Naturschutz

Mehr Abholzung aus Rache?

Sorge um Amazonas-Regenwald

Von 
Tobias Käufer
Lesedauer: 
Illegale Bergbaulager sind eine Ursache für die Abholzungen. © E. Barros/AP/dpa

Rio de Janeiro. Die Nachrichten kamen zur Unzeit. Ausgerechnet kurz bevor John Kerry, der US-Sondergesandte für das Klima, nach Brasilien reiste, vermeldeten Medien besorgniserregende Zahlen. Allein bis zum 17. Februar seien 209 Quadratkilometer im brasilianischen Amazonas-Regenwald abgeholzt worden. Das wäre der höchste Wert für diesen Monat seit Datenerhebung, kommentiert das Magazin „Oeste“. Die Daten stammen vom Institut für Weltraumforschung (Inpe), dass die Abholzung per Satellit überwacht.

Kerry versicherte, er vertraue den neuen Personen in der Regierung von Präsident Luiz Inacio Lula da Silva. Er habe in den Gesprächen einen wirklichen Willen zur Veränderung festgestellt. Seit Anfang des Jahres ist der 77-Jährige wieder im Amt. Die Regierung des Linkspolitikers schockte Umweltorganisationen bereits mit der Versenkung eines mit Giftmüll beladenen Kriegsschiffes im Ozean – trotz heftiger Proteste. Eines der zentralen Wahlkampfversprechen Lulas ist die Umsetzung einer Null-Abholzungsstrategie im Amazonas-Regenwald. Unter Vorgänger und Rechtspopulist Jair Bolsonaro, der indigene Rechte und Umweltschriften massiv abbaute, waren die Abholzungszahlen erst drei Jahre wieder angestiegen, dann allerdings wieder gesunken.

Die Bundesregierung griff der Lula-Regierung mit einer bemerkenswerten Soforthilfe unter die Arme: „Insgesamt unterstützt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die brasilianische Regierung in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit mit 200 Millionen Euro“, hieß es im Januar von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze.

Gegenmaßnahmen angekündigt

Die Abholzungszahlen überraschen auch deshalb, weil es zuvor im Januar einen Rückgang um 61 Prozent gegeben hatte. Ein Erfolg, den die Regierung für sich in Anspruch nahm. Umweltministerin Marina Silva, die als unbestechlich gilt und schon einmal wegen Differenzen über die Ausrichtung von Lulas Umweltpolitik in dessen zweiter Amtszeit (2007 - 2010) zurücktrat, kündigte Gegenmaßnahmen an: „Selbst in der Regenzeit wird der Wald abgeholzt. Das ist eine Art Rache für die Maßnahmen, die bereits vor Ort ergriffen wurden. Und wir werden weiterarbeiten, das ist unser Ziel“.

Silva warf den Holzfällern und Goldsuchern in der Region „kriminelle Aktionen“ vor. Sie verwies auch darauf, dass die neue Regierung transparent arbeite: Jeder habe Zugang zu den Daten in Echtzeit. Die neuen Februar-Zahlen setzen nun alle Beteiligten unter Zugzwang, es nicht nur bei Ankündigungen und dem Einsammeln von Fördermilliarden zu belassen, sondern auch konkrete Ergebnisse vorzulegen.

Derweil stärkte Kerry bei seinem Brasilien-Besuch der Regierung den Rücken und rief zu einer internationalen Kraftanstrengung auf. Nicht nur der Ukraine-Krieg, sondern auch der Kampf gegen die Klimakrise erfordere gemeinsames Engagement. Auch China, größter Soja-Importeur aus Brasilien, sei im Kreis der Amazonas-Schützer willkommen.

Korrespondent Auslandskorrespondent in Lateinamerika

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen