Altbauten

77.700 Wohnungen sind laut Studie reif für eine Sanierung

Regional-Untersuchung des Pestel-Instituts zur Sanierung von Wohngebäuden im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel

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Im Kreis Bergstraße müssen laut Pestel-Institut 77.700 Wohnungen saniert werden. Unser Symbolbild zeigt Schwanheim und Fehlheim von oben. © Thomas Neu

Bergstraße. Viele Häuser im Kreis Bergstraße brauchen bald viele Handwerker: Die Wohngebäude sind enorm in die Jahre gekommen. Das geht aus der aktuellen Analyse zum regionalen Wohnungsbestand hervor, die das Pestel-Institut gemacht hat. Von den insgesamt rund 129.000 Wohnungen im Landkreis Bergstraße sind demnach 60 Prozent schon 45 Jahre oder älter: Rund 77.700 Wohnungen in Altbauten sind damit mehr oder weniger „reif für eine Sanierung“.

Ein wichtiger Punkt bei dem „Gebäude-Check“: der Energieverbrauch. „Je mehr Geld Bewohner fürs Heizen und für warmes Wasser ausgeben müssen, desto höher ist der Druck, das Haus energetisch zu sanieren“, sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut. Im Fokus der Untersuchung steht deshalb auch die durchschnittlich verbrauchte Energie pro Quadratmeter Wohnfläche im Kreis Bergstraße.

Beim Energieverbrauch über dem Bundesdurchschnitt

„Dabei herausgekommen ist, dass die Wohngebäude im Landkreis Bergstraße beim Energieverbrauch 2,1 Prozent pro Quadratmeter über dem bundesweiten Durchschnitt liegen“, so Matthias Günther. Dazu habe das Pestel-Institut in seiner Datenanalyse die Struktur der Wohngebäude im Kreis Bergstraße mit dem Bundesdurchschnitt verglichen. Wichtig sei dabei insbesondere die Altersstruktur der Wohngebäude. Ebenso der Gebäudetyp – also die Anzahl der Ein- und Zweifamilienhäuser sowie der Mehrfamilienhäuser.

Der Energieverbrauch fürs Wohnen ist nach Angaben des Pestel-Instituts der entscheidende Richtwert für die Energiespar-Sanierungen, die in den kommenden Jahren noch auf den Landkreis Bergstraße zukommen: „Immerhin sei es das Ziel, den gesamten Gebäudebestand in Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Wenn der Kreis Bergstraße bis dahin klimaneutral wohnen soll, dann ist es notwendig, bei den Sanierungen in den ‚Turbo-Gang‘ zu schalten“, so Matthias Günther vom Pestel-Institut, das die Regional-Untersuchung zur Sanierung von Wohngebäuden im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) gemacht hat.

Für die Hauseigentümer bedeute dies, in die Tasche greifen zu müssen: „Pro Jahr sollte sich der Landkreis Bergstraße auf rund 550 Millionen Euro Sanierungskosten einstellen – allein fürs Energiesparen. Und das 20 Jahre lang“, erklärt Matthias Günther. Basis der Berechnungen ist eine bundesweite Studie des landeseigenen Bauforschungsinstituts „ARGE für zeitgemäßes Wohnen“ in Schleswig-Holstein.

Der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel spricht von einem „Mammut-Projekt für den Landkreis Bergstraße“. Dessen Präsidentin Katharina Metzger fordert deshalb jetzt „finanziellen Rückenwind“ für die Eigentümer: „Entscheidend ist, dass mehr und mehr – gerade private – Hauseigentümer mitziehen. Vor allem, dass sie sich Sanierungen überhaupt erlauben können. Das klappt nur, wenn die Politik mehr Anreize schafft: Es ist höchste Zeit, Energiespar-Sanierungen deutlich besser zu fördern als bislang.“ Auf keinen Fall dürfe Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) mit ihren Plänen durchkommen, Förderprogramme für die Sanierung zusammenzustreichen – und das um mehr als 3 Milliarden Euro.

„Wohnungsbaukrise wird von Tag zu Tag schlimmer“

An die Adresse der Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Bergstraße und der Region appelliert der Baustoff-Fachhandel, sich in Berlin für einen „Push bei der Gebäudesanierung“ stark zu machen: „Altbau-Sanierungen würden helfen, Jobs auf dem Bau im Kreis Bergstraße zu sichern. Denn die Wohnungsbaukrise wird von Tag zu Tag schlimmer“, so BDB-Präsidentin Katharina Metzger.

Der Wohnungsbau sei wie gelähmt: Zwar habe Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) versprochen, dass „die Bagger auch wieder rollen“. „Doch auf den versprochenen Neubau-Turbo warten der Kreis Bergstraße und Hessen immer noch. Die Wohnungsbaukrise geht weiter. Dem Bau rutschen die Kapazitäten weg: Bauarbeiter verlieren ihre Arbeit. Betriebe machen dicht. Diese Bau-Spirale nach unten muss vor allem der Bund jetzt dringend stoppen: Er muss die Konjunktur-Notbremse für den Bau ziehen“, fordert Katharina Metzger. Gerade das Ankurbeln von Sanierungen und Modernisierungen gebe dem Bau einen wichtigen Schub, den dieser dringend brauche.

Im Fokus muss dabei das Energiesparen stehen, so das Pestel-Institut. „Um Heizkosten zu senken, sind die Dachdämmung, neue Isolierfenster und Wärmepumpen das A und O. Dabei ist es bei einem alten Dach nicht so entscheidend, ob drei Zentimeter mehr oder weniger an Dämmung zwischen die Sparren passen. Hauptsache, ab der obersten Geschossdecke passiert überhaupt etwas“, sagt Institutsleiter Günther.

red

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