Persönlich

25 Jahre zwischen Gronau und der zweiten Heimat in Afrika

Cornelia Engel hat nach dem Abitur einen Kindergarten in einem afrikanischen Dorf gebaut. Noch heute zieht es sie immer wieder dorthin zurück.

Von 
Sina Roth
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Im Medienhaus in Bensheim hat Cornelia Engel nicht nur von ihrer Liebe zu Afrika berichtet, sondern auch viele Erinnerungen in Form von Bildern mitgebracht. © Sina Roth

Bergstraße. Wenn sie von ihren Reisen nach Tansania und ihren Erlebnissen vor Ort erzählt, strahlt Cornelia Engel. Zahlreiche Bilder hat sie zum Gespräch im Medienhaus in Bensheim mitgebracht.

„Freiheit und ein ganz besonderes Verhältnis zu den Menschen“, das verbindet die Gronauerin mit Afrika. Genauer: dem kleinen Dorf Dareda im Nordosten Tansanias.

Vor 25 Jahren ist die inzwischen 43-Jährige zum ersten Mal in das Land gereist – nach dem Abitur an der Liebfrauenschule, für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ).

Wieso gerade Afrika? Das wurde sie oft gefragt. „Schon als kleines Mädchen habe ich gerne in Bildbänden über Afrika geblättert, die meinem Papa gehörten. Ich war fasziniert davon, vor allem von den Stämmen“, erzählt sie.

Ein Wink des Schicksals

Ein Jahr lang lebte und arbeitete die damals 19-Jährige in Tansania. Und vor Ort erkannte sie, was am dringendsten fehlte: ein Kindergarten, in dem die Kinder auch die Buchstaben, zählen und Englisch lernen.

Einmal berichtete sie ihrer Mama in einem Brief davon. Als Martha Engel dann mal wieder die Bensheimer Freundin Helga Riedel traf, war es ein Wink des Schicksals.

Cornelia Engel bei den Kindern am Kindergarten in Dareda. © Privat

Denn als diese hörte, dass Cornelia einen Kindergarten in Dareda bauen möchte, war sie fasziniert von dem Gedanken. Sie war es auch, die damals über den Bergsträßer Anzeiger eine Spendenaktion ins Leben rief.

Über 4000 Mark kamen dabei zusammen. Damit war die Finanzierung des Projekts mehr als gesichert. Vor Ort konnte man damit ein Gebäude bauen, in dem täglich 50 Kinder untergebracht und unterrichtet werden können.

Auch die Söhne waren schon dabei

Außerdem wurde mit dem Geld eine junge Eingeborene zur Erzieherin ausgebildet. Eine Zeit lang unterrichtete Cornelia die Kinder im Vorschulalter auch selbst. Das deutsche Abitur wurde als Qualifikation anerkannt.

Im Laufe der vergangene 25 Jahre zog es Cornelia Engel immer wieder nach Afrika. Inzwischen waren auch ihre beiden Söhne, Bastian und Benjamin, schon mit ihr in Tansania.

„Ich finde es so schön zu sehen, wie die Kinder zusammen spielen, ohne Berührungsängste.“
Cornelia Engel Flugbegleiterin aus Gronau

Mit Händen und Füßen verständigen sie sich. Engel selbst hat während ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs Suaheli gelernt.

„Wir waren auch einmal zusammen in einem Massai-Dorf, bei einem Freund von mir. Dort waren wir bei einer Massai-Zeremonie dabei“, berichtet sie. Für Engel selbst war es bereits die zweite Massai-Zeremonie.

Einblicke in die Arbeit in Dareda. © Privat

Dabei wurden auch zwei Kühe und mehrere Ziegen geopfert, nach und nach zerteilt und auch das Blut getrunken. „Nichts wird dabei verschwendet“, betont Engel. Ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, wie man vermuten könnte. Allerdings gehöre es zu dem feierlichen Akt dazu, ebenso wie das Singen und das Feiern.

