Finanzen

Vorsorgen mit 30, 40 oder 50 Jahren

Nur von der Rente werden viele nicht leben können. Aber es lässt sich ein Polster anlegen, meint ein Experte

Von 
Thorsten Knuf
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Hand Protecting Senior Couple Cutout Figures On Desk © istock

Berlin. Die Rente wird für viele Arbeitnehmer nicht reichen, um den Lebensstandard zu sichern. Wie richtig vorsorgen? Wir haben sechs Musterfälle entwickelt – je zwei Menschen im Alter von 30, 40 und 50 Jahren. Thomas Hentschel, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, erläutert, was er raten würde.

Richtig vorsorgen mit 30 Jahren

Fallbeispiel 1

Angestellte Rechtsanwältin, 3000 Euro netto im Monat. Wohnt mit ihrem Freund zur Miete, noch nicht verheiratet, noch keine Kinder, noch kein konkretes Immobilienprojekt. Könnte 500 Euro pro Monat entbehren.

Hentschel: „Wie es bei der Frau in Sachen Karriere, Familie und Immobilie weitergeht, ist offen. Deshalb sollte sie jetzt Ziele definieren: Will sie in 10 bis 15 Jahren eine Immobilie kaufen, braucht sie sicher verfügbares Eigenkapital von 20 Prozent. Kommt es nicht zum Kauf, kann sie das Ersparte für das Alter zur Seite legen.

Je nach Zinserwartung könnte sie jetzt zunächst das Geld auf ein Tagesgeldkonto einzahlen, um von eventuell steigenden Zinsen zu profitieren. Sobald ein Polster entstanden ist, lässt es sich auf ein besser verzinstes Festgeldkonto transferieren. Für Festgeld gibt es teilweise schon wieder mehr als 2,5 Prozent Zinsen, Tendenz steigend. Bleibt der Immobilienkauf aus, würde sich anbieten, bei einem langen Anlagehorizont auch breit gestreute Aktienfonds (ETFs) in den Blick zu nehmen.“

Fallbeispiel 2

Friseurin, lebt allein zur Miete. 1700 Euro netto. Hat 3000 Euro als Notgroschen auf dem Sparbuch und 100 Euro im Monat übrig.

Hentschel: „Auf einem Tagesgeldkonto wäre der Notgroschen besser angelegt. Um mit 100 Euro pro Monat Kapital aufzubauen, könnte die Frau einen Aktienfondssparplan abschließen. Sie könnte auch 50 Euro in eine sichere Geldanlage wie Tagesgeld oder Festgeld stecken und die anderen 50 Euro in eine chancenorientierte Anlage wie einen Aktienfondssparplan. Die Stiftung Warentest spricht vom ,Pantoffel-Portfolio’: Einmal eingerichtet muss man sich kaum noch kümmern.

Ob der Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge lohnt, muss man im Einzelfall prüfen. Riester-Verträge lohnen sich nur bedingt. Auch mit 100 Euro pro Monat lassen sich dank des Zinseszinseffekts beträchtliche Summen ansparen: Bei einer dreiprozentigen Verzinsung etwa zahlt man innerhalb von 30 Jahren 36 000 Euro ein und bekommt mehr als 58 000 Euro heraus.“

Richtig vorsorgen mit 40 Jahren

Fallbeispiel 3

Kfz-Meister, verheiratet, ein Kind. 3400 Euro netto, seine Frau hat einen Minijob. Die Familie wohnt zur Miete, zahlt im Monat 600 Euro in einen Bausparvertrag ein. Hat pro Monat 300 Euro übrig.

Hentschel: „Hier steht ein Immobilienerwerb im Vordergrund – auch um im Alter mietfrei wohnen zu können. Wenn der Bausparvertrag zugeteilt wird, hat die Familie Eigenkapital dafür. Die Frage ist, wie viel Schulden zusätzlich aufgenommen werden müssen.

Die Immobilienpreise sind hoch, die Bauzinsen stark gestiegen. Mietzahlungen fallen aber weg. Wenn man eine Immobilie kauft und selbst nutzt, sollten die monatlichen Kosten fürs Wohnen warm nicht mehr als 40 bis 45 Prozent des Nettoeinkommens betragen. Das entspricht 30 bis 35 Prozent für Zins und Tilgung. Die Immobilie sollte mit Rentenbeginn schuldenfrei sein.“

Fallbeispiel 4

Verkäufer, geschieden, kein Kind. 1900 Euro netto, wohnt zur Miete. Hat eine Kapitallebens-versicherung, will pro Monat 150 Euro sparen.

Hentschel: „Der Mann könnte ebenfalls ein ,Pantoffel-Portfolio’ ins Auge fassen. Beim Festgeld ist zu beachten, dass die Sparzinsen derzeit in der Tendenz steigen. Es empfiehlt sich, den Anlagebetrag oder einen Teil davon zunächst für drei oder sechs Monate zu parken und danach zu verbesserten Bedingungen neu anzulegen. Den Neuabschluss einer weiteren Kapitallebensversicherung würde ich heute nicht mehr empfehlen. Ältere Verträge haben aber oft noch attraktive Konditionen.“

Richtig vorsorgen mit 50 Jahren

Fallbeispiel 5

Beamtin, lebt in Partnerschaft ohne Trauschein mit einem Kollegen in einer nahezu abbezahlten Eigentumswohnung. Das Paar hat zwei jugendliche Kinder. Sie verdient pro Monat 3200 Euro netto, will 500 Euro davon anlegen.

Hentschel: „Die Frau und ihr Partner können mit einer korrekten Pension rechnen. Zudem bewohnen sie die eigene Wohnung, die bald schuldenfrei sein wird. Überlegt werden sollte zunächst, ob und wie die Ausbildung der Kinderunterstützt werden kann. Dafür kann schon Geld gespart werden. Wenn diese Entscheidung getroffen ist, wird man sehen, wie viel von den 500 Euro übrig ist. Auch dafür kann das ,Pantoffel-Portfolio’ infrage kommen. Für eine Anlage in Aktienfonds sollte der Anlagehorizont stets zehn Jahre oder besser mehr betragen.“

Fallbeispiel 6

Selbstständiger Architekt, verheiratet. Verdient je nach Auftragslage 3000 bis 4000 Euro netto pro Monat. Lebt in einem geerbten Haus, hat eine berufs-ständische Altersvorsorge und 80 000 Euro in Aktien und Festgeld investiert. Könnte pro Monat 1000 Euro sparen.

Hentschel: „Dank des Hauses kann der Architekt im Alter mietfrei wohnen oder Mieteinnahmen erzielen. Eine Immobilie muss aber instand gehalten werden. Überlegen sollte er, dafür Rücklagen zu bilden. Der Mann könnte jetzt schauen, ob es steuerlich für ihn vorteilhaft ist, für die weitere Altersvorsorge freiwillige Beiträge an sein Versorgungswerk zu zahlen oder eine private Rürup-Rente abzuschließen. Diese geförderte Vorsorgemöglichkeit hat den Nachteil, dass es keine Auszahlung auf einen Schlag gibt und Ansprüche nicht vererbt werden können. Da der Mann Aktien besitzt, könnte es sinnvoll sein, das Depot weiter zu optimieren.“

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