Pandemie - Corona auf dem Vormarsch – die Angst vor neuen Beschränkungen wächst / Baden-Württemberg will Geimpfte befreien

Vor allem Jüngere infiziert

Von 
Basil Wegener
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Vor allem junge Erwachsene, die viele Kontakte haben, erkranken derzeit. Bei den 20- bis 24-Jährigen stieg die Inzidenz binnen einer Woche von 10 auf 19. © dpa

Berlin. Steigende Corona-Zahlen in Deutschland und ein starkes Anschwellen von Ausbrüchen in Nachbarländern lassen die Sorge vor neuen Einschränkungen in Deutschland wachsen. Laut Robert Koch-Institut hat sich das Virus vor allem bei jungen Menschen verbreitet. Die Delta-Variante habe rasch viele Ungeimpfte getroffen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief eindringlich zur Impfung auf. Mehr Menschen müssten vollen Impfschutz haben, um erneute Beschränkungen zu vermeiden. Für mehr Sicherheit an Schulen fördert der Bund nun auch den Einsatz mobiler Luftfilter. Baden-Württemberg will ab 1. September alle Einschränkungen für Geimpfte aufheben.

Wie im vergangenen Sommer steigen die Zahlen vor allem bei jungen Erwachsenen. So nahmen bei den 20- bis 29-Jährigen die Fälle pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen zu, wie das RKI in seinem jüngsten Lagebericht schreibt. Bei den 20- bis 24-Jährigen stieg die Inzidenz am stärksten: von 10 auf 19 binnen zwei Wochen. Eine leichte Zunahme gab es bei aus dem Ausland eingeschleppten Fällen – derzeit aber laut RKI „noch auf geringem Niveau“. Bei den Krankenhausbehandlungen von Covid-19-Patienten setzt sich der „zuletzt allgemein abnehmende Trend“ nicht fort. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland lag bei 7,1 – nach 6,5 am Vortag.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der „Augsburger Allgemeinen“, er sehe mit Sorge, dass die Disziplin beim Maskentragen drinnen und beim Abstand schon wieder sehr gering werde. „Jeden Tag, mit jeder Impfung befreien wir uns ein Stück mehr aus den Fängen der Pandemie und holen uns unser Leben zurück“, sagte Bundespräsident Steinmeier in einer Videobotschaft. „Zeigen Sie Verantwortung für sich und für andere. Lassen Sie sich impfen!“, forderte er. Eine möglichst hohe Impfquote schütze auch Schulkinder und diejenigen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könnten. Genauso gehe es darum, dass etwa Geschäfte, Betriebe, Kultureinrichtungen und Restaurants geöffnet bleiben könnten.

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43,7 Prozent der Menschen in Deutschland sind inzwischen vollständig gegen das Coronavirus geimpft: 36,4 Millionen Personen. Ein Sprecher von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, zwar könnten sich auch Vollgeimpfte infizieren. „Aber die Impfung schützt zu deutlich über 90 Prozent vor einer schweren Erkrankung.“

Ende Juni wollen Gesundheitsressort, RKI und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die nächste Phase ihrer Impfkampagne starten, wie ein der Deutschen Presse-Agentur vorliegendes Konzept zeigt. In der zweiten Juli-Hälfte sollen zwei TV-Spots und ein Hörfunk-Spot starten. Für Berlin kündigte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) im rbb „eine lange Nacht des Impfens“ an. Einbinden wolle man auch die Clubszene. Wie hoch die Impfquote bei 20- bis 29-Jährigen ist, geht aus RKI-Daten nicht hervor. Menschen unter 60 Jahren sind jedoch mit rund 42 Prozent noch deutlich seltener vollständig geimpft als Ältere. Bei den Minderjährigen sind es erst rund 1,6 Prozent, mindestens eine Dosis haben rund 5 Prozent.

Luftfilter an Schulen

Um Ansteckungen bei Minderjährigen und die Weitergabe des Virus in ihre Familien im Herbst möglichst zu verhindern, soll es nun auch mehr mobile Luftfilter an Schulen geben. Dazu sollen den Ländern 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wie das Wirtschaftsministerium nach einem Beschluss des Kabinetts mitteilte. Minister Altmaier sprach von einem Beitrag, um den Präsenzunterricht und die Kinderbetreuung im Herbst und Winter „auch bei Verschlechterung der Infektionslage“ aufrechtzuerhalten. Allerdings können nur Einrichtungen einen Antrag stellen, in denen Kinder unter 12 Jahren betreut werden. Das gilt auch für Schulen, die zugleich auch von älteren Kindern besucht werden. Bereits seit Mitte Juni können Schulen und Kitas Fördermittel für den Einbau von festen Luftfilteranlagen beantragen. Es gibt maximal 500 000 Euro je Standort. Bisher sind hier 75 Millionen Euro abgeflossen.

Großveranstaltungen in Deutschland solle es nur „lageabhängig“ wieder geben und „mit entsprechenden Hygienekonzepten, sagte ein Sprecher des Gesundheitsressorts. Keine Bewertung wollte der Sprecher zum Fall im niederländischen Utrecht abgeben. Mindestens 1000 Besucher eines Musikfestivals mit 20 000 Menschen hatten sich dort infiziert. Die Chefs der Staats- und Senatskanzleien hatten am 6. Juli im Grundsatz beschlossen, dass auch in Deutschland Großveranstaltungen mit bis 25 000 Personen wieder zugelassen werden sollen, wobei Negativ-Tests, Impfung oder Genesung nachgewiesen werden müssen.

In Baden-Württemberg sollen ab 1. September vollständig gegen das Coronavirus Geimpfte sowie Genese alle Rechte zurück bekommen. Für sie entfallen dann die Corona-Einschränkungen, wie eine Sprecherin des Landesgesundheitsministeriums in Stuttgart am Mittwoch bestätigte. Für nicht vollständig Geimpfte oder Ungeimpfte solle es beim Besuch von Restaurants, Bars, Clubs, Kultur- oder Sportveranstaltungen dann eine Testpflicht geben.

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