Mannheim. Bei den zwei Landtagswahlen am 8. Oktober in Hessen und Bayern können die Unionsparteien CDU und CSU nach den aktuellen Umfragen der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen Erfolge anpeilen, obwohl die zwei Ministerpräsidenten Boris Rhein und Markus Söder keinen Amtsbonus haben. Ihre Popularitätswerte sind nicht gut, sie profitieren aber davon, dass die Kandidatinnen und Kandidaten der Oppositionsparteien noch schlechter abschneiden.
Hessen
„Boris Rhein hat in Hessen kein strahlendes Landesvater-Image, er schlägt aber Kapital daraus, dass sich die Grünen in der Bundesregierung nicht besonders gut durchsetzen können, das gilt vor allem für die Klimapolitik“, sagt Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen. Im Vergleich zur Umfrage vor drei Wochen kann der Ministerpräsident seinen schlechten Popularitätswert um vier Zehntel auf 1,2 verbessern und sich damit vom Spitzenkandidaten der Grünen absetzen. Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir legt auf der Skala von plus bis minus fünf nur um zwei Zehntel zu und kommt auf einen Durchschnittswert von 0,8. Besonders schwach schneidet Bundesinnenministerin Nancy Faeser ab, die langjährige SPD-Landespolitikerin verschlechtert sich von minus 0,8 auf minus 1,1. „Einen solch niedrigen Durchschnittswert findet man bei Wahlen auf Landesebene nur sehr selten“, sagt Jung. Woran liegt das? „Faeser wirkt unglaubwürdig, kurz vor der Wahl setzt sie sich plötzlich für einen härteren Kurs in der Asyl- und Migrationspolitik ein. Das nimmt ihr niemand ab“, so der Wahlforscher.
Die Leistungsbilanz der Regierung und damit auch die der schwarz-grünen Koalition fällt mit 0,3 bescheiden aus. Dabei nehmen die Hessen die Arbeit der CDU (0,3) deutlich positiver wahr als die der Grünen (minus 0,7). Die Oppositionsparteien können sich nicht profilieren, die Wählerinnen und Wähler stufen ihre Leistung durchweg negativ ein. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass sich die Hessen für Boris Rhein als gewünschten Ministerpräsidenten aussprechen. Den direkten Vergleich mit Tarek Al-Wazir gewinnt er mit 44 zu 31 Prozent. Beim Duell mit Nancy Faeser ist das Ergebnis noch klarer. 55 Prozent sprechen sich für den Amtsinhaber aus, 21 Prozent votieren für Faeser.
Wenn bereits an diesem Sonntag Landtagswahl wäre, würde sich die CDU auf Basis der Umfrage um zwei Zähler auf 32 Prozent verbessern, das wären im Vergleich zu 2018 fünf Prozentpunkte mehr. Damals hatte die CDU zweistellige Verluste hinnehmen müssen. Die Grünen verlieren zwei Prozentpunkte und könnten mit ihren 17 Prozent normalerweise zufrieden sein. „Aber die Erwartungshaltung ist bei ihnen größer. Sie haben 2018 ihr Ergebnis mit 19,8 Prozent fast verdoppelt und wurden zweitstärkste Kraft und Koalitionspartner der CDU“, sagt Jung. Jetzt sieht es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Grünen, der SPD und der AfD aus. Die FDP muss mit ihren fünf Prozent um den Einzug in den Landtag bangen. Für die Freien Wähler würde es mit vier Prozent nicht reichen. Beide Parteien müssen sich am 8. Oktober also auf Zitterpartien einstellen.
Bayern
In Bayern gehen die Uhren bekanntlich anders, auch in der Politik. Doch langsam muss sich die CSU Sorgen machen. In der aktuellen Umfrage stagniert sie bei 36 Prozent – das sind 1,2 Prozent weniger als bei der Abstimmung vor fünf Jahren. Damit würde sie sogar ihr historisch schwächstes Ergebnis von 2018 verfehlen. Damals musste die CSU ein zweistelliges Minus hinnehmen. Nur zur Erinnerung; 2013 holte Edmund Stoiber in Bayern 60,7 Prozent. Für die SPD (unverändert neun Prozent) bleibt der Freistaat Diaspora. Der FDP droht wie schon oft in der Vergangenheit das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Grünen bleiben stabil bei 16 Prozent und liegen damit knapp vor den Freien Wählern, die auf 15 Prozent (minus eins) und der AfD, die sich auf 14 Prozent (plus zwei) verbessert.
Bei einem solchen Ergebnis würde es neben der amtierenden Koalition aus CSU und Freien Wählern auch für eine Regierung aus CSU und Grünen reichen. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Söder den Koalitionspartner nach der Wahl austauscht. Das Festhalten an seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger spricht da Bände. Interessant ist, dass 67 Prozent der Befragten es für richtig halten, dass Söder den Chef der Freien Wähler trotz der Flugblattaffäre im Amt belassen hat. „Dass die AfD zulegt, lässt sich dadurch erklären, dass der Landtagswahlkampf inhaltlich inzwischen von den Themen Asyl und Migration überlagert wird“, sagt Jung.
„Wie die Hessen vergeben auch die Bayern der Regierung und dem Amtsinhaber schwache Noten. „Söders Popularitätswert liegt mit 1,0 noch unter dem Rheins. Er profitiert aber davon, dass die Oppositionsparteien in Bayern traditionell wenig zu melden haben“, sagt Jung. Und deshalb schneidet Söder mit seinem sehr schlechten Popularitätswert deutlich besser ab als die abgeschlagene Konkurrenz. Ludwig Hartmann, Spitzenkandidat der Grünen, kommt auf nur minus 0,3. Florian Brunn (SPD) erzielt minus 0,2. Selbst Söders Stellvertreter Aiwanger – 2018 beim Image noch vor Söder – erzielt nur 0,2. Deshalb ist es nicht überraschend, dass sich 54 Prozent im Duell der Kandidaten von CSU und Grünen für den Amtsinhaber Markus Söder entscheiden.
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