In all den Jahren hat sie viele Freunde in Tansania gefunden und den Kontakt gehalten. „Früher war das gar nicht so einfach, da musste man noch sechs Wochen auf Briefe warten“, erinnert sie sich und lacht.

„Inzwischen haben aber viele Menschen dort Handys.“ Ausrangierte Geräte bringt sie beispielsweise auch von Deutschland auf ihren Reisen mit.

Fließendes Wasser und Strom

Eine langjährige Freundschaft verbindet sie mit Familie Mayi, die sie bereits bei ihrem ersten Aufenthalt nach dem Abi kennengelernt hat. Wie damals übernachtet sie auch heute noch bei ihren Besuchen vor Ort im Gästehaus des Krankenhauses. Doch seitdem hat sich einiges getan.

„Damals hatten wir auf dem Gelände nur dann Strom, wenn im Krankenhaus operiert wurde“, erinnert sie sich. Heute ist das anders.

Heute ist Mama Dymphna 90 Jahre alt. Fast ihr ganzes Leben lang hat sie Kinder bei sich aufgenommen und sich um sie gekümmert. © Privat

„Es gibt Strom und auch fließendes Wasser – zumindest theoretisch.“ Denn der Strom fällt schon ab und an aus und nicht immer führt der Wasserfall genug Wasser.

Im Dorf lebt auch Mama Dymphna. Die inzwischen 90 Jahre alte Frau hat die Bensheimerin tief beeindruckt. Fast ihr ganzes Leben lang hat sie Kinder bei sich aufgenommen, die teilweise von ihren Eltern einfach im Krankenhaus gelassen und nicht mehr abgeholt wurden, weil sie für ein „behindertes“ Kind „keine Verwendung“ mehr hatten oder die Behandlung nicht bezahlen konnten.

Herzlichkeit und Wärme der Menschen

Auch ein Foto von ihr hat Cornelia Engel mitgebracht: Von Kindern umringt schaut sie glücklich in die Kamera, strahlt Herzlichkeit und Wärme aus.

Wenn Engel mit ihren Kindern oder Freunden in Dareda ist, packen alle mit an. „Meine Jungs haben zum Beispiel geholfen, Bohnen aus den Hülsen zu pulen“, berichtet Engel.

Sie selbst kümmert sich vorrangig um ihr „Baby“, den Kindergarten.

Manchmal versteht man sich auch ganz ohne Worte. Auch Cornelias Sohn Benjamin hat in Tansania schon Freunde gefunden. © Privat

Ob kaputte Fenster oder fehlendes Mittagessen – Cornelia Engel sieht, wo es fehlt und hilft, wo sie kann. Wenn Bedarf für bestimmte Projekte oder Material besteht, dann sammelt sie – zurück in Deutschland angekommen – Geld in einer Box in der Bensheimer Kletterhalle.

Dort arbeitet sie nämlich, neben ihrem eigentlichen Beruf als Flugbegleiterin. Damit die gesammelten Spenden auch für den gewünschten Zweck genutzt werden, kümmert sich Cornelia Engel selbst darum.

Essen für ein Jahr finanziert

Ob schon ein neues Projekt ansteht, das weiß sie noch nicht genau. „Vielleicht stelle ich wieder eine Spendenbox auf, um ein Jahr lang Mittagessen für die Kinder zu finanzieren“, so Engel.

Bereits für ein bis zwei Euro im Monat bekommt ein Kind im Kindergarten jeden Tag ein Mittagessen, einen süßen Maisbrei. Doch das Geld haben nicht alle Familien.

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Schon einmal hat sie aus diesem Grund ein Jahr lang das Essen für die aktuell 40 Kindergartenkinder durch Spenden gesichert. Die Eltern mit ins Boot geholt hat sie bei einer Versammlung, bei der auch ein Elternbeirat gegründet wurde.

Wo ansonsten Unterstützung gebraucht wird, das wird Cornelia Engel schon bald sehen. Denn fest steht: Die nächste Reise nach Tansania lässt sicher mehr lange auf sich warten. Im Juli will sie wieder nach Afrika reisen.

Redaktion

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