seine reduzierten Gewinnschätzungen für die nächsten beiden Jahre.
Börsenanalyst Alexander Irving vom US-Analysehaus Bernstein Research weist für die Lufthansa auf den Einstieg von Air France-KLM bei der schwedischen SAS hin. Letztere werde den Luftfahrtverbund Star Alliance verlassen müssen und sich wohl der Konkurrenz-Allianz Skyteam anschließen. Darüber dürfte das Star-Alliance-Mitglied Lufthansa mit ihren umfangreichen Kurzstreckenverbindungen von den nordischen Ländern zu den Drehkreuzen nicht gerade glücklich sein.
Einen regelrechten Einbruch erlebte dieser Tage die Aktie von Fresenius. Auslöser war eine Studie des Pharmaunternehmens Novo Nordisk mit einem Antidiabetikum für chronische Nierenpatienten. Diese sei unerwartet früh zur befürchteten Belastung für Fresenius geworden, so JP-Morgan-Analyst David Adlington. Die Dänen könnten die Studie vorzeitig beenden - wegen erwiesener Wirksamkeit. In der Studie wurde untersucht, ob das Antidiabetikum Ozempic das Fortschreiten einer chronischen Nierenerkrankung verzögern und das Todesrisiko durch Nieren- und Herzprobleme senken kann.
Das mittel- bis langfristige Wachstum bei der Anzahl der Dialysepatienten dürfte damit ordentlich gebremst werden, prophezeit Adlington. Dialyse ist das Kerngeschäft der Fresenius-Beteiligungsgesellschaft Fresenius Medical Care FMC. Fresenius hält knapp ein Drittel der Aktien an FMC.
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