Entwurfspapier

Abschied von männerdominierter Außenpolitik

Ein neuer Botschafterposten, mehr Frauen in Führungsjobs, Kampf gegen Belästigung – Annalena Baerbock krempelt ihr Ministerium um

Von 
Th. Knuf, Chr. Rebhan
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Klare Vorstellungen: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor der Parlamen-tarischen Versammlung des Europarates in Straßburg. © Jean-Francois Badias/AP/dpa

Berlin. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will die Politik ihres Hauses verstärkt auf Frauen und marginalisierte Gruppen ausrichten. Hierzu will sie unter anderem eine Botschafterin für feministische Außenpolitik ernennen, wie am Montag bekannt wurde.

Laut dem „Spiegel“ ließ Baerbock ein 41-seitiges Entwurfspapier mit dem Titel „Leitlinien feministischer Außenpolitik“ erstellen. Darin heißt es: „Die Botschafter*in wird für das Mainstreaming feministischer Außenpolitik Sorge tragen.“ Ihr werde ein Arbeitsstab zugeordnet, der bereits seit dem vergangenen Jahr existiert. Überdies soll es in allen Abteilungen des Auswärtigen Amts und in allen deutschen Auslandsvertretungen Ansprechpersonen für feministische Außenpolitik geben.

Baerbock will die Leitlinien Anfang März offiziell vorstellen. Sechs von ihnen zielen auf die Arbeitsweise im Auswärtigen Dienst ab und sechs weitere auf das außenpolitische Handeln. Im Entwurf wird betont, dass feministische Außenpolitik keine Politik von Frauen für Frauen sei. Sie mache sich vielmehr für alle stark, „die aufgrund von Geschlechtsidentität, Herkunft, Religion, Alter, Behinderung, sexueller Orientierung oder aus anderen Gründen an den Rand von Gesellschaften gedrängt werden“.

SPD begrüßt Pläne

Baerbock war in den vergangenen Monaten wiederholt vorgeworfen worden, trotz gegenteiliger Bekundungen zu wenig die Belange von Frauen in den Blick zu nehmen. Kritiker monierten, sie habe zu leise und zu langsam auf die Proteste im Iran reagiert, die ganz wesentlich von Frauen und Mädchen getragen wurden.

Auch im Auswärtigen Amt selbst soll sich jetzt einiges ändern: Geplant ist unter anderem, Führungsposten im In- und Ausland verstärkt mit Frauen zu besetzen. Nur etwa einem Viertel der Auslandsvertretungen stehen bislang Frauen vor. Auch die Zentrale in Berlin ist nach wie vor männerdominiert. Baerbock sagt auch sexueller Belästigung und Sexismus im eigenen Haus den Kampf an: „Sie haben keinen Platz im Auswärtigen Dienst.“

Schlagabtausch mit Merz

Mit ihren Leitlinien zur feministischen Außenpolitik setzt die Ministerin eine Vorgabe des Koalitionsvertrages um.

Baerbock hatte sich im vergangenen Jahr im Bundestag einen heftigen Schlagabtausch mit CDU-Chef Friedrich Merz über den Sinn und Nutzen einer feministischen Außenpolitik geliefert. Der Oppositionsführer sagte ehedem bei den Beratungen über das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr: „Sie können von mir aus feministische Außenpolitik, feministische Entwicklungshilfepolitik machen, aber nicht mit diesem Etat für die Bundeswehr.“

Baerbock entgegnete mit Verweis auf Massenvergewaltigungen während des Bosnien-Kriegs, dass moderne Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert auch eine feministische Sichtweise benötige. „Das ist kein Gedöns, sondern das ist auf der Höhe der Zeit.“

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, begrüßte am Montag die Pläne der Ministerin. Es komme darauf an, die Vorarbeiten auch in die Praxis umzusetzen, sagte Schmid unserer Redaktion. „Wir wissen, dass in vielen Konflikten Frauen nicht nur die Hauptleidtragenden sind, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Lösung von Konflikten leisten können.“

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