Bad Staffelstein. Die katholische Kirche probt die Veränderung: Bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) im Wallfahrtsort Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein steht nach Ansicht des Vorsitzenden Georg Bätzing eins schon fest: „Ich glaube, die Resistenz der Kirche gegenüber Veränderungen hat nicht mehr länger Halt.“
Wie zum Beweis verkündet der Bischof von Limburg am Montag, dass schon in den kommenden Monaten die sogenannte Grundordnung geändert werden soll, das Arbeitsrecht der katholischen Kirche, das für etwa 750 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt. Das Ziel: Die Diskriminierung homosexueller Beschäftigter soll beendet werden. Diese laufen nämlich bislang Gefahr, ihren Job zu verlieren, wenn sie sich zu einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekennen.
Dagegen hatten im Januar 125 queere Beschäftigte unter dem Motto #OutInChurch protestiert (wir berichteten). Und jetzt, nicht einmal zwei Monate nach dieser Aktion, tut sich etwas. Das ist für die katholische Kirche eine wirklich atemberaubende Geschwindigkeit.
„Hier braucht es Bewegung, hier ist Druck entstanden“, sagt Bätzing. Im Mai soll seinen Angaben zufolge in einer bischöflichen Gruppe über einen neuen Entwurf der Grundordnung beraten werden. Im Juni könne die DBK dann im Ständigen Rat über diesen Entwurf diskutieren.
Diese neue Geschwindigkeit ist die Reaktion auf eine „eklatante Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise“, wie Bätzing sagt. Seit der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens im Januar explodierten vor allem in Bayern die Austrittszahlen. Das Gutachten der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl war zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden waren. Die Gutachter gehen von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern, zugleich aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus.
Und doch bestimmte noch ein anderes Thema die Tagesordnung der viertägigen Zusammenkunft: der Krieg in der Ukraine. „Da werden Zivilisten vertrieben, da wird versucht, eine legitime Regierung zu entmachten“, sagt Bätzing. Den völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine könne die Welt nicht auf sich beruhen lassen. „Das macht uns Christinnen und Christen hoch besorgt.“ Die Bischöfe wollten sich informieren über die Lage. „Nicht zuletzt aber wollen wir beten.“
Beim Thema sexualisierter Gewalt von kirchlichen Mitarbeitern gegen Kinder und Jugendliche betont Bätzing noch einmal die Verantwortung der Kirche – gerade, wenn es keine staatliche Strafverfolgung gegeben hat oder die Taten verjährt sind. „Wir können als Kirche nicht Haftstrafen oder Arreste in Gang setzen.“ Dennoch müsse man ein Auge darauf haben, dass kein weiterer Missbrauch geschehe. dpa
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