Bundespolitik

Was sich im Staatsbürgerschaftsrecht ändern soll

Die Ampelkoalition will das Staatsbürgerschaftsrecht reformieren und die Einbürgerung erleichtern. Was dahintersteckt und warum das Vorhaben so umstritten ist

Von 
Theresa Martus
Lesedauer: 
Die Bundesregierung will die Einbürgerung erleichtern. © Fabian Sommer/dpa

Berlin. Die Bundesregierung will das Staatsbürgerschaftsrecht reformieren. Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) stellten die Pläne am Montag in Berlin vor. Eine Demokratie lebe von der Möglichkeit, mitzubestimmen, sagte Scholz bei der Veranstaltung „Deutschland. Einwanderungsland. Dialog für Teilhabe und Respekt“. „Wer auf Dauer hier lebt und arbeitet, der soll auch wählen und gewählt werden können, der soll Teil unseres Landes sein, mit allen Rechten und Pflichten, die dazugehören - und zwar völlig unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder religiösem Bekenntnis.“

Welche Ausländer können sich derzeit einbürgern lassen?

Wer seit acht Jahren in Deutschland lebt und ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht hat, kann eine Einbürgerung beantragen. Bewerberinnen und Bewerber müssen sich zum Grundgesetz bekennen, nachweisen, dass sie mindestens auf dem Niveau B1 Deutsch sprechen und schreiben können, und einen „Einbürgerungstest“ bestehen.

Voraussetzung ist außerdem, dass man seinen eigenen Lebensunterhalt sichern kann, nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist und sich in die „deutschen Lebensverhältnisse“ einordnet. Wer sich einbürgern lässt, muss in der Regel seine bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben. Wer erfolgreich einen Integrationskurs besucht hat, kann den Antrag schon nach sieben Jahren stellen, bei „besonderen Integrationsleistungen“ auch schon nach sechs. Die Einbürgerung kostet für Erwachsene 255 Euro.

Was will die Ampel jetzt ändern?

Der Gesetzentwurf von Innenministerin Faeser, der dieser Redaktion vorliegt, soll Menschen schon nach fünf Jahren eine Einbürgerung möglich machen. In Ausnahmen könnte ein Migrant schon nach drei Jahren Deutscher werden, wenn er „besonders gut integriert ist“, etwa gutes Deutsch spricht, „herausragende Leistungen in Schule oder Beruf“ erzielt, sich ehrenamtlich engagiert.

Mehr zum Thema

Kommentar Der Mensch zählt

Veröffentlicht
Kommentar von
Jörg Quoos
Mehr erfahren

Kinder von ausländischen Eltern, die in Deutschland geboren sind, erhalten „vorbehaltlos“ die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren mit einem Aufenthaltstitel in Deutschland lebt. Faeser will „Integration von Anfang an“. Auch Mehrstaatigkeit ist künftig möglich. Gerade aus der Generation der „ersten Gastarbeiter“ leben viele seit Jahrzehnten in Deutschland, arbeiten hier, haben Familie - aber noch immer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Auch hier will die Innenministerin den Zugang erleichtern - und auf den bisher verpflichtenden schriftlichen Sprachnachweis verzichten. Es reicht, wenn die Menschen sich verständigen können. Auch der Einbürgerungstest fällt in diesem Fall weg.

Bei Sicherheitsüberprüfungen verschärft der Entwurf die Rechtslage dagegen. Nicht mehr nur der Verfassungsschutz soll Personen vor der Einbürgerung überprüfen, sondern auch der Bundesnachrichtendienst, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt.

Zudem sollen die Behörden künftig auch „Mehrehen“ in den Blick nehmen und als Ausschlussgrund werten. Als Mann gleichzeitig mit mehreren Frauen verheiratet zu sein ist in Deutschland verboten. Die im „Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau“ werde damit nicht akzeptiert, heißt es in dem Gesetzentwurf. Somit gibt es auch keinen deutschen Pass.

Wie begründet die Regierung ihre Pläne?

Schon im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP angekündigt, ein „modernes Staatsangehörigkeitsrecht“ zu schaffen. „Dazu gehört, dass wir schneller, besser und mehr einbürgern“, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD).

Hintergrund ist auch, dass die Bundesrepublik angesichts des Fachkräftemangels in zahlreichen Branchen und der demografischen Entwicklung dringend Zuwanderung braucht: Es gehe auch „um die Stärke unseres Landes, denn wir brauchen Fach- und Arbeitskräfte, die gerne zu uns kommen und bleiben“, sagte die SPD-Politikerin. Längst ist ein globaler Wettbewerb um Zuwanderung gewachsen.

So richtig einig steht die Koalition aber offenbar nicht hinter dem Vorhaben. Denn während die Grünen Faesers Pläne befürworten, gibt es Zweifel in der FDP. Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der Liberalen, sagte der „Rheinischen Post“, jetzt sei nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts. „Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration.“ Grünen-Chef Omid Nouripour sagte dagegen, es sei „gut so“, dass das Innenministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt habe - und erinnerte die liberalen Koalitionspartner, „dass im FDP-Programm steht, dass die Einbürgerung nach vier Jahren erfolgen soll“. Unterstützung kommt von den Wirtschaftsweisen. Eine erleichterte Einbürgerung stärke die Integration, sagte Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats: Angesichts des demografischen Wandels und des steigenden Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels sei das „unbedingt zu begrüßen“.

Woran stört sich die Opposition?

Die Union hält von den Plänen gar nichts. „Die Ampel begeht einen schweren Fehler, wenn sie die Kriterien für den Erhalt der Staatsbürgerschaft aufweicht“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja. „Die Staatsangehörigkeit ist kein Artikel, den es bei Black Friday im Sonderangebot gibt.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf der Ampelkoalition sogar vor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu „verramschen“.

Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